Rote Liste gefährdeter Arten
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Rote Liste gefährdeter Arten
Als Rote Liste gefährdeter Arten oder nur Rote Liste, im Original Red Data Book, bezeichnet man die von der Weltnaturschutzunion International Union for Conservation of Nature and Natural Resources (IUCN) in unregelmäßigen Abständen veröffentlichten Listen weltweit vom Aussterben gefährdeter Tier- und Pflanzenarten und, von dieser Verwendung abgeleitet, andere Verzeichnisse gefährdeter Arten mit ähnlicher Zielsetzung. Sowohl von der IUCN als auch von anderen internationalen Organisationen, Staaten, politischen Gliederungen wie Bundesländern oder von Naturschutzverbänden werden Listen mit geographischer oder taxonomischer Beschränkung veröffentlicht, die ebenfalls Rote Liste genannt werden. Heute gibt es, neben Roten Listen gefährdeter Arten, auch solche gefährdeter Biotoptypen.
Rote Listen gelten als wissenschaftliche Fachgutachten, die Gesetzgebern und Behörden als Grundlage für ihr Handeln in Bezug auf den Arten-, Natur- und Umweltschutz dienen sollen. Nur in wenigen Staaten, so in der Schweiz, sind sie rechtswirksam.
Nationale und regionale Listen
Von Staaten oder Bundesländern für ihr Gebiet herausgegebene Rote Listen haben einen regionalen Bezug und dadurch eine andere Bedeutung als die internationalen Roten Listen der IUCN. Sie können auf geografische Besonderheiten eingehen und ermöglichen dem Artenschutz vor Ort eine umfassendere Darstellung.
In Deutschland werden die nationalen Roten Listen vom Bundesamt für Naturschutz in Bonn herausgegeben. Aktuell ist die seit 2009 erscheinende und auf sechs Bände angelegte Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Alle Bundesländer veröffentlichen eigene Rote Listen, sie werden von den für Umwelt- und Naturschutz zuständigen Ministerien oder Landesbehörden herausgegeben. Nach dem Grundsatz „Gefährdung heißt nicht Schutz“ haben die Roten Listen in Deutschland lediglich den Status von Sachverständigengutachten, sie dienen dem Gesetzgeber und den Behörden als Informationsquelle.[1]
In Österreich werden die nationalen Roten Listen vom Umweltbundesamt herausgegeben. Mehrere österreichische Bundesländer veröffentlichen regionale Rote Listen.
In der Schweiz veröffentlicht das Bundesamt für Umwelt (BAFU) die nationalen Roten Listen. Hier sind die Roten Listen seit 1991 nach Artikel 14 Absatz 3 der Bundesverordnung über den Natur- und Heimatschutz ein rechtswirksames Instrument des Natur- und Landschaftsschutzes: „Biotope werden als schützenswert bezeichnet aufgrund (…) der gefährdeten und seltenen Pflanzen- und Tierarten, die in den vom BAFU erlassenen oder anerkannten Roten Listen aufgeführt sind“.[2]
Eine ständig zunehmende Zahl weiterer Staaten veröffentlicht nationale Rote Listen. Daneben gibt es auch Rote Listen zwischenstaatlicher Organisationen wie der Europäischen Union und der HELCOM. Die IUCN veröffentlichte bislang mehrere regional begrenzte Listen wie beispielsweise zur Süßwasserfauna Ostafrikas.
Geschichte
IUCN
1962 gab die IUCN die 1. Internationale Rote Liste heraus, diese hieß zunächst Red Data Book. Sie wurde von S. Boyle, Sir P. Scott , B. Grzimek und anderen herausgebracht. Der Name Red Data Book geht auf den Versicherungskatalog für vermisste Schiffe der Londoner Versicherung Lloyds zurück. Die erste Version enthielt detaillierte Beschreibungen von 211 Säugetierarten und 312 Vogelarten.
In der 2. Version, die von 1966 bis 1971 erschien, wurden 528 Säugetierarten, 628 Vogelarten, 119 Reptilienarten und 34 Amphibienarten klassifiziert. Außerdem wurde erstmals die Einteilung in vier verschiedene Gefährdungskategorien vorgenommen.
Die 3. Auflage erschien 1972.
Die 4. Auflage erschien 1981 und einhielt 305 Säugetier-, 258 Vogel-, 90 Reptilien-, 40 Amphibien- und erstmals 193 Fischarten.
Ab der 5. Auflage 1982 wurden gesonderte Listen für einzelne Tiergruppen erstellt (z. B. Primaten und Schmetterlinge).
Ab der 6. Auflage 1988 wurden die Artbeschreibungen aus der Liste gestrichen.
Weitere Ausgaben sind 1990, 1992, 1994 und 1996 erschienen.
1992 wurde die heute gültige Gliederung der Arten in acht Kategorien eingeführt (EX, EW, CR, EN, VU, NT, LC, DD).
1994 wurde erstmals Wirbellose eingestuft: 1205 Weichtierarten und 1184 Insektenarten.[3]
Die letzte Ausgabe in Buchform erschien 1996 und enthielt 5205 Arten, davon 1891 wirbellose Arten. Außerdem wurde erstmals die Kategorie EX aufgeführt.[4]
Die erste Onlineausgabe (nur Tiere) erschien im Jahr 1996, 1998 wurden auch erstmals Pflanzen aufgenommen, 2000 erschien die erste Rote Liste welche Pflanzen und Tiere enthielt.
Die 2007 veröffentlichte Ausgabe der IUCN enthielt 16.308 bedrohte Arten. Die folgende Tabelle zeigt exemplarisch, wie viel Prozent der heute bekannten Arten einer Gruppe die IUCN als bedroht einstufte:
Bedrohte Arten weltweit[5] Gruppe[6] Anzahl beschriebener Arten davon bedroht
Nacktsamer (Pflanze) 1021 32 %
Amphibien 6433 29 %
Säugetiere 5490 21 %
Vögel 9998 12 %
Diese vier Gruppen waren zugleich die einzigen, deren Bedrohungsstatus auf der Evaluierung aller oder zumindest der meisten Arten beruhte.
Ein besonderer Schwerpunkt bei der Präsentation der Roten Liste 2008 der IUCN wurde auf die Säugetiere gelegt. In der ersten umfassenden Studie dieser Art nach über zehn Jahren (an ihr waren 1800 Wissenschaftler aus 130 Ländern beteiligt) gelten mindestens 1141 von 5488 Säugetierarten (21 Prozent) als „bedroht“ (Kategorien CR, EN oder VU).
188 Arten halten die Forscher dabei sogar für akut vom Aussterben bedroht (critically endangered), so beispielsweise den Iberischen Luchs, von dem nur noch 84 bis 143 erwachsene Exemplare leben.
Die Zahl der tatsächlich bedrohten Spezies könnte sogar noch höher sein, da zu rund 840 weiteren Säugetierarten nicht genügend Informationen vorliegen. Damit wäre es möglich, dass bis zu 36 Prozent aller Arten von Säugetieren bedroht sind.[7][8]
Entwicklung in Deutschland
Erste kommentierte Verzeichnisse gefährdeter Pflanzen- und Vogelarten wurden in Deutschland 1951[9], 1966[10] und 1967[11] veröffentlicht. Sie enthielten Schutzanweisungen und können als Vorläufer der Roten Listen angesehen werden.
1971 wurde die erste als solche bezeichnete Rote Liste in Deutschland veröffentlicht: Es handelte sich um eine Liste der Deutschen Sektion des Internationalen Rates für Vogelschutz[12]. 1974 erschien die erste Rote Liste der Blütenpflanzen[13]. 1977 wurde die erste Rote Liste der Tiere und Pflanzen der Bundesrepublik als Sammelwerk publiziert.[14]
Die Roten Listen Deutschlands nutzten seit den 1970er Jahren weitgehend die Gefährdungskriterien der IUCN. Seit 1986 wurde wiederholt darüber diskutiert, das verwendete Kriteriensystem anzupassen. Es sollte nicht nur das aktuelle Aussterberisiko einer Art im Sinne einer Zustandsbeschreibung aufgezeigt werden, sondern auf Artebene eine umfassende Gefährdungsanalyse unter Einschluss langfristiger Entwicklungen vorgenommen werden. Die Weiterentwicklung der bei der Erstellung Roter Listen angewandten Methodik führte seit den 1990er Jahren dazu, dass sich die Roten Listen Deutschlands von jenen der IUCN in weit stärkerem Maß unterscheiden, als dies die unterschiedlichen Bezeichnungen der Gefährdungskategorien ausdrücken.
1996 (Pflanzen) und 1998 (Tiere) wurden die beiden letzten bundesweiten Roten Listen in jeweils einem Band herausgegeben, sie sind teilweise noch gültig. Die Liste der Pflanzen umfasste erstmals im Sinne eines Inventars alle vorkommenden Arten, unabhängig von ihrem Gefährdungsstatus.
Die ab 2009 herausgegebene sechsbändige Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands ist auch für alle Artengruppen der Tiere und Pilze ein umfassendes Artenverzeichnis. Es wurden erstmals über alle Organismengruppen hinweg einheitliche Gefährdungskriterien angewendet, die sich deutlich von jenen der IUCN unterscheiden. Auf Artebene werden erstmals kurzfristige Bestandstrends als Hilfe für die Beurteilung von Maßnahmen des Artenschutzes, die Verantwortung Deutschlands für den Schutz in globalem oder europäischem Maßstab, die letzten Nachweise ausgestorbener oder verschollener Arten, und ihr Status als Neobiota dargestellt. Darüber hinaus sind für alle Arten auch Angaben zum Gefährdungsstatus in den Bundesländern und den naturräumlichen Großregionen enthalten. Mehrere Artengruppen, so die Raubfliegen, Hundertfüßer, Tausendfüßer und Asseln, wurden erstmals bewertet.
Heute wird in Deutschland sowohl für die nationalen Roten Listen als auch für die der Bundesländer ein Erscheinen im Abstand von etwa zehn Jahren, für Brutvögel von fünf Jahren angestrebt.[1]
Entwicklung in der Schweiz
Die erste Rote Liste der Schweiz erschien 1977 mit der Roten Liste der Vögel. 1982 wurden neben einer Revision dieser Liste auch Rote Listen der Amphibien und Reptilien und der Gefäßpflanzen veröffentlicht. Bis 1990 folgten Listen der Segetal- und Ruderalpflanzen, der Schnaken, Tagfalter, Libellen und Fische und Rundmäuler. Alle diese Listen wurden von Fachleuten erarbeitet und als Broschüren oder wissenschaftliche Publikationen veröffentlicht.
Offizielle Anerkennung erlangten die Roten Listen Ende der 1980er Jahre mit der Gründung des Bundesamtes für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL), einem Vorläufer des heutigen Bundesamts für Umwelt (BAFU), und 1991 mit dem neuen Biotopschutzartikel der Natur- und Heimatschutzverordnung, der Biotope wegen ihrer in den Roten Listen aufgeführten Arten als schützenswert charakterisiert. Unter diesen neuen Rahmenbedingungen wurde 1991 vom Bundesamt eine Rote Liste der Farne und Blütenpflanzen veröffentlicht. 1994 folgte ein Sammelband mit elf Roten Listen, die 2400 Wirbellose und 376 Wirbeltierarten erfasste.
Seit 1999 ist die Erstellung der Roten Listen der Schweiz im Rote-Listen-Programm des Bundesamts für Umwelt (BAFU) zusammengefasst, und seit 2000 werden einheitlich die Kriterien der IUCN angewendet. Damit wurde, ohne die Qualität früher erschienener Listen in Frage zu stellen, eine Vergleichbarkeit der Roten Listen für verschiedene Staaten oder Organismengruppen angestrebt.
Bis zum Jahr 2010 wurden von den 45.890 bekannten Arten der Schweiz 10.350 für die Roten Listen bewertet, davon wurden 3741 als gefährdet oder regional ausgestorben eingestuft, das sind 36 Prozent. Zu diesem Zeitpunkt lagen 27 Rote Listen vor, neben allen Klassen der Wirbeltiere wurden 15 Gruppen wirbelloser Tiere, Gefäßpflanzen, Moose, Armleuchteralgen, Großpilze, Baumflechten und Bodenflechten beurteilt.
Im Unterschied zu Deutschland und Österreich wurden in der Schweiz nur wenige kantonale oder regionale Rote Listen erstellt, so 1983 für das Aletschgebiet und 1986 für den Kanton Aargau. Bis 2010 wurden für die Kantone Basel-Stadt, Basel-Land, Waadt, Genf, Aargau, Schaffhausen und Zürich eine oder mehrere Rote Listen veröffentlicht. Die Gründe für den weitgehenden Verzicht auf regionale Rote Listen war zunächst die geringe Größe des Landes und die Berücksichtigung der Regionen in den ersten nationalen Roten Listen. Heute gilt die Tatsache, dass die Gefährdungskriterien der IUCN an größere räumliche Einheiten angepasst sind, als wesentlicher Grund.
In Anlehnung an die Roten Listen wurde in der Schweiz seit 1998 auch eine Blaue Liste der erfolgreich erhaltenen oder geförderten Tier- und Pflanzenarten mit geförderten und von der Roten Liste entfernten Arten angestrebt, die einzige im Rahmen eines Pilotprojekts erarbeitete und veröffentlichte Blaue Liste umfasste die Kantone Aargau, Schaffhausen und Zürich. Die Zielrichtung bestand darin zu zeigen, dass sich die Förderung der Biodiversität lohnt und Erfolge erzielt werden können. Das Konzept selbständiger Blauer Listen hat sich nicht durchgesetzt, der Grundgedanke wird jedoch durch Hinweise auf Entwicklungen gegenüber früheren Ausgaben in die Roten Listen integriert.[2]
Biotoptypen
Zu den wichtigsten und rechtsverbindlichen Listen der europaweit bedrohten Biotoptypen gehören die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (kurz FFH-Richtlinie) und die Vogelschutzrichtlinie der EU, deren Intention neben dem klassischen Artenschutz primär der Schutz der Biotope ist. Dabei sind zum einen die Biotope, die die Habitate der Arten der FFH- und Vogelschutzrichtlinie bilden, zu schützen und zum anderen die in Anhang I der FFH-Richtlinie gelisteten Biotoptypen – in der deutschen Version der Richtlinie als Lebensraumtypen bezeichnet – als solche, unabhängig vom Schutz der Arten, die mit dem jeweiligen Biotoptyp verbunden sind.
Für Deutschland gibt das Bundesamt für Naturschutz eine Rote Liste der gefährdeten Biotoptypen heraus.[15] Nur mehr ein Viertel (25,1 %) der Biotoptypen können in Deutschland als ungefährdet angesehen werden. Dem stehen 72,2 % gefährdete Biotoptypen gegenüber, wobei 48,4 % als stark gefährdet oder von vollständiger Vernichtung bedroht eingestuft werden mussten. [16]
Neben der deutschlandweiten Gefährdungseinstufung haben auch einzelne Bundesländer Rote Listen der Biotoptypen aufgelegt, beispielsweise Baden-Württemberg[17] oder Sachsen-Anhalt[18].
In Österreich wird vom Umweltbundesamt die „Rote Liste Biotoptypen in Österreich“ herausgegeben. Die jüngste Ausgabe erschien im Dezember 2015 und stellt dabei für die zuordenbaren Biotoptypen einen Bezug zu den Lebensraumtypen der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie her.[19] Neben der österreichweiten Gefährdungseinstufung haben auch einzelne Bundesländer Rote Listen der Biotoptypen aufgelegt, beispielsweise Kärnten bereits 1998[20] mit Aktualisierung im Jahr 2012[21].
Gefährdungskategorien
Seit der zweiten Ausgabe des Red Data Book der IUCN von 1966 wurde der Gefährdungsgrad einzelner Arten durch deren Einordnung in verschiedene Gefährdungskategorien dargestellt. Die ersten nationalen oder regionalen Roten Listen verwendeten meist eigene Kategorien, wodurch die Vergleichbarkeit weder zwischen verschiedenen Staaten oder Regionen, noch zwischen verschiedenen taxonomischen Gruppen gegeben war. Mittlerweile wird vielfach eine Vereinheitlichung der Gefährdungskategorien angestrebt, so werden die Kategorien der IUCN in vielen nationalen Roten Listen verwendet, und die Roten Listen Deutschlands und der deutschen Bundesländer verwenden ein einheitliches Kategoriensystem. Das langfristige Beibehalten einmal eingeführter Kategorien vereinfacht den Vergleich ermittelter Gefährdungsgrade über lange Zeiträume.
IUCN
Die Roten Listen der IUCN basieren auf der wissenschaftlichen Beurteilung der Wahrscheinlichkeit, dass eine Art oder ein untergeordnetes Taxon in naher Zukunft in der Natur aussterben wird. Hierzu wird eine Kombination verschiedener Faktoren beurteilt, die wichtigsten sind die beobachtete, geschätzte, abgeleitete oder vermutete Abnahme der Populationsgröße über einen Zeitraum von zehn Jahren oder drei Generationen, die Größe des Verbreitungsgebietes oder des tatsächlich besiedelten Areals und die geschätzte Größe der Population. Eine geringere Größe der Population oder des Verbreitungsgebietes oder ein stärkerer Rückgang der Populationsgröße führt zur Einordnung einer beurteilten Art in eine höhere Gefährdungskategorie.[22]
Die IUCN verwendet die nebenstehenden Kategorien, die auch in den nationalen Roten Listen der Schweiz, skandinavischer Staaten, der USA und weiterer Länder angewendet werden.[24][25]
Die Kategorien „vom Aussterben bedroht“ (critically endangered), „stark gefährdet“ (endangered) und „gefährdet“ (vulnerable) können zusammengefasst werden, um die Zahl der „gefährdeten“ Arten anzugeben (threatened).[24]
EX ausgestorben, es gibt auf der Welt kein lebendes Individuum mehr
EW in der Natur ausgestorben, es gibt lediglich Individuen in Kultur, in Gefangenschaft oder in eingebürgerten Populationen außerhalb des natürlichen Verbreitungsgebietes
RE regional ausgestorben, in nationalen und regionalen Roten Listen die Entsprechung von „in der Natur ausgestorben“
CR vom Aussterben bedroht, extrem hohes Risiko des Aussterbens in der Natur in unmittelbarer Zukunft
EN stark gefährdet, sehr hohes Risiko des Aussterbens in der Natur in unmittelbarer Zukunft
VU gefährdet, hohes Risiko des Aussterbens in der Natur in unmittelbarer Zukunft
NT potenziell gefährdet, die Beurteilung führte nicht zur Einstufung in die Kategorien vom Aussterben bedroht, stark gefährdet oder verletzlich, die Schwellenwerte wurden jedoch nur knapp unterschritten oder werden wahrscheinlich in naher Zukunft überschritten
LC nicht gefährdet, die Beurteilung führte nicht zur Einstufung in die Kategorien vom Aussterben bedroht, stark gefährdet, verletzlich oder potenziell gefährdet
DD ungenügende Datengrundlage, die vorhandenen Informationen reichen nicht für eine Beurteilung des Aussterberisikos aus
NE nicht beurteilt, die Art existiert, es wurde jedoch keine Beurteilung durchgeführt, zum Beispiel bei invasiven Arten [25]
Deutschland
Die Gefährdung von Arten wird durch die Einstufung in die vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) entwickelten Rote-Liste-Kategorien wiedergegeben. Dabei bedeuten:
0 ausgestorben oder verschollen
1 vom Aussterben bedroht
2 stark gefährdet
3 gefährdet
G Gefährdung unbekannten Ausmaßes
R extrem selten
V Vorwarnliste (noch ungefährdet, verschiedene Faktoren könnten eine Gefährdung in den nächsten zehn Jahren herbeiführen)
D Daten unzureichend
* ungefährdet[26]
♦ nicht bewertet[26]
Die Listen geben die Gefährdungssituation in Deutschland bzw. dem betreffenden Bundesland wieder. Von Bedeutung ist dies insbesondere für die Kategorie 0. Diese bedeutet hier, dass die Art in der entsprechenden Region ausgestorben ist. Da es in Deutschland nur extrem wenige endemische Arten gibt, existieren in der Regel andernorts noch weitere Populationen. Es handelt sich also, im Gegensatz zur Kategorie des IUCN, um ein „nur“ lokales Aussterben.
Davon abweichend wird in älteren Ausgaben der nationalen Roten Listen oder jenen der Bundesländer ein Status angegeben:
4 potenziell gefährdet (nur bei Roten Listen der Länder; soll künftig durch R ersetzt werden)
* vorkommend (indigen oder archäophyt) und ungefährdet
n Neophyt; im jeweiligen Bundesland (nach 1492) neu eingebürgerte Art
u unbeständige Art; im jeweiligen Bundesland nicht fest eingebürgert
# eventuell zu erwarten, aber bislang nicht nachgewiesen
– im jeweiligen Gebiet nicht vorkommend
Vergleich der Gefährdungssituationen in Europa
Farn- und Blütenpflanzen
Rang Staat gefährdet/ausgestorben
1 Albanien 3 %
1 Griechenland 3 %
3 Kroatien 4 %
3 Weißrussland (Belarus) 4 %
5 Bulgarien 5 %
5 Irland 5 %
5 Slowenien 5 %
8 Estland 6 %
9 Island 8 %
9 Rumänien 8 %
11 Ukraine 9 %
11 Ungarn 9 %
13 Norwegen 10 %
14 Bosnien-Herzegowina 11 %
14 Italien 11 %
14 Litauen 11 %
17 Dänemark 12 %
17 Polen 12 %
19 Großbritannien 13 %
20 Lettland 14 %
21 Liechtenstein 16 %
21 Malta 16 %
21 Schweden 16 %
21 Spanien 16 %
25 Belgien 26 %
25 Niederlande 26 %
27 Deutschland 28 %
28 Schweiz 32 %
29 Luxemburg 35 %
29 Österreich 35 %
31 Tschechien 50 %
32 Finnland 61 %
33 Slowakei 77 %
Der Anteil der jeweils in einem Staat heimischen Pflanzen, die in einer Gefährdungskategorie gelistet werden müssen oder bereits ausgestorben sind, reicht von 3 % in Albanien und Griechenland bis zu 77 % in der Slowakei.[27]
Unter 10 % gefährdete oder ausgestorbene Farn- und Blütenpflanzen geben die Roten Listen in Albanien, Griechenland, Weißrussland, Kroatien, Slowenien, Irland, Bulgarien, Estland, Rumänien, Island, Ungarn und der Ukraine an.
Mit über 30 % gefährdeten oder ausgestorbenen Farn- und Blütenpflanzen bilden die Schweiz, Österreich, Luxemburg, Tschechien, Finnland und die Slowakei die Schlusslichter in Europa.
Säugetiere
Die Gefährdungssituation der Säugetiere wird im Vergleich des Bundesamtes für Naturschutz gruppiert angegeben:[28]
0-25 % gefährdete/ausgestorbene Säugetierarten: Bulgarien, Finnland, Irland, Norwegen, Ungarn.
26-50 % gefährdete/ausgestorbene Säugetierarten: Andorra, Belgien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Italien, Niederlande, Polen, Portugal, Schweden, Spanien.
51-75 % gefährdete/ausgestorbene Säugetierarten: Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg, Österreich, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Tschechien.
Siehe auch
Anlage 1 zur Bundesartenschutzverordnung: Liste der geschützten Pflanzen und Tiere
Artenschutz, Artenvielfalt, Ökologie
Washingtoner Artenschutz-Übereinkommen
Liste der Kakteenarten in der Roten Liste gefährdeter Arten
Liste gefährdeter Nutztierrassen
Quelle
Rote Listen gelten als wissenschaftliche Fachgutachten, die Gesetzgebern und Behörden als Grundlage für ihr Handeln in Bezug auf den Arten-, Natur- und Umweltschutz dienen sollen. Nur in wenigen Staaten, so in der Schweiz, sind sie rechtswirksam.
Nationale und regionale Listen
Von Staaten oder Bundesländern für ihr Gebiet herausgegebene Rote Listen haben einen regionalen Bezug und dadurch eine andere Bedeutung als die internationalen Roten Listen der IUCN. Sie können auf geografische Besonderheiten eingehen und ermöglichen dem Artenschutz vor Ort eine umfassendere Darstellung.
In Deutschland werden die nationalen Roten Listen vom Bundesamt für Naturschutz in Bonn herausgegeben. Aktuell ist die seit 2009 erscheinende und auf sechs Bände angelegte Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Alle Bundesländer veröffentlichen eigene Rote Listen, sie werden von den für Umwelt- und Naturschutz zuständigen Ministerien oder Landesbehörden herausgegeben. Nach dem Grundsatz „Gefährdung heißt nicht Schutz“ haben die Roten Listen in Deutschland lediglich den Status von Sachverständigengutachten, sie dienen dem Gesetzgeber und den Behörden als Informationsquelle.[1]
In Österreich werden die nationalen Roten Listen vom Umweltbundesamt herausgegeben. Mehrere österreichische Bundesländer veröffentlichen regionale Rote Listen.
In der Schweiz veröffentlicht das Bundesamt für Umwelt (BAFU) die nationalen Roten Listen. Hier sind die Roten Listen seit 1991 nach Artikel 14 Absatz 3 der Bundesverordnung über den Natur- und Heimatschutz ein rechtswirksames Instrument des Natur- und Landschaftsschutzes: „Biotope werden als schützenswert bezeichnet aufgrund (…) der gefährdeten und seltenen Pflanzen- und Tierarten, die in den vom BAFU erlassenen oder anerkannten Roten Listen aufgeführt sind“.[2]
Eine ständig zunehmende Zahl weiterer Staaten veröffentlicht nationale Rote Listen. Daneben gibt es auch Rote Listen zwischenstaatlicher Organisationen wie der Europäischen Union und der HELCOM. Die IUCN veröffentlichte bislang mehrere regional begrenzte Listen wie beispielsweise zur Süßwasserfauna Ostafrikas.
Geschichte
IUCN
1962 gab die IUCN die 1. Internationale Rote Liste heraus, diese hieß zunächst Red Data Book. Sie wurde von S. Boyle, Sir P. Scott , B. Grzimek und anderen herausgebracht. Der Name Red Data Book geht auf den Versicherungskatalog für vermisste Schiffe der Londoner Versicherung Lloyds zurück. Die erste Version enthielt detaillierte Beschreibungen von 211 Säugetierarten und 312 Vogelarten.
In der 2. Version, die von 1966 bis 1971 erschien, wurden 528 Säugetierarten, 628 Vogelarten, 119 Reptilienarten und 34 Amphibienarten klassifiziert. Außerdem wurde erstmals die Einteilung in vier verschiedene Gefährdungskategorien vorgenommen.
Die 3. Auflage erschien 1972.
Die 4. Auflage erschien 1981 und einhielt 305 Säugetier-, 258 Vogel-, 90 Reptilien-, 40 Amphibien- und erstmals 193 Fischarten.
Ab der 5. Auflage 1982 wurden gesonderte Listen für einzelne Tiergruppen erstellt (z. B. Primaten und Schmetterlinge).
Ab der 6. Auflage 1988 wurden die Artbeschreibungen aus der Liste gestrichen.
Weitere Ausgaben sind 1990, 1992, 1994 und 1996 erschienen.
1992 wurde die heute gültige Gliederung der Arten in acht Kategorien eingeführt (EX, EW, CR, EN, VU, NT, LC, DD).
1994 wurde erstmals Wirbellose eingestuft: 1205 Weichtierarten und 1184 Insektenarten.[3]
Die letzte Ausgabe in Buchform erschien 1996 und enthielt 5205 Arten, davon 1891 wirbellose Arten. Außerdem wurde erstmals die Kategorie EX aufgeführt.[4]
Die erste Onlineausgabe (nur Tiere) erschien im Jahr 1996, 1998 wurden auch erstmals Pflanzen aufgenommen, 2000 erschien die erste Rote Liste welche Pflanzen und Tiere enthielt.
Die 2007 veröffentlichte Ausgabe der IUCN enthielt 16.308 bedrohte Arten. Die folgende Tabelle zeigt exemplarisch, wie viel Prozent der heute bekannten Arten einer Gruppe die IUCN als bedroht einstufte:
Bedrohte Arten weltweit[5] Gruppe[6] Anzahl beschriebener Arten davon bedroht
Nacktsamer (Pflanze) 1021 32 %
Amphibien 6433 29 %
Säugetiere 5490 21 %
Vögel 9998 12 %
Diese vier Gruppen waren zugleich die einzigen, deren Bedrohungsstatus auf der Evaluierung aller oder zumindest der meisten Arten beruhte.
Ein besonderer Schwerpunkt bei der Präsentation der Roten Liste 2008 der IUCN wurde auf die Säugetiere gelegt. In der ersten umfassenden Studie dieser Art nach über zehn Jahren (an ihr waren 1800 Wissenschaftler aus 130 Ländern beteiligt) gelten mindestens 1141 von 5488 Säugetierarten (21 Prozent) als „bedroht“ (Kategorien CR, EN oder VU).
188 Arten halten die Forscher dabei sogar für akut vom Aussterben bedroht (critically endangered), so beispielsweise den Iberischen Luchs, von dem nur noch 84 bis 143 erwachsene Exemplare leben.
Die Zahl der tatsächlich bedrohten Spezies könnte sogar noch höher sein, da zu rund 840 weiteren Säugetierarten nicht genügend Informationen vorliegen. Damit wäre es möglich, dass bis zu 36 Prozent aller Arten von Säugetieren bedroht sind.[7][8]
Entwicklung in Deutschland
Erste kommentierte Verzeichnisse gefährdeter Pflanzen- und Vogelarten wurden in Deutschland 1951[9], 1966[10] und 1967[11] veröffentlicht. Sie enthielten Schutzanweisungen und können als Vorläufer der Roten Listen angesehen werden.
1971 wurde die erste als solche bezeichnete Rote Liste in Deutschland veröffentlicht: Es handelte sich um eine Liste der Deutschen Sektion des Internationalen Rates für Vogelschutz[12]. 1974 erschien die erste Rote Liste der Blütenpflanzen[13]. 1977 wurde die erste Rote Liste der Tiere und Pflanzen der Bundesrepublik als Sammelwerk publiziert.[14]
Die Roten Listen Deutschlands nutzten seit den 1970er Jahren weitgehend die Gefährdungskriterien der IUCN. Seit 1986 wurde wiederholt darüber diskutiert, das verwendete Kriteriensystem anzupassen. Es sollte nicht nur das aktuelle Aussterberisiko einer Art im Sinne einer Zustandsbeschreibung aufgezeigt werden, sondern auf Artebene eine umfassende Gefährdungsanalyse unter Einschluss langfristiger Entwicklungen vorgenommen werden. Die Weiterentwicklung der bei der Erstellung Roter Listen angewandten Methodik führte seit den 1990er Jahren dazu, dass sich die Roten Listen Deutschlands von jenen der IUCN in weit stärkerem Maß unterscheiden, als dies die unterschiedlichen Bezeichnungen der Gefährdungskategorien ausdrücken.
1996 (Pflanzen) und 1998 (Tiere) wurden die beiden letzten bundesweiten Roten Listen in jeweils einem Band herausgegeben, sie sind teilweise noch gültig. Die Liste der Pflanzen umfasste erstmals im Sinne eines Inventars alle vorkommenden Arten, unabhängig von ihrem Gefährdungsstatus.
Die ab 2009 herausgegebene sechsbändige Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands ist auch für alle Artengruppen der Tiere und Pilze ein umfassendes Artenverzeichnis. Es wurden erstmals über alle Organismengruppen hinweg einheitliche Gefährdungskriterien angewendet, die sich deutlich von jenen der IUCN unterscheiden. Auf Artebene werden erstmals kurzfristige Bestandstrends als Hilfe für die Beurteilung von Maßnahmen des Artenschutzes, die Verantwortung Deutschlands für den Schutz in globalem oder europäischem Maßstab, die letzten Nachweise ausgestorbener oder verschollener Arten, und ihr Status als Neobiota dargestellt. Darüber hinaus sind für alle Arten auch Angaben zum Gefährdungsstatus in den Bundesländern und den naturräumlichen Großregionen enthalten. Mehrere Artengruppen, so die Raubfliegen, Hundertfüßer, Tausendfüßer und Asseln, wurden erstmals bewertet.
Heute wird in Deutschland sowohl für die nationalen Roten Listen als auch für die der Bundesländer ein Erscheinen im Abstand von etwa zehn Jahren, für Brutvögel von fünf Jahren angestrebt.[1]
Entwicklung in der Schweiz
Die erste Rote Liste der Schweiz erschien 1977 mit der Roten Liste der Vögel. 1982 wurden neben einer Revision dieser Liste auch Rote Listen der Amphibien und Reptilien und der Gefäßpflanzen veröffentlicht. Bis 1990 folgten Listen der Segetal- und Ruderalpflanzen, der Schnaken, Tagfalter, Libellen und Fische und Rundmäuler. Alle diese Listen wurden von Fachleuten erarbeitet und als Broschüren oder wissenschaftliche Publikationen veröffentlicht.
Offizielle Anerkennung erlangten die Roten Listen Ende der 1980er Jahre mit der Gründung des Bundesamtes für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL), einem Vorläufer des heutigen Bundesamts für Umwelt (BAFU), und 1991 mit dem neuen Biotopschutzartikel der Natur- und Heimatschutzverordnung, der Biotope wegen ihrer in den Roten Listen aufgeführten Arten als schützenswert charakterisiert. Unter diesen neuen Rahmenbedingungen wurde 1991 vom Bundesamt eine Rote Liste der Farne und Blütenpflanzen veröffentlicht. 1994 folgte ein Sammelband mit elf Roten Listen, die 2400 Wirbellose und 376 Wirbeltierarten erfasste.
Seit 1999 ist die Erstellung der Roten Listen der Schweiz im Rote-Listen-Programm des Bundesamts für Umwelt (BAFU) zusammengefasst, und seit 2000 werden einheitlich die Kriterien der IUCN angewendet. Damit wurde, ohne die Qualität früher erschienener Listen in Frage zu stellen, eine Vergleichbarkeit der Roten Listen für verschiedene Staaten oder Organismengruppen angestrebt.
Bis zum Jahr 2010 wurden von den 45.890 bekannten Arten der Schweiz 10.350 für die Roten Listen bewertet, davon wurden 3741 als gefährdet oder regional ausgestorben eingestuft, das sind 36 Prozent. Zu diesem Zeitpunkt lagen 27 Rote Listen vor, neben allen Klassen der Wirbeltiere wurden 15 Gruppen wirbelloser Tiere, Gefäßpflanzen, Moose, Armleuchteralgen, Großpilze, Baumflechten und Bodenflechten beurteilt.
Im Unterschied zu Deutschland und Österreich wurden in der Schweiz nur wenige kantonale oder regionale Rote Listen erstellt, so 1983 für das Aletschgebiet und 1986 für den Kanton Aargau. Bis 2010 wurden für die Kantone Basel-Stadt, Basel-Land, Waadt, Genf, Aargau, Schaffhausen und Zürich eine oder mehrere Rote Listen veröffentlicht. Die Gründe für den weitgehenden Verzicht auf regionale Rote Listen war zunächst die geringe Größe des Landes und die Berücksichtigung der Regionen in den ersten nationalen Roten Listen. Heute gilt die Tatsache, dass die Gefährdungskriterien der IUCN an größere räumliche Einheiten angepasst sind, als wesentlicher Grund.
In Anlehnung an die Roten Listen wurde in der Schweiz seit 1998 auch eine Blaue Liste der erfolgreich erhaltenen oder geförderten Tier- und Pflanzenarten mit geförderten und von der Roten Liste entfernten Arten angestrebt, die einzige im Rahmen eines Pilotprojekts erarbeitete und veröffentlichte Blaue Liste umfasste die Kantone Aargau, Schaffhausen und Zürich. Die Zielrichtung bestand darin zu zeigen, dass sich die Förderung der Biodiversität lohnt und Erfolge erzielt werden können. Das Konzept selbständiger Blauer Listen hat sich nicht durchgesetzt, der Grundgedanke wird jedoch durch Hinweise auf Entwicklungen gegenüber früheren Ausgaben in die Roten Listen integriert.[2]
Biotoptypen
Zu den wichtigsten und rechtsverbindlichen Listen der europaweit bedrohten Biotoptypen gehören die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (kurz FFH-Richtlinie) und die Vogelschutzrichtlinie der EU, deren Intention neben dem klassischen Artenschutz primär der Schutz der Biotope ist. Dabei sind zum einen die Biotope, die die Habitate der Arten der FFH- und Vogelschutzrichtlinie bilden, zu schützen und zum anderen die in Anhang I der FFH-Richtlinie gelisteten Biotoptypen – in der deutschen Version der Richtlinie als Lebensraumtypen bezeichnet – als solche, unabhängig vom Schutz der Arten, die mit dem jeweiligen Biotoptyp verbunden sind.
Für Deutschland gibt das Bundesamt für Naturschutz eine Rote Liste der gefährdeten Biotoptypen heraus.[15] Nur mehr ein Viertel (25,1 %) der Biotoptypen können in Deutschland als ungefährdet angesehen werden. Dem stehen 72,2 % gefährdete Biotoptypen gegenüber, wobei 48,4 % als stark gefährdet oder von vollständiger Vernichtung bedroht eingestuft werden mussten. [16]
Neben der deutschlandweiten Gefährdungseinstufung haben auch einzelne Bundesländer Rote Listen der Biotoptypen aufgelegt, beispielsweise Baden-Württemberg[17] oder Sachsen-Anhalt[18].
In Österreich wird vom Umweltbundesamt die „Rote Liste Biotoptypen in Österreich“ herausgegeben. Die jüngste Ausgabe erschien im Dezember 2015 und stellt dabei für die zuordenbaren Biotoptypen einen Bezug zu den Lebensraumtypen der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie her.[19] Neben der österreichweiten Gefährdungseinstufung haben auch einzelne Bundesländer Rote Listen der Biotoptypen aufgelegt, beispielsweise Kärnten bereits 1998[20] mit Aktualisierung im Jahr 2012[21].
Gefährdungskategorien
Seit der zweiten Ausgabe des Red Data Book der IUCN von 1966 wurde der Gefährdungsgrad einzelner Arten durch deren Einordnung in verschiedene Gefährdungskategorien dargestellt. Die ersten nationalen oder regionalen Roten Listen verwendeten meist eigene Kategorien, wodurch die Vergleichbarkeit weder zwischen verschiedenen Staaten oder Regionen, noch zwischen verschiedenen taxonomischen Gruppen gegeben war. Mittlerweile wird vielfach eine Vereinheitlichung der Gefährdungskategorien angestrebt, so werden die Kategorien der IUCN in vielen nationalen Roten Listen verwendet, und die Roten Listen Deutschlands und der deutschen Bundesländer verwenden ein einheitliches Kategoriensystem. Das langfristige Beibehalten einmal eingeführter Kategorien vereinfacht den Vergleich ermittelter Gefährdungsgrade über lange Zeiträume.
IUCN
Die Roten Listen der IUCN basieren auf der wissenschaftlichen Beurteilung der Wahrscheinlichkeit, dass eine Art oder ein untergeordnetes Taxon in naher Zukunft in der Natur aussterben wird. Hierzu wird eine Kombination verschiedener Faktoren beurteilt, die wichtigsten sind die beobachtete, geschätzte, abgeleitete oder vermutete Abnahme der Populationsgröße über einen Zeitraum von zehn Jahren oder drei Generationen, die Größe des Verbreitungsgebietes oder des tatsächlich besiedelten Areals und die geschätzte Größe der Population. Eine geringere Größe der Population oder des Verbreitungsgebietes oder ein stärkerer Rückgang der Populationsgröße führt zur Einordnung einer beurteilten Art in eine höhere Gefährdungskategorie.[22]
Die IUCN verwendet die nebenstehenden Kategorien, die auch in den nationalen Roten Listen der Schweiz, skandinavischer Staaten, der USA und weiterer Länder angewendet werden.[24][25]
Die Kategorien „vom Aussterben bedroht“ (critically endangered), „stark gefährdet“ (endangered) und „gefährdet“ (vulnerable) können zusammengefasst werden, um die Zahl der „gefährdeten“ Arten anzugeben (threatened).[24]
EX ausgestorben, es gibt auf der Welt kein lebendes Individuum mehr
EW in der Natur ausgestorben, es gibt lediglich Individuen in Kultur, in Gefangenschaft oder in eingebürgerten Populationen außerhalb des natürlichen Verbreitungsgebietes
RE regional ausgestorben, in nationalen und regionalen Roten Listen die Entsprechung von „in der Natur ausgestorben“
CR vom Aussterben bedroht, extrem hohes Risiko des Aussterbens in der Natur in unmittelbarer Zukunft
EN stark gefährdet, sehr hohes Risiko des Aussterbens in der Natur in unmittelbarer Zukunft
VU gefährdet, hohes Risiko des Aussterbens in der Natur in unmittelbarer Zukunft
NT potenziell gefährdet, die Beurteilung führte nicht zur Einstufung in die Kategorien vom Aussterben bedroht, stark gefährdet oder verletzlich, die Schwellenwerte wurden jedoch nur knapp unterschritten oder werden wahrscheinlich in naher Zukunft überschritten
LC nicht gefährdet, die Beurteilung führte nicht zur Einstufung in die Kategorien vom Aussterben bedroht, stark gefährdet, verletzlich oder potenziell gefährdet
DD ungenügende Datengrundlage, die vorhandenen Informationen reichen nicht für eine Beurteilung des Aussterberisikos aus
NE nicht beurteilt, die Art existiert, es wurde jedoch keine Beurteilung durchgeführt, zum Beispiel bei invasiven Arten [25]
Deutschland
Die Gefährdung von Arten wird durch die Einstufung in die vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) entwickelten Rote-Liste-Kategorien wiedergegeben. Dabei bedeuten:
0 ausgestorben oder verschollen
1 vom Aussterben bedroht
2 stark gefährdet
3 gefährdet
G Gefährdung unbekannten Ausmaßes
R extrem selten
V Vorwarnliste (noch ungefährdet, verschiedene Faktoren könnten eine Gefährdung in den nächsten zehn Jahren herbeiführen)
D Daten unzureichend
* ungefährdet[26]
♦ nicht bewertet[26]
Die Listen geben die Gefährdungssituation in Deutschland bzw. dem betreffenden Bundesland wieder. Von Bedeutung ist dies insbesondere für die Kategorie 0. Diese bedeutet hier, dass die Art in der entsprechenden Region ausgestorben ist. Da es in Deutschland nur extrem wenige endemische Arten gibt, existieren in der Regel andernorts noch weitere Populationen. Es handelt sich also, im Gegensatz zur Kategorie des IUCN, um ein „nur“ lokales Aussterben.
Davon abweichend wird in älteren Ausgaben der nationalen Roten Listen oder jenen der Bundesländer ein Status angegeben:
4 potenziell gefährdet (nur bei Roten Listen der Länder; soll künftig durch R ersetzt werden)
* vorkommend (indigen oder archäophyt) und ungefährdet
n Neophyt; im jeweiligen Bundesland (nach 1492) neu eingebürgerte Art
u unbeständige Art; im jeweiligen Bundesland nicht fest eingebürgert
# eventuell zu erwarten, aber bislang nicht nachgewiesen
– im jeweiligen Gebiet nicht vorkommend
Vergleich der Gefährdungssituationen in Europa
Farn- und Blütenpflanzen
Rang Staat gefährdet/ausgestorben
1 Albanien 3 %
1 Griechenland 3 %
3 Kroatien 4 %
3 Weißrussland (Belarus) 4 %
5 Bulgarien 5 %
5 Irland 5 %
5 Slowenien 5 %
8 Estland 6 %
9 Island 8 %
9 Rumänien 8 %
11 Ukraine 9 %
11 Ungarn 9 %
13 Norwegen 10 %
14 Bosnien-Herzegowina 11 %
14 Italien 11 %
14 Litauen 11 %
17 Dänemark 12 %
17 Polen 12 %
19 Großbritannien 13 %
20 Lettland 14 %
21 Liechtenstein 16 %
21 Malta 16 %
21 Schweden 16 %
21 Spanien 16 %
25 Belgien 26 %
25 Niederlande 26 %
27 Deutschland 28 %
28 Schweiz 32 %
29 Luxemburg 35 %
29 Österreich 35 %
31 Tschechien 50 %
32 Finnland 61 %
33 Slowakei 77 %
Der Anteil der jeweils in einem Staat heimischen Pflanzen, die in einer Gefährdungskategorie gelistet werden müssen oder bereits ausgestorben sind, reicht von 3 % in Albanien und Griechenland bis zu 77 % in der Slowakei.[27]
Unter 10 % gefährdete oder ausgestorbene Farn- und Blütenpflanzen geben die Roten Listen in Albanien, Griechenland, Weißrussland, Kroatien, Slowenien, Irland, Bulgarien, Estland, Rumänien, Island, Ungarn und der Ukraine an.
Mit über 30 % gefährdeten oder ausgestorbenen Farn- und Blütenpflanzen bilden die Schweiz, Österreich, Luxemburg, Tschechien, Finnland und die Slowakei die Schlusslichter in Europa.
Säugetiere
Die Gefährdungssituation der Säugetiere wird im Vergleich des Bundesamtes für Naturschutz gruppiert angegeben:[28]
0-25 % gefährdete/ausgestorbene Säugetierarten: Bulgarien, Finnland, Irland, Norwegen, Ungarn.
26-50 % gefährdete/ausgestorbene Säugetierarten: Andorra, Belgien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Italien, Niederlande, Polen, Portugal, Schweden, Spanien.
51-75 % gefährdete/ausgestorbene Säugetierarten: Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg, Österreich, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Tschechien.
Siehe auch
Anlage 1 zur Bundesartenschutzverordnung: Liste der geschützten Pflanzen und Tiere
Artenschutz, Artenvielfalt, Ökologie
Washingtoner Artenschutz-Übereinkommen
Liste der Kakteenarten in der Roten Liste gefährdeter Arten
Liste gefährdeter Nutztierrassen
Quelle
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