Die Belgische Revolution
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Die Belgische Revolution
In der Belgischen Revolution von 1830 erhob sich die überwiegend katholische Bevölkerung der südlichen Provinzen des Vereinigten Königreichs der Niederlande gegen die Vorherrschaft der mehrheitlich protestantischen Nordprovinzen. Innerhalb weniger Wochen im August und September führte der Aufstand zur Aufteilung des Königreiches in zwei Staaten. Das überwiegend niederländischsprachige Flandern und die überwiegend französischsprachige Wallonie begründeten das neue Belgien. Nur Teile Luxemburgs blieben bis 1890 in Personalunion mit den Niederlanden verbunden.
Vom 14. bis 16. Jahrhundert hatten alle Teile der in Folge burgundischen, habsburgischen und spanischen Niederlande dieselbe Geschichte. Im Zuge der Glaubensspaltung und des Achtzigjährigen Krieges befreite sich der reformierte (calvinistische) Norden als Republik der Sieben Vereinigten Niederlande von den spanischen Niederlanden im Süden. Nach dem Wiener Kongress 1815 wurden Nord und Süd – gemeinsam mit dem ehemaligen Fürstbistum Lüttich und dem heutigen Großherzogtum Luxemburg – wieder vereinigt. Die religiöse, sprachliche und wirtschaftliche Kluft, die sich in den rund 250 Jahren getrennter Geschichte entwickelt hatte, erwies sich aber bald als unüberbrückbar für eine gemeinsame Zukunft der beiden Teile der Niederlande. Die Folge war die bürgerliche, liberale Revolution, die auch im europäischen Kontext der französischen Julirevolution zu sehen ist. Der junge belgische Staat erlangte bis 1839 die volle Unabhängigkeit und legte in dieser Zeit das politische System fest, das in seinen Grundzügen bis heute besteht.
Belgien und die Niederlande bis 1815
Gemeinsame Geschichte
Die 17 niederländischen Provinzen und das Bistum Lüttich (grün), 1477
Die Territorien, die heute die Niederlande, Belgien und Luxemburg umfassen, waren im Mittelalter kulturell und politisch miteinander verbunden und gehörten mit Ausnahme des Bistums Lüttich vom 14./15. Jahrhundert bis ins 16. Jahrhundert als Burgundische Niederlande, zuletzt als Burgundischer Reichskreis, gemeinsam zum Heiligen Römischen Reich deutscher Nation. Die Grafschaft Flandern und das Herzogtum Brabant nahmen mit ihren Städten (Antwerpen, Brügge, Gent, Brüssel, Ypern, Mechelen) eine kulturelle und wirtschaftliche Führungsrolle im niederländischen Raum ein. Die 1464 zum ersten Mal einberufenen Generalstaaten der Niederlande tagten in Brüssel, das höchste Gericht kam in Mechelen zusammen. Vom Haus Burgund waren die Niederlande 1482 durch Erbfolge auf die Habsburger übergegangen und erlebten unter Karl V. eine Blütezeit als bedeutender Teil seines Weltreiches. Nach seiner Abdankung 1555 kam das Territorium als Spanische Niederlande an seinen Sohn Philipp II. und damit an Spanien.
Getrennte Geschichte
Union von Utrecht (hellblau), Union von Arras (gelb) und Bistum Lüttich (grün), 1579
Zur Trennung kam es im Zuge der Glaubensspaltung. Zunächst wurden die niederländischsprachigen Provinzen bis weit in den Süden der spanischen Niederlande vom Calvinismus erfasst. Infolgedessen brach 1568 der Achtzigjährige Krieg zwischen Spanien und den sich protestantisch bekennenden Landesteilen aus. Während sich die wallonischen Provinzen in der Union von Arras (niederl. Unie van Atrecht) ausdrücklich zum katholischen Spanien stellten, schlossen sich 1579 die nördlichen Territorien, einschließlich Flanderns und Brabants, in der Utrechter Union zusammen. 1581 lösten sich die nördlichen Provinzen als Republik der Sieben Vereinigten Niederlande von der spanischen Oberhoheit und vom Deutschen Reich, mit dem sie ohnehin nur noch lose verbunden waren.
Der Fall Antwerpens 1585 markiert eine Zäsur in der Geschichte beider Länder. Mit ihm fiel der Süden dauerhaft an Spanien und wurde geschlossen rekatholisiert. Zahlreiche Intellektuelle, Künstler und Kaufleute flohen in den Norden. Die Folge war der Verlust der dominierenden Stellung der flämischen Städte und ein gleichzeitiges Aufblühen im Norden, wo jetzt das Goldene Zeitalter anbrach, während die südlichen Niederlande für Jahrhunderte Teil der absolutistischen Habsburgermonarchie blieben. Die Interessen Madrids nahm ein Provinzstatthalter wahr, der von Brüssel aus regierte. Der fast ununterbrochene Krieg Spaniens mit den Niederlanden fand erst 1648 mit dem Frieden von Münster ein Ende, in dem die Trennung von Nord und Süd zementiert wurde. Da die Scheldemündung an die Niederländer ging, die diese schlossen, wurde Antwerpen von der See abgeschnitten und sein Handel erlag nun völlig.
Auch durch den habsburgisch-französischen Gegensatz waren die Spanischen Niederlande ständiger Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzungen und verloren im Pyrenäenfrieden (1659) und im Devolutionskrieg (1667–1668) wichtige Gebiete und Städte an Frankreich, darunter Lille, Arras, Cambrai und die Grafschaft Artois. Nach dem zum Teil auf niederländischem Gebiet ausgefochtenen Spanischen Erbfolgekrieg wurde das bisher spanische Gebiet im Frieden von Utrecht 1714 als nunmehr Österreichische Niederlande den österreichischen Habsburgern zugesprochen.
Die Entwicklung seit der Französischen Revolution
Österreichische Niederlande und Bistum Lüttich, 1786 [1]
1789/90 kam es nach Auseinandersetzungen mit Kaiser Josef II. in Brabant zur Revolution unter Führung von Hendrik van der Noot und Jan Frans Vonck, die am 11. Januar 1790 in der Unabhängigkeitserklärung der südlichen Niederlande als Etats Belgiques Unis (Vereinigte Belgische Staaten) mündete. Diese konföderierte Republik hatte zwar nur kurze Zeit Bestand, war jedoch Ausdruck der bereits entwickelten Unabhängigkeitsbestrebungen, die in Abgrenzung zu den zentralistischen Reformbestrebungen Josefs II. entstanden waren. In diesem Zusammenhang kamen verschiedene Konzepte einer „belgischen Nation“ auf, ohne dass man sich aber auf eine gemeinsame Definition dieses Begriffs hätte einigen können. Immerhin sollte das Gefühl der Zusammengehörigkeit aber auch nach dem Scheitern der Republik lebendig bleiben und unter ganz anderen Vorzeichen in der Revolution des Jahres 1830 wieder zum Ausbruch kommen. Gleichzeitig zur Revolution in Brabant kam es auch im Fürstbistum Lüttich zu einem von der französischen Revolution beeinflussten Umsturz.
Nachdem sowohl die österreichischen, als auch die nördlichen Niederlande während des Ersten Koalitionskrieges 1794 bzw. 1795 durch französische Revolutionstruppen besetzt worden waren, wurde Belgien durch den Friedensvertrag von Campo Formio für die nächsten zwanzig Jahre ein Teil Frankreichs. Langfristig bedeutsam wurde, dass sich trotz anfänglicher Proteste gegen die Einverleibung das belgische Bürgertum in dieser Phase mehr und mehr der französischen Kultur und Sprache zuwandte. Die nördlichen Niederlande entwickelten sich zunächst zur von Frankreich abhängigen Batavischen Republik (1795–1806), dann zum Königreich Holland unter Napoleons Bruder Louis Bonaparte (1806–1810), und schließlich wurden sie ebenfalls in den französischen Staat eingegliedert. Als 1810 die Kontinentalsperre gegen England verhängt wurde, kam es zu einer Wirtschaftskrise, von der sich die Niederlande nicht mehr erholten, bis sich die französischen Truppen 1813 nach der Völkerschlacht bei Leipzig auch aus den Niederlanden zurückzogen.
Vereinigtes Königreich der Niederlande 1815–1830
Wiener Kongress
Im November 1813 übernahmen orangistisch gesinnte Politiker die öffentliche Gewalt in Den Haag und schon im Dezember ließ sich Erbprinz Wilhelm I. unter der Bürgschaft einer freien Verfassung zum souveränen Fürsten der Niederlande ausrufen. Noch vor der Schlacht von Waterloo 1815 überzeugte Großbritannien, das die eigene Sicherheit durch ein Kräftegleichgewicht auf dem europäischen Festland gewahrt wissen wollte, die anderen Großmächte Österreich, Preußen und Russland davon, die frühere Republik der Sieben Vereinigten Niederlande, die ehemaligen österreichischen Niederlande (inkl. Luxemburg) und Lüttich zum Vereinigten Königreich der Niederlande zusammenzufügen, um einen Puffer sowohl gegen Frankreich als auch gegen Preußen zu errichten. Gleichzeitig entschädigten die Briten mit diesem territorialen Zugewinn die Niederlande für die Inbesitznahme der Kapkolonie.
Die Hoffnung der Konservativen in Belgien war die Restauration der österreichischen Herrschaft, doch da Wien daran offensichtlich kein Interesse mehr hatte, freundete man sich im Norden wie im Süden leicht mit der Alternative einer Vereinigung der Niederlande an. Entsprechende Pläne hatte im Londoner Exil bereits der Führer der Statisten während der Brabantischen Revolution, Hendrik van der Noot, mit Vertretern der Orangisten besprochen. Die Vereinigung wurde auf dem Wiener Kongress bestätigt. Der Kompromissvorschlag eines unabhängigen Staates unter einem österreichischen Prinzen fand keine Zustimmung, da ein solcher Staat als zu schwach eingeschätzt wurde.
Gemeinsamer Staat
Der neue Staat wurde nicht als föderaler, sondern als Einheitsstaat aufgebaut. Dies sollte sich als schwere Bürde herausstellen, denn schnell wurden die Gegensätze zwischen Nord und Süd zum Problem für das Vereinigte Königreich. Hauptsächliche Faktoren dafür waren religiöse und sprachliche Unterschiede, verschärft wurde die Entwicklung durch wirtschaftliche Probleme und die Nichterfüllung liberaler Forderungen. Das Ungleichgewicht wurde noch dadurch verstärkt, dass auf allen Gebieten der Norden dominierte, obwohl er mit zwei Millionen Einwohnern gegenüber 3,5 Millionen im Süden die deutlich geringere Bevölkerungszahl aufwies. Die „Hollandisierung“ stieß im Süden auf doppelten Widerstand: Die flämische Bevölkerung, insbesondere der Klerus, lehnte den Calvinismus des Nordens auf das Heftigste ab, zusätzlich wollte das frankophone Belgien sich nicht die niederländische Sprache aufzwingen lassen. Die mentale Kluft zwischen Belgiern und Holländern wuchs in solchem Maße, dass ein Aufstand unausweichlich schien. Geschürt wurde die gespannte Lage noch durch die Julirevolution in Frankreich, die ganz Europa in eine revolutionäre Unruhe versetzte und besonders auf den frankophonen Nachbarn im Norden ausstrahlte.
Nicht zuletzt trug auch das undiplomatische Auftreten König Wilhelms I. zum Ausbruch der Revolution bei. Wilhelm I. war von den konservativen Staatsvorstellungen der Restauration durchdrungen, die auch unter den Fürsten des Deutschen Bundes vorherrschte, insbesondere bei seinen preußischen Verwandten (seine Mutter Friederike Sophie Wilhelmine, die bis zu ihrem Tod 1820 großen Einfluss auf ihn hatte, war die Schwester des preußischen Königs Friedrich Wilhelm II.).
Sprachkonflikte
1815 lebten im Süden 218.000 Analphabeten, gegenüber nur 23.000 im Norden. Die Bemühungen Wilhelms I. konzentrierten sich auf dieses Feld: Während seiner 15-jährigen Regierungszeit wurden im Süden 1500 Schulen gebaut, in denen in der Volkssprache unterrichtet wurde, in Flandern und in Brüssel war also Niederländisch Schulsprache, in Wallonien Französisch. Die Zahl der Grundschüler in den südlichen Provinzen verdoppelte sich von 150.000 auf 300.000.
Das frankophone Beamten- und Bürgertum reagierte empfindlich auf die Durchsetzung der niederländischen Sprache in der Armee, der Regierung und im Schulunterricht. Nicht nur die Wallonie war französischsprachig, auch im flämischen Norden sprach die Bourgeoisie französisch, während die übrige flämische Bevölkerung niederfränkische Dialekte sprach. So waren in Limburg noch bis um 1900 Limburgisch, Deutsch und Französisch (v. a. um Maastricht) die führenden Sprachen, während Niederländisch nur sporadisch gesprochen wurde.
Unterrepräsentation
Obwohl der Bevölkerungsanteil des Südens 62 % betrug, war er nur mit 50 % der Sitze im Parlament vertreten und nur einer von fünf Ministern war Süd-Niederländer. Die meisten staatlichen Institutionen waren im Norden angesiedelt, wo auch der größte Teil der Beamten angestellt war.
Das Kontingent, das die südlichen Niederlande für das Militär zu stellen hatten, war unverhältnismäßig groß. Gleichzeitig kam nur einer von sechs Offizieren aus dem Süden, die meistens auch nur in niedrigeren Rängen der Infanterie und Kavallerie zu finden waren. Bei der Artillerie und den Pionieren, für die eine besondere Ausbildung nötig war, war der Anteil belgischer Offiziere noch geringer.
Religiöse Gegensätze
Im Vereinigten Königreich standen 3,8 Millionen Katholiken (davon 800.000 im Norden) 1,2 Millionen Protestanten gegenüber. Im spanischen Süden war der römisch-katholische Glaube Staatsreligion gewesen, während der Calvinismus früher im Norden Landeskirche gewesen war. Für Konservative auf beiden Seiten waren deshalb zwei gleichberechtigte Religionen im Königreich nicht anzustreben. Wilhelm I. selbst war ein Anhänger der deutschen lutherischen Tradition der Landeskirche, in der der Fürst auch Haupt der Kirche war. Er versuchte, die katholische Kirche vom Einfluss der Römischen Kurie zu lösen, berief selbst Bischöfe und entfachte einen Schulstreit, als er 1825 den freien katholischen Schulunterricht abschaffte.
Die Unterrepräsentation des Südens war nicht zuletzt den katholischen Bischöfen zuzuschreiben, die den Gläubigen unter Androhung der Exkommunikation verboten hatten, eine Staatsstellung anzunehmen. Dieses Verbot war schon 1815 von dem französischen Bischof von Gent, Prinz de Broglie, ausgesprochen worden. 1817 eskalierte der Streit zwischen de Broglie und dem Haus Oranien, und er wurde seines Amtes enthoben und des Landes verwiesen. Sein persönlicher Hass auf die Oranier hatte solche Ausmaße angenommen, dass er öffentlich das ungeborene Kind der schwangeren Prinzessin von Oranje verfluchte. Den offenen Widerstand der katholischen Kirche nutzte wiederum die Regierung, um bei der Ernennung von Beamten für die Beibehaltung des holländisch-protestantischen Charakters des Staatsapparates zu sorgen. Trotzdem wollte König Wilhelm I. das Grundgesetz so anpassen, dass auch ein Katholik König werden könnte.
Als Wilhelm I. 1825 dem Klerus den Gymnasialunterricht entzog und diesen nur noch in staatlichen Schulen erlaubte, näherten sich die Katholiken unter dem Einfluss des französischen Priesters Félicité de Lamennais, der eine deutliche Trennung von Kirche und Staat lehrte, sogar den Liberalen an, um gemeinsam gegen Wilhelm I. zu opponieren. Im Dezember 1825 rief der katholische Politiker Baron de Gerlache aus Lüttich die Liberalen zum ersten Mal zu einer Vereinigung beider Oppositionsgruppen auf. Er verband die Freiheit des Unterrichts, die die Kirche forderte, mit der persönlichen Freiheit der Religionsausübung und der Presse. Ab 1828 wuchs die gemeinsame Kritik in den Zeitungen; Liberale und Katholiken stellten einen gemeinsamen Forderungskatalog auf. Diese Oppositionskoalition wurde Unionismus, spöttelnd auch Monsterverbond genannt.
Weiteres dazu im Link:
https://de.wikipedia.org/wiki/Belgische_Revolution
Vom 14. bis 16. Jahrhundert hatten alle Teile der in Folge burgundischen, habsburgischen und spanischen Niederlande dieselbe Geschichte. Im Zuge der Glaubensspaltung und des Achtzigjährigen Krieges befreite sich der reformierte (calvinistische) Norden als Republik der Sieben Vereinigten Niederlande von den spanischen Niederlanden im Süden. Nach dem Wiener Kongress 1815 wurden Nord und Süd – gemeinsam mit dem ehemaligen Fürstbistum Lüttich und dem heutigen Großherzogtum Luxemburg – wieder vereinigt. Die religiöse, sprachliche und wirtschaftliche Kluft, die sich in den rund 250 Jahren getrennter Geschichte entwickelt hatte, erwies sich aber bald als unüberbrückbar für eine gemeinsame Zukunft der beiden Teile der Niederlande. Die Folge war die bürgerliche, liberale Revolution, die auch im europäischen Kontext der französischen Julirevolution zu sehen ist. Der junge belgische Staat erlangte bis 1839 die volle Unabhängigkeit und legte in dieser Zeit das politische System fest, das in seinen Grundzügen bis heute besteht.
Belgien und die Niederlande bis 1815
Gemeinsame Geschichte
Die 17 niederländischen Provinzen und das Bistum Lüttich (grün), 1477
Die Territorien, die heute die Niederlande, Belgien und Luxemburg umfassen, waren im Mittelalter kulturell und politisch miteinander verbunden und gehörten mit Ausnahme des Bistums Lüttich vom 14./15. Jahrhundert bis ins 16. Jahrhundert als Burgundische Niederlande, zuletzt als Burgundischer Reichskreis, gemeinsam zum Heiligen Römischen Reich deutscher Nation. Die Grafschaft Flandern und das Herzogtum Brabant nahmen mit ihren Städten (Antwerpen, Brügge, Gent, Brüssel, Ypern, Mechelen) eine kulturelle und wirtschaftliche Führungsrolle im niederländischen Raum ein. Die 1464 zum ersten Mal einberufenen Generalstaaten der Niederlande tagten in Brüssel, das höchste Gericht kam in Mechelen zusammen. Vom Haus Burgund waren die Niederlande 1482 durch Erbfolge auf die Habsburger übergegangen und erlebten unter Karl V. eine Blütezeit als bedeutender Teil seines Weltreiches. Nach seiner Abdankung 1555 kam das Territorium als Spanische Niederlande an seinen Sohn Philipp II. und damit an Spanien.
Getrennte Geschichte
Union von Utrecht (hellblau), Union von Arras (gelb) und Bistum Lüttich (grün), 1579
Zur Trennung kam es im Zuge der Glaubensspaltung. Zunächst wurden die niederländischsprachigen Provinzen bis weit in den Süden der spanischen Niederlande vom Calvinismus erfasst. Infolgedessen brach 1568 der Achtzigjährige Krieg zwischen Spanien und den sich protestantisch bekennenden Landesteilen aus. Während sich die wallonischen Provinzen in der Union von Arras (niederl. Unie van Atrecht) ausdrücklich zum katholischen Spanien stellten, schlossen sich 1579 die nördlichen Territorien, einschließlich Flanderns und Brabants, in der Utrechter Union zusammen. 1581 lösten sich die nördlichen Provinzen als Republik der Sieben Vereinigten Niederlande von der spanischen Oberhoheit und vom Deutschen Reich, mit dem sie ohnehin nur noch lose verbunden waren.
Der Fall Antwerpens 1585 markiert eine Zäsur in der Geschichte beider Länder. Mit ihm fiel der Süden dauerhaft an Spanien und wurde geschlossen rekatholisiert. Zahlreiche Intellektuelle, Künstler und Kaufleute flohen in den Norden. Die Folge war der Verlust der dominierenden Stellung der flämischen Städte und ein gleichzeitiges Aufblühen im Norden, wo jetzt das Goldene Zeitalter anbrach, während die südlichen Niederlande für Jahrhunderte Teil der absolutistischen Habsburgermonarchie blieben. Die Interessen Madrids nahm ein Provinzstatthalter wahr, der von Brüssel aus regierte. Der fast ununterbrochene Krieg Spaniens mit den Niederlanden fand erst 1648 mit dem Frieden von Münster ein Ende, in dem die Trennung von Nord und Süd zementiert wurde. Da die Scheldemündung an die Niederländer ging, die diese schlossen, wurde Antwerpen von der See abgeschnitten und sein Handel erlag nun völlig.
Auch durch den habsburgisch-französischen Gegensatz waren die Spanischen Niederlande ständiger Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzungen und verloren im Pyrenäenfrieden (1659) und im Devolutionskrieg (1667–1668) wichtige Gebiete und Städte an Frankreich, darunter Lille, Arras, Cambrai und die Grafschaft Artois. Nach dem zum Teil auf niederländischem Gebiet ausgefochtenen Spanischen Erbfolgekrieg wurde das bisher spanische Gebiet im Frieden von Utrecht 1714 als nunmehr Österreichische Niederlande den österreichischen Habsburgern zugesprochen.
Die Entwicklung seit der Französischen Revolution
Österreichische Niederlande und Bistum Lüttich, 1786 [1]
1789/90 kam es nach Auseinandersetzungen mit Kaiser Josef II. in Brabant zur Revolution unter Führung von Hendrik van der Noot und Jan Frans Vonck, die am 11. Januar 1790 in der Unabhängigkeitserklärung der südlichen Niederlande als Etats Belgiques Unis (Vereinigte Belgische Staaten) mündete. Diese konföderierte Republik hatte zwar nur kurze Zeit Bestand, war jedoch Ausdruck der bereits entwickelten Unabhängigkeitsbestrebungen, die in Abgrenzung zu den zentralistischen Reformbestrebungen Josefs II. entstanden waren. In diesem Zusammenhang kamen verschiedene Konzepte einer „belgischen Nation“ auf, ohne dass man sich aber auf eine gemeinsame Definition dieses Begriffs hätte einigen können. Immerhin sollte das Gefühl der Zusammengehörigkeit aber auch nach dem Scheitern der Republik lebendig bleiben und unter ganz anderen Vorzeichen in der Revolution des Jahres 1830 wieder zum Ausbruch kommen. Gleichzeitig zur Revolution in Brabant kam es auch im Fürstbistum Lüttich zu einem von der französischen Revolution beeinflussten Umsturz.
Nachdem sowohl die österreichischen, als auch die nördlichen Niederlande während des Ersten Koalitionskrieges 1794 bzw. 1795 durch französische Revolutionstruppen besetzt worden waren, wurde Belgien durch den Friedensvertrag von Campo Formio für die nächsten zwanzig Jahre ein Teil Frankreichs. Langfristig bedeutsam wurde, dass sich trotz anfänglicher Proteste gegen die Einverleibung das belgische Bürgertum in dieser Phase mehr und mehr der französischen Kultur und Sprache zuwandte. Die nördlichen Niederlande entwickelten sich zunächst zur von Frankreich abhängigen Batavischen Republik (1795–1806), dann zum Königreich Holland unter Napoleons Bruder Louis Bonaparte (1806–1810), und schließlich wurden sie ebenfalls in den französischen Staat eingegliedert. Als 1810 die Kontinentalsperre gegen England verhängt wurde, kam es zu einer Wirtschaftskrise, von der sich die Niederlande nicht mehr erholten, bis sich die französischen Truppen 1813 nach der Völkerschlacht bei Leipzig auch aus den Niederlanden zurückzogen.
Vereinigtes Königreich der Niederlande 1815–1830
Wiener Kongress
Im November 1813 übernahmen orangistisch gesinnte Politiker die öffentliche Gewalt in Den Haag und schon im Dezember ließ sich Erbprinz Wilhelm I. unter der Bürgschaft einer freien Verfassung zum souveränen Fürsten der Niederlande ausrufen. Noch vor der Schlacht von Waterloo 1815 überzeugte Großbritannien, das die eigene Sicherheit durch ein Kräftegleichgewicht auf dem europäischen Festland gewahrt wissen wollte, die anderen Großmächte Österreich, Preußen und Russland davon, die frühere Republik der Sieben Vereinigten Niederlande, die ehemaligen österreichischen Niederlande (inkl. Luxemburg) und Lüttich zum Vereinigten Königreich der Niederlande zusammenzufügen, um einen Puffer sowohl gegen Frankreich als auch gegen Preußen zu errichten. Gleichzeitig entschädigten die Briten mit diesem territorialen Zugewinn die Niederlande für die Inbesitznahme der Kapkolonie.
Die Hoffnung der Konservativen in Belgien war die Restauration der österreichischen Herrschaft, doch da Wien daran offensichtlich kein Interesse mehr hatte, freundete man sich im Norden wie im Süden leicht mit der Alternative einer Vereinigung der Niederlande an. Entsprechende Pläne hatte im Londoner Exil bereits der Führer der Statisten während der Brabantischen Revolution, Hendrik van der Noot, mit Vertretern der Orangisten besprochen. Die Vereinigung wurde auf dem Wiener Kongress bestätigt. Der Kompromissvorschlag eines unabhängigen Staates unter einem österreichischen Prinzen fand keine Zustimmung, da ein solcher Staat als zu schwach eingeschätzt wurde.
Gemeinsamer Staat
Der neue Staat wurde nicht als föderaler, sondern als Einheitsstaat aufgebaut. Dies sollte sich als schwere Bürde herausstellen, denn schnell wurden die Gegensätze zwischen Nord und Süd zum Problem für das Vereinigte Königreich. Hauptsächliche Faktoren dafür waren religiöse und sprachliche Unterschiede, verschärft wurde die Entwicklung durch wirtschaftliche Probleme und die Nichterfüllung liberaler Forderungen. Das Ungleichgewicht wurde noch dadurch verstärkt, dass auf allen Gebieten der Norden dominierte, obwohl er mit zwei Millionen Einwohnern gegenüber 3,5 Millionen im Süden die deutlich geringere Bevölkerungszahl aufwies. Die „Hollandisierung“ stieß im Süden auf doppelten Widerstand: Die flämische Bevölkerung, insbesondere der Klerus, lehnte den Calvinismus des Nordens auf das Heftigste ab, zusätzlich wollte das frankophone Belgien sich nicht die niederländische Sprache aufzwingen lassen. Die mentale Kluft zwischen Belgiern und Holländern wuchs in solchem Maße, dass ein Aufstand unausweichlich schien. Geschürt wurde die gespannte Lage noch durch die Julirevolution in Frankreich, die ganz Europa in eine revolutionäre Unruhe versetzte und besonders auf den frankophonen Nachbarn im Norden ausstrahlte.
Nicht zuletzt trug auch das undiplomatische Auftreten König Wilhelms I. zum Ausbruch der Revolution bei. Wilhelm I. war von den konservativen Staatsvorstellungen der Restauration durchdrungen, die auch unter den Fürsten des Deutschen Bundes vorherrschte, insbesondere bei seinen preußischen Verwandten (seine Mutter Friederike Sophie Wilhelmine, die bis zu ihrem Tod 1820 großen Einfluss auf ihn hatte, war die Schwester des preußischen Königs Friedrich Wilhelm II.).
Sprachkonflikte
1815 lebten im Süden 218.000 Analphabeten, gegenüber nur 23.000 im Norden. Die Bemühungen Wilhelms I. konzentrierten sich auf dieses Feld: Während seiner 15-jährigen Regierungszeit wurden im Süden 1500 Schulen gebaut, in denen in der Volkssprache unterrichtet wurde, in Flandern und in Brüssel war also Niederländisch Schulsprache, in Wallonien Französisch. Die Zahl der Grundschüler in den südlichen Provinzen verdoppelte sich von 150.000 auf 300.000.
Das frankophone Beamten- und Bürgertum reagierte empfindlich auf die Durchsetzung der niederländischen Sprache in der Armee, der Regierung und im Schulunterricht. Nicht nur die Wallonie war französischsprachig, auch im flämischen Norden sprach die Bourgeoisie französisch, während die übrige flämische Bevölkerung niederfränkische Dialekte sprach. So waren in Limburg noch bis um 1900 Limburgisch, Deutsch und Französisch (v. a. um Maastricht) die führenden Sprachen, während Niederländisch nur sporadisch gesprochen wurde.
Unterrepräsentation
Obwohl der Bevölkerungsanteil des Südens 62 % betrug, war er nur mit 50 % der Sitze im Parlament vertreten und nur einer von fünf Ministern war Süd-Niederländer. Die meisten staatlichen Institutionen waren im Norden angesiedelt, wo auch der größte Teil der Beamten angestellt war.
Das Kontingent, das die südlichen Niederlande für das Militär zu stellen hatten, war unverhältnismäßig groß. Gleichzeitig kam nur einer von sechs Offizieren aus dem Süden, die meistens auch nur in niedrigeren Rängen der Infanterie und Kavallerie zu finden waren. Bei der Artillerie und den Pionieren, für die eine besondere Ausbildung nötig war, war der Anteil belgischer Offiziere noch geringer.
Religiöse Gegensätze
Im Vereinigten Königreich standen 3,8 Millionen Katholiken (davon 800.000 im Norden) 1,2 Millionen Protestanten gegenüber. Im spanischen Süden war der römisch-katholische Glaube Staatsreligion gewesen, während der Calvinismus früher im Norden Landeskirche gewesen war. Für Konservative auf beiden Seiten waren deshalb zwei gleichberechtigte Religionen im Königreich nicht anzustreben. Wilhelm I. selbst war ein Anhänger der deutschen lutherischen Tradition der Landeskirche, in der der Fürst auch Haupt der Kirche war. Er versuchte, die katholische Kirche vom Einfluss der Römischen Kurie zu lösen, berief selbst Bischöfe und entfachte einen Schulstreit, als er 1825 den freien katholischen Schulunterricht abschaffte.
Die Unterrepräsentation des Südens war nicht zuletzt den katholischen Bischöfen zuzuschreiben, die den Gläubigen unter Androhung der Exkommunikation verboten hatten, eine Staatsstellung anzunehmen. Dieses Verbot war schon 1815 von dem französischen Bischof von Gent, Prinz de Broglie, ausgesprochen worden. 1817 eskalierte der Streit zwischen de Broglie und dem Haus Oranien, und er wurde seines Amtes enthoben und des Landes verwiesen. Sein persönlicher Hass auf die Oranier hatte solche Ausmaße angenommen, dass er öffentlich das ungeborene Kind der schwangeren Prinzessin von Oranje verfluchte. Den offenen Widerstand der katholischen Kirche nutzte wiederum die Regierung, um bei der Ernennung von Beamten für die Beibehaltung des holländisch-protestantischen Charakters des Staatsapparates zu sorgen. Trotzdem wollte König Wilhelm I. das Grundgesetz so anpassen, dass auch ein Katholik König werden könnte.
Als Wilhelm I. 1825 dem Klerus den Gymnasialunterricht entzog und diesen nur noch in staatlichen Schulen erlaubte, näherten sich die Katholiken unter dem Einfluss des französischen Priesters Félicité de Lamennais, der eine deutliche Trennung von Kirche und Staat lehrte, sogar den Liberalen an, um gemeinsam gegen Wilhelm I. zu opponieren. Im Dezember 1825 rief der katholische Politiker Baron de Gerlache aus Lüttich die Liberalen zum ersten Mal zu einer Vereinigung beider Oppositionsgruppen auf. Er verband die Freiheit des Unterrichts, die die Kirche forderte, mit der persönlichen Freiheit der Religionsausübung und der Presse. Ab 1828 wuchs die gemeinsame Kritik in den Zeitungen; Liberale und Katholiken stellten einen gemeinsamen Forderungskatalog auf. Diese Oppositionskoalition wurde Unionismus, spöttelnd auch Monsterverbond genannt.
Weiteres dazu im Link:
https://de.wikipedia.org/wiki/Belgische_Revolution
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