Guter Glaube
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Guter Glaube
Gut einige sind inzwischen schon von allen guten Geistern verlassen zu sein, hat damit aber nicht zu tun.
Guter Glaube (lateinisch bona fides) ist ein Rechtsbegriff aus der Rechtswissenschaft, der vor allem beim Gutglaubensschutz als Vertrauensschutz in einen Rechtsschein eine Rolle spielt. Das Fehlen guten Glaubens bezeichnet man als Bösgläubigkeit.
Rechtsterminologische Abgrenzung
Der deutsche Rechtsbegriff Guter Glauben ist die wörtliche Übersetzung des lateinischen Terminus bona fides. Inhaltlich sind die beiden Begriffe allerdings nicht völlig deckungsgleich, da der Terminus des römischen Rechts ganz allgemein redliches und zuverlässiges Handeln im Rechtsverkehr bezeichnet, also auch alles das beinhaltet, was in der deutschen Rechtssprache gemeinhin mit dem Begriff Treu und Glauben erfasst wird. Der deutsche Begriff der Gutgläubigkeit (fehlendes subjektives Unrechtsbewusstsein trotz objektiver Unberechtigtheit) ist demgegenüber eine begriffliche Verengung.
Rechtsordnungen des romanischen und verschiedener verwandter Rechtskreise verwenden den Begriff der bona fides beziehungsweise die entsprechenden landessprachlichen Ausdrücke zumeist im ursprünglichen, allgemeinen Sinne des römischen Rechts. Spricht also beispielsweise der französische, spanische oder italienische Jurist von „gutem Glauben“ (bonne foi, buena fe bzw. buona fede) oder „gutgläubig“ (oder verwendet er im internationalen Gespräch den englischen Ausdruck „good faith“), so kann das den Guten Glauben im engeren Sinne zwar einschließen, ist aber im Deutschen häufig treffender mit Treu und Glauben beziehungsweise treugläubig wiederzugeben. Als „bösgläubig“ wird dementsprechend in ausländischen Rechtssprachen in der Regel ein treuwidriges oder rechtsmissbräuchliches Verhalten überhaupt bezeichnet.
Deutschland
Allgemeines
Der gute Glaube stellt eine Ersatzlösung für den Fall dar, dass es an der Berechtigung des Verfügenden fehlt, aber ein Verfügungsgeschäft dennoch wirksam sein soll. Der gute Glaube überwindet jedoch lediglich den Mangel in der Berechtigung, nicht jedoch einen Einigungs- oder Übergabemangel. Diese Grundtatbestände müssen deshalb erfüllt sein, wenn eine Gutglaubensregelung eintreten soll. Zu unterscheiden sind:
guter Glaube an das Eigentum: Regelfall der § 932 ff. nach § 932, 933, 934, 936 BGB.
guter Glaube an die Verfügungsbefugnis: (ausnahmsweise zulässig und geschützt) § 135 Abs. 2 (gesetzliches Veräußerungsverbot), § 136 (behördliches Veräußerungsverbot), § 161 Abs. 3 BGB (Zwischenverfügung) oder § 366 HGB (Verfügungsbefugnis). Nicht geschützt ist ein guter Glaube an die Vertretungsmacht des Verfügenden (gesetzlich nicht vorgesehen). Bei der Vorlage einer Vollmachtsurkunde im Original ist der Vertragspartner im Regelfall berechtigt, den Schutz des guten Glaubens in Anspruch zu nehmen (§ 172 BGB). Nach § 56 HGB werden beim Handelskauf die Gutglaubensvorschriften des BGB auch dann angewandt, wenn der gute Glaube des Erwerbers die Befugnis des Veräußerers über die Sache für den Eigentümer zu verfügen, betrifft.
Sachenrecht
Von besonderer rechtlicher Bedeutung ist der gutgläubige Erwerb des Eigentums an beweglichen Sachen gemäß § 932 BGB. Ein Erwerber kann von einem Veräußerer, der nicht Eigentümer, aber Besitzer ist, Eigentum an der Sache erwerben. Die Besitzverschaffungsmacht des Veräußerers an der Sache bildet hier den „Rechtsschein“ des Eigentums, auf den der Erwerber vertrauen darf. Voraussetzung ist jedoch, dass der Erwerber gutgläubig in Bezug auf das Eigentumsrecht des Veräußerers ist. Er darf also weder wissen, noch aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht wissen, dass der Veräußerer nicht Eigentümer ist, so § 932 Abs. 2 BGB. Damit trifft das Gesetz eine Definition des „Guten Glaubens“. Ausnahmsweise ist der gutgläubige Erwerb allerdings ausgeschlossen, wenn die Sache dem richtigen Eigentümer abhandengekommen – also etwa gestohlen worden – ist, bestimmt § 935 BGB.
Wertpapiere
Der Schutz des gutgläubigen Erwerbs von Inhaberpapieren (nur ausgeschlossen bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz des Erwerbers) ist gegenüber beweglichen Sachen gesetzlich weitreichender geregelt. Es besteht zu Gunsten von Inhaberpapieren eine gesetzliche Vermutung, dass der Besitzer eines Inhaberpapiers auch dessen Eigentümer ist (§ 793 Abs. 1 Satz 1 BGB). Darüber hinaus können Inhaberpapiere (und Geld) selbst dann gutgläubig erworben werden, wenn sie dem früheren Eigentümer gestohlen wurden, verloren gegangen oder abhandengekommen sind (§ 935 Abs. 2 BGB). Das genau ist bei anderen beweglichen Sachen ausgeschlossen (§ 935 Abs. 1 BGB). Nach § 365 Abs. 2 HGB in Verbindung mit Art. 16 Abs. 2 WG und Art. 21 SchG ist auch ein gutgläubiger Erwerb abhandengekommener (im Sinne von § 935 Abs. 1 BGB) Orderpapiere möglich, sofern sich der jeweilige Inhaber durch eine zusammenhängende, auf den Aussteller zurückführende Kette von Indossamenten ausweisen kann. „Irgendwie abhanden gekommen“ – wie im WG und SchG formuliert – umfasst den freiwilligen und unfreiwilligen Besitzverlust. Der gute Glaube knüpft deshalb bei Orderpapieren in der Regel nicht an den Besitz der Urkunde, sondern an eine lückenlose Indossamentenkette an. Es wird nicht nur der gute Glaube an das Eigentum des Veräußerers geschützt, sondern auch der gute Glaube an dessen Verfügungsbefugnis.[1] Ein gutgläubiger Erwerb von Rektapapieren, deren Übertragung ausschließlich schuldrechtlichen und nicht sachenrechtlichen Regeln folgt, ist allgemein nicht möglich, weil das Schuldrecht keinen gutgläubigen Erwerb kennt; allenfalls im Rahmen des § 405 BGB ist ein gutgläubiger Erwerb möglich.
Eigentümer-Besitzer-Verhältnis
Guter Glaube spielt auch eine Rolle im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (§§ 987 ff. BGB). Dieses regelt die Konstellation, dass ein Besitzer die Sache eines anderen (des Eigentümers) in seinem Besitz hat, obwohl er dazu nicht berechtigt ist. Auch hier wird zwischen Gut- und Bösgläubigkeit differenziert. Gegenstand des Glaubens ist hierbei die Tatsache, dass der Besitzer zum Besitz berechtigt ist: Weiß der Besitzer davon, dass er die Sache rechtswidrig in seinem Besitz hat, ist er weniger schützenswert, haftet entsprechend strenger (§ 990 BGB) und bekommt seinerseits Ersatz seiner Aufwendungen nur unter erschwerten Bedingungen, (§ 996 BGB); fehlt ihm dagegen das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit seines Besitzes, ist er „gutgläubig“ und wird gegenüber dem bösgläubigen Besitzer begünstigt. Erfährt der gutgläubige Besitzer von der Rechtswidrigkeit seines Besitzes, so verliert er ab dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung die Gutgläubigkeit und ist von da an nicht mehr in besonderer Weise schützenswert (§ 990 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Erbrecht
Der Erbschein begründet ebenfalls einen Gutglaubensschutz (§ 2366 BGB).
Handelsrecht
Bei Handelsgeschäften genügt wegen der Flexibilität und Schnelligkeit des Geschäftsverkehrs und der Erfahrung von Kaufleuten auch der gute Glaube an die Verfügungsbefugnis (§ 366 HGB). Ob hingegen auch der gute Glaube an die Vertretungsmacht (also das Handeln in fremdem Namen) geschützt wird, ist sehr umstritten, aber wohl eher abzulehnen.
Siehe auch: Scheingesellschaft
Schweiz
Definition
Das schweizerische Recht liefert keine Legaldefinition des Begriffes. Wohl am besten umschrieben wird er wie folgt:
„Guter Glaube ist das Fehlen des Unrechtsbewusstseins trotz eines Rechtsmangels.“
– Peter Jäggi: Berner Kommentar[2]
Gesetzliche Verankerung
Die BV der Schweizerischen Eidgenossenschaft statuiert in Art. 5 Abs 3, dass der Staat und die Privaten nach Treu und Glauben handeln. Als Konkretisierung gilt im Zivilrecht die Gutglaubens-Präsumtion. Gemäss Art. 3 ZGB wird sein Dasein vermutet, d. h. wer den guten Glauben seines Gegners bestreiten will, muss den Beweis für dessen Bösgläubigkeit erbringen (und nicht umgekehrt). Zudem muss zur Vermutung mit dem Beweis des Gegenteils umgestossen werden, ein Gegenbeweis reicht nicht aus.
Wer jedoch bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte, ist nicht berechtigt, sich auf den guten Glauben zu berufen.
Anwendungsfälle
Die folgende Liste ist nicht abschliessend:
Art. 714 Abs. 2 ZGB: gutgläubiger Eigentumserwerb
Art. 884 Abs. 2 ZGB: gutgläubiger Pfandrechtserwerb
Art. 895 Abs. 3 ZGB: Retentionsrecht
Art. 933 ZGB: gutgläubiger Erwerb anvertrauter Sachen
Art. 935 ZGB: gutgläubiger Erwerb von Geld und Inhaberpapieren
Common Law
Im angelsächsischen Recht ist good faith eine abstrakte und umfassende Bezeichnung für einen aufrichtigen Glauben oder ein aufrichtiges Motiv, sich im Rechtsleben ohne Bosheit oder Betrugsabsichten zu verhalten. Es entspricht dem guten Glauben im kontinentaleuropäischen Rechtskreis.
Das Konzept steht insbesondere bei Gerechtigkeitsfragen und im Handelsrecht im Vordergrund. So wird etwa der Erwerber von Vermögensgegenständen vom einheitlichen Handelsgesetz (Uniform Commercial Code) geschützt, das von allen US-Bundesstaaten übernommen wurde. Nach den Vorschriften in 1-201(9) und 2-403 etwa kann ein Kaufmann Eigentum an Vermögensgegenständen erwerben, die von einem Nichteigentümer stammen, sofern der Erwerber seinen guten Glauben bei der Durchführung des Geschäfts nachweisen kann und vernünftige kaufmännische Standards des fairen Handels benutzt hat. Ungewöhnliche oder verdächtige Umstände zerstören den guten Glauben. Bei Nichtkaufleuten wird der gute Glaube als die „bona-fide-Käufer-Doktrin“ bezeichnet und führt zu ähnlichem Rechtsschutz.[3]
Quelle
Guter Glaube (lateinisch bona fides) ist ein Rechtsbegriff aus der Rechtswissenschaft, der vor allem beim Gutglaubensschutz als Vertrauensschutz in einen Rechtsschein eine Rolle spielt. Das Fehlen guten Glaubens bezeichnet man als Bösgläubigkeit.
Rechtsterminologische Abgrenzung
Der deutsche Rechtsbegriff Guter Glauben ist die wörtliche Übersetzung des lateinischen Terminus bona fides. Inhaltlich sind die beiden Begriffe allerdings nicht völlig deckungsgleich, da der Terminus des römischen Rechts ganz allgemein redliches und zuverlässiges Handeln im Rechtsverkehr bezeichnet, also auch alles das beinhaltet, was in der deutschen Rechtssprache gemeinhin mit dem Begriff Treu und Glauben erfasst wird. Der deutsche Begriff der Gutgläubigkeit (fehlendes subjektives Unrechtsbewusstsein trotz objektiver Unberechtigtheit) ist demgegenüber eine begriffliche Verengung.
Rechtsordnungen des romanischen und verschiedener verwandter Rechtskreise verwenden den Begriff der bona fides beziehungsweise die entsprechenden landessprachlichen Ausdrücke zumeist im ursprünglichen, allgemeinen Sinne des römischen Rechts. Spricht also beispielsweise der französische, spanische oder italienische Jurist von „gutem Glauben“ (bonne foi, buena fe bzw. buona fede) oder „gutgläubig“ (oder verwendet er im internationalen Gespräch den englischen Ausdruck „good faith“), so kann das den Guten Glauben im engeren Sinne zwar einschließen, ist aber im Deutschen häufig treffender mit Treu und Glauben beziehungsweise treugläubig wiederzugeben. Als „bösgläubig“ wird dementsprechend in ausländischen Rechtssprachen in der Regel ein treuwidriges oder rechtsmissbräuchliches Verhalten überhaupt bezeichnet.
Deutschland
Allgemeines
Der gute Glaube stellt eine Ersatzlösung für den Fall dar, dass es an der Berechtigung des Verfügenden fehlt, aber ein Verfügungsgeschäft dennoch wirksam sein soll. Der gute Glaube überwindet jedoch lediglich den Mangel in der Berechtigung, nicht jedoch einen Einigungs- oder Übergabemangel. Diese Grundtatbestände müssen deshalb erfüllt sein, wenn eine Gutglaubensregelung eintreten soll. Zu unterscheiden sind:
guter Glaube an das Eigentum: Regelfall der § 932 ff. nach § 932, 933, 934, 936 BGB.
guter Glaube an die Verfügungsbefugnis: (ausnahmsweise zulässig und geschützt) § 135 Abs. 2 (gesetzliches Veräußerungsverbot), § 136 (behördliches Veräußerungsverbot), § 161 Abs. 3 BGB (Zwischenverfügung) oder § 366 HGB (Verfügungsbefugnis). Nicht geschützt ist ein guter Glaube an die Vertretungsmacht des Verfügenden (gesetzlich nicht vorgesehen). Bei der Vorlage einer Vollmachtsurkunde im Original ist der Vertragspartner im Regelfall berechtigt, den Schutz des guten Glaubens in Anspruch zu nehmen (§ 172 BGB). Nach § 56 HGB werden beim Handelskauf die Gutglaubensvorschriften des BGB auch dann angewandt, wenn der gute Glaube des Erwerbers die Befugnis des Veräußerers über die Sache für den Eigentümer zu verfügen, betrifft.
Sachenrecht
Von besonderer rechtlicher Bedeutung ist der gutgläubige Erwerb des Eigentums an beweglichen Sachen gemäß § 932 BGB. Ein Erwerber kann von einem Veräußerer, der nicht Eigentümer, aber Besitzer ist, Eigentum an der Sache erwerben. Die Besitzverschaffungsmacht des Veräußerers an der Sache bildet hier den „Rechtsschein“ des Eigentums, auf den der Erwerber vertrauen darf. Voraussetzung ist jedoch, dass der Erwerber gutgläubig in Bezug auf das Eigentumsrecht des Veräußerers ist. Er darf also weder wissen, noch aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht wissen, dass der Veräußerer nicht Eigentümer ist, so § 932 Abs. 2 BGB. Damit trifft das Gesetz eine Definition des „Guten Glaubens“. Ausnahmsweise ist der gutgläubige Erwerb allerdings ausgeschlossen, wenn die Sache dem richtigen Eigentümer abhandengekommen – also etwa gestohlen worden – ist, bestimmt § 935 BGB.
Wertpapiere
Der Schutz des gutgläubigen Erwerbs von Inhaberpapieren (nur ausgeschlossen bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz des Erwerbers) ist gegenüber beweglichen Sachen gesetzlich weitreichender geregelt. Es besteht zu Gunsten von Inhaberpapieren eine gesetzliche Vermutung, dass der Besitzer eines Inhaberpapiers auch dessen Eigentümer ist (§ 793 Abs. 1 Satz 1 BGB). Darüber hinaus können Inhaberpapiere (und Geld) selbst dann gutgläubig erworben werden, wenn sie dem früheren Eigentümer gestohlen wurden, verloren gegangen oder abhandengekommen sind (§ 935 Abs. 2 BGB). Das genau ist bei anderen beweglichen Sachen ausgeschlossen (§ 935 Abs. 1 BGB). Nach § 365 Abs. 2 HGB in Verbindung mit Art. 16 Abs. 2 WG und Art. 21 SchG ist auch ein gutgläubiger Erwerb abhandengekommener (im Sinne von § 935 Abs. 1 BGB) Orderpapiere möglich, sofern sich der jeweilige Inhaber durch eine zusammenhängende, auf den Aussteller zurückführende Kette von Indossamenten ausweisen kann. „Irgendwie abhanden gekommen“ – wie im WG und SchG formuliert – umfasst den freiwilligen und unfreiwilligen Besitzverlust. Der gute Glaube knüpft deshalb bei Orderpapieren in der Regel nicht an den Besitz der Urkunde, sondern an eine lückenlose Indossamentenkette an. Es wird nicht nur der gute Glaube an das Eigentum des Veräußerers geschützt, sondern auch der gute Glaube an dessen Verfügungsbefugnis.[1] Ein gutgläubiger Erwerb von Rektapapieren, deren Übertragung ausschließlich schuldrechtlichen und nicht sachenrechtlichen Regeln folgt, ist allgemein nicht möglich, weil das Schuldrecht keinen gutgläubigen Erwerb kennt; allenfalls im Rahmen des § 405 BGB ist ein gutgläubiger Erwerb möglich.
Eigentümer-Besitzer-Verhältnis
Guter Glaube spielt auch eine Rolle im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (§§ 987 ff. BGB). Dieses regelt die Konstellation, dass ein Besitzer die Sache eines anderen (des Eigentümers) in seinem Besitz hat, obwohl er dazu nicht berechtigt ist. Auch hier wird zwischen Gut- und Bösgläubigkeit differenziert. Gegenstand des Glaubens ist hierbei die Tatsache, dass der Besitzer zum Besitz berechtigt ist: Weiß der Besitzer davon, dass er die Sache rechtswidrig in seinem Besitz hat, ist er weniger schützenswert, haftet entsprechend strenger (§ 990 BGB) und bekommt seinerseits Ersatz seiner Aufwendungen nur unter erschwerten Bedingungen, (§ 996 BGB); fehlt ihm dagegen das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit seines Besitzes, ist er „gutgläubig“ und wird gegenüber dem bösgläubigen Besitzer begünstigt. Erfährt der gutgläubige Besitzer von der Rechtswidrigkeit seines Besitzes, so verliert er ab dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung die Gutgläubigkeit und ist von da an nicht mehr in besonderer Weise schützenswert (§ 990 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Erbrecht
Der Erbschein begründet ebenfalls einen Gutglaubensschutz (§ 2366 BGB).
Handelsrecht
Bei Handelsgeschäften genügt wegen der Flexibilität und Schnelligkeit des Geschäftsverkehrs und der Erfahrung von Kaufleuten auch der gute Glaube an die Verfügungsbefugnis (§ 366 HGB). Ob hingegen auch der gute Glaube an die Vertretungsmacht (also das Handeln in fremdem Namen) geschützt wird, ist sehr umstritten, aber wohl eher abzulehnen.
Siehe auch: Scheingesellschaft
Schweiz
Definition
Das schweizerische Recht liefert keine Legaldefinition des Begriffes. Wohl am besten umschrieben wird er wie folgt:
„Guter Glaube ist das Fehlen des Unrechtsbewusstseins trotz eines Rechtsmangels.“
– Peter Jäggi: Berner Kommentar[2]
Gesetzliche Verankerung
Die BV der Schweizerischen Eidgenossenschaft statuiert in Art. 5 Abs 3, dass der Staat und die Privaten nach Treu und Glauben handeln. Als Konkretisierung gilt im Zivilrecht die Gutglaubens-Präsumtion. Gemäss Art. 3 ZGB wird sein Dasein vermutet, d. h. wer den guten Glauben seines Gegners bestreiten will, muss den Beweis für dessen Bösgläubigkeit erbringen (und nicht umgekehrt). Zudem muss zur Vermutung mit dem Beweis des Gegenteils umgestossen werden, ein Gegenbeweis reicht nicht aus.
Wer jedoch bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte, ist nicht berechtigt, sich auf den guten Glauben zu berufen.
Anwendungsfälle
Die folgende Liste ist nicht abschliessend:
Art. 714 Abs. 2 ZGB: gutgläubiger Eigentumserwerb
Art. 884 Abs. 2 ZGB: gutgläubiger Pfandrechtserwerb
Art. 895 Abs. 3 ZGB: Retentionsrecht
Art. 933 ZGB: gutgläubiger Erwerb anvertrauter Sachen
Art. 935 ZGB: gutgläubiger Erwerb von Geld und Inhaberpapieren
Common Law
Im angelsächsischen Recht ist good faith eine abstrakte und umfassende Bezeichnung für einen aufrichtigen Glauben oder ein aufrichtiges Motiv, sich im Rechtsleben ohne Bosheit oder Betrugsabsichten zu verhalten. Es entspricht dem guten Glauben im kontinentaleuropäischen Rechtskreis.
Das Konzept steht insbesondere bei Gerechtigkeitsfragen und im Handelsrecht im Vordergrund. So wird etwa der Erwerber von Vermögensgegenständen vom einheitlichen Handelsgesetz (Uniform Commercial Code) geschützt, das von allen US-Bundesstaaten übernommen wurde. Nach den Vorschriften in 1-201(9) und 2-403 etwa kann ein Kaufmann Eigentum an Vermögensgegenständen erwerben, die von einem Nichteigentümer stammen, sofern der Erwerber seinen guten Glauben bei der Durchführung des Geschäfts nachweisen kann und vernünftige kaufmännische Standards des fairen Handels benutzt hat. Ungewöhnliche oder verdächtige Umstände zerstören den guten Glauben. Bei Nichtkaufleuten wird der gute Glaube als die „bona-fide-Käufer-Doktrin“ bezeichnet und führt zu ähnlichem Rechtsschutz.[3]
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Andy- Admin
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