Ethnische Religionen (auch traditionelle Religionen)
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Ethnische Religionen (auch traditionelle Religionen)
Ethnische Religionen (auch traditionelle Religionen) werden alle mündlich oder durch Rituale überlieferten Glaubenssysteme genannt, die im Allgemeinen auf einen relativ kleinen Kreis von lokalen Gemeinschaften beschränkt sind, welche durch eine gemeinsame Abstammung und/oder große Übereinstimmungen in Kultur, Brauchtum und Sprache verbunden sind.
Spezielle Kulte und Rituale prägen vielfach die religiösen Äußerungen traditioneller, lokaler Menschengruppen. (Feuertänzer der Baining aus Neubritannien)
Ursprünglich dienten solche Konzepte traditionellen Kulturen, das Umweltgeschehen gedanklich zu strukturieren, zu erklären bzw. für die Gesellschaft positiv zu beeinflussen; indem sie zugleich die Gemeinschaft, die natürliche Umwelt oder die vorgestellten transzendenten Wesen ansprachen. Im Gegensatz zu den Weltreligionen sind sie nach wie vor stärker auf das Hier und Heute ausgerichtet. Sie fördern zumeist die emotionale und spirituelle Bindung an Ethnie und Natur, was sich auch in ihrer Ethik und reichen Mythologien ausdrückt. Konzepte wie Erlösung oder die Hoffnung auf eine jenseitige Existenz finden sich kaum. Traditionelle Glaubenssysteme kennen keine Religionsstifter, keinen universellen Geltungsanspruch und keinen expliziten Moralkodex. Sie sind offen für fremde Einflüsse, so dass sich im Laufe der Jahrtausende eine große Vielfalt unterschiedlicher Vorstellungen und Ausprägungen entwickelt haben.
Es gibt weltweit tausende unterschiedlicher lokaler Glaubensvorstellungen. Seit den ersten Kontakten zu den Weltreligionen kam es weltweit zu erheblichen Missionsbestrebungen, um die „heidnischen“ Ideen auszulöschen. Ihre offizielle Anhängerschaft macht daher – soweit bekannt – nur noch vier Prozent der Weltbevölkerung aus. Die Tendenz ist stark abnehmend, da ihre Anhänger sich aus diversen pragmatischen Gründen immer häufiger zu einer Weltreligion bekennen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass sie die alten Traditionen völlig abgelegt haben und die neue Religion tatsächlich leben. Rein lokal entstandene, weitgehend unbeeinflusste religiöse Vorstellungen finden sich nur noch bei den wenigen isolierten Völkern der Tropen. Mehr oder weniger stark mit Elementen der Weltreligionen vermischt sind sie noch in entlegenen Wildnisregionen Nordkanadas, Ostgrönlands, Sibiriens und Australiens, in großen Teilen Schwarzafrikas, Indiens sowie in den Bergländern Südostasiens und Indonesiens anzutreffen.
Bezeichnungsproblematik
Da die Candomblé-Religion von Afrobrasilianern praktiziert wird, ist sie keine „indigene“, wohl aber eine „ethnische Religion“ (wenn auch mit katholischen Einflüssen)
„Ethnische Religion“ wird heute in Ermangelung einer Theorie der Religion als Sammelbezeichnung ohne Bezug zu einem bestimmten wissenschaftlichen Konzept verstanden.[1] Lediglich das Fehlen textlicher Aufzeichnungen religiöser Inhalte, die Einheit einer Volksgruppe (Ethnie) mit deren Glaubensinhalten und -praktiken, sowie eine vorrangig naturbezogene Spiritualität (in diversen Ausprägungen) sind allgemein anerkannte Abgrenzungskriterien.
Die Bezeichnung ist heute vor allem in der deutschen Ethnologie, seltener in der Kulturanthropologie üblich. Dort wie in der Religionswissenschaft werden zudem Bezeichnungen wie schriftlose Religionen, Stammesreligionen oder indigene Religionen verwendet. Früher übliche Bezeichnungen wie primitive oder archaische Religionen werden wegen ihrer abwertenden Tendenz und der ungenauen beziehungsweise irreführenden Begrifflichkeit („Natur“ im Gegensatz zu „Kultur“) von den meisten Wissenschaftlern abgelehnt oder nur unter Vorbehalt gebraucht. Dies gilt auch für den Begriff der „Urreligion“; und für den nach wie vor populären Begriff Naturreligionen, der missverständlich ist, weil er sich keineswegs auf die ganze Natur als Gegenstand religiöser Verehrung beschränkt und weil er oft mit einem vermeintlichen „Naturzustand“ des Menschen assoziiert wird. Aktuell wird auch das Wort „Religion“ in Bezug auf ethnische Konzepte von einigen Wissenschaftlern kritisiert, da der Begriff zu stark auf das Christentum und europäische Kulturen fixiert sei.
Jede bislang verwendete Kurzbezeichnung für solche Glaubenssysteme suggeriert mehr oder weniger eine religionswissenschaftliche Einheit. Tatsächlich handelt es sich jedoch um eine enorme Vielfalt religiöser Vorstellungen und Praktiken mit den unterschiedlichsten Ausprägungen, die nur aufgrund ihrer Fremdartigkeit als vermeintliche Einheit wahrgenommen werden.[2] Daher vermeiden die meisten heutigen Fachleute eine verallgemeinernde Begriffsdefinition.[3] Als behelfsmäßige Clusterbezeichnung hat sich „Ethnische Religionen“ bei einer Vielzahl gegenwärtiger Fachleute durchgesetzt.[Anm. 1]
Begriff oder Bezeichnung? Unterschiedliche Sichtweisen
Die Bezeichnung „Ethnische Religion“ taucht bereits 1821 bei Goethe in dem Erziehungsroman Wilhelm Meisters Wanderjahre auf.[4] Schon zu Goethes Zeit bestand Uneinigkeit über den Begriff.[Anm. 2] Die Verwendung der Bezeichnung ethnische Religion in den modernen Wissenschaften – die heute als neutraler Ersatz für diverse andere irreführende oder abwertende Ausdrücke benutzt wird[5] – verwendet den von Wilhelm Emil Mühlmann eingeführten Fachbegriff ethnisch (altgriechisch éthnos „[fremdes] Volk“), der in diversen Mehrwortbenennungen zu finden ist.[5]
Seit jeher steht die Ethnologie vor dem Problem, „fremde“ Vorstellungen in eigenen Begriffen zu beschreiben. Bei der Religionsethnologie beginnt die Problematik jedoch bereits in der eigenen Kultur mit dem Begriff der „Religion“:[6]
„Religion“ ist ein weltlicher Fachbegriff, der ursprünglich nur in europäischen Sprachen vorkam und in anderen Sprachen keine Entsprechung hat. Indigene Völker verbinden damit zumeist nur das Christentum und die Kirche. Ihre eigenen traditionellen Vorstellungen und Praktiken fassen sie hingegen als „etwas anderes“ auf, aber nicht als Religion. Die Menschen sehen häufig keinen Widerspruch darin, sich etwa zur katholischen Religion zu bekennen, obwohl fast alle Rituale und transzendenten Vorstellungen nach wie vor den Überlieferungen folgen. Es führt im Gegenteil eher zum Erstaunen, wenn auch der alte Glaube Religion genannt wird.
Die klare Trennung von Kirche und Staat und nicht zuletzt der Kontakt zu fremden Kulturen führte in den europäischen Wissenschaften zu einer deutlichen Schärfung des Begriffes „Religion“ und der damit verbundenen Merkmale. Diese Festlegung ist jedoch künstlich, denn sie vermittelt den Eindruck, religiöse Äußerungen seien etwas Eigenständiges, vom Alltag Abtrennbares. Vermutlich werden die meisten Gläubigen, gleich welcher Tradition, dieser Ansicht widersprechen. Der Religionsbegriff – als Integration von Anschauungssystem, Ethik und Ritual[7] – ist lediglich hilfreich, um einen Oberbegriff für Glaubensdinge zu haben und andere weltanschauliche Systeme davon abzugrenzen.
Bei der Übertragung auf fremde Kulturen wird dieser Oberbegriff jedoch ad absurdum geführt, da seine festliegenden Unterbegriffe (etwa Gott, unsterbliche Seele, Himmel und Hölle, Offenbarung u.v.a.) zwangsläufig mit transportiert werden. So entsteht ein begriffliches Dilemma:
Aus der Sicht „des Westens“ ist es heute vor dem Hintergrund der lange Zeit evolutionistisch geprägten Forschungsgeschichte politisch korrekt, alle umfassenden Glaubenssysteme mit entsprechenden Ritualen, Gemeinschaften, ethischen Grundsätzen und einem eigenen Weltbild als Religion zu bezeichnen.
Aus der Sicht „der Fremden“ ist es jedoch genauso verständlich, dass sie ihre ganz andersartigen Vorstellungen nicht mit demselben Begriff belegen möchten, den die Kolonialherren als Synonym für das Christentum oder den Islam mitbrachten.
Aus der Perspektive der Fremden müssten die sogenannten „ethnischen Religionen“ nach einem Vorschlag der Ethnologin und Religionswissenschaftlerin Bettina E. Schmidt eher „[…] Systeme von Glaubensvorstellungen und Praktiken, die eine Bedeutung für eine bestimmte Gruppe, in einem bestimmten historischen und kulturellen Kontext haben.“[8] genannt werden.
Internationaler Gebrauch des Begriffs
Zoroastrier aus Persien: Beispiel für eine sogenannte ethnisch-religiöse Gruppe, jedoch nach deutschem Sprachgebrauch keine ethnische Religion
In der englischen Sprache wird der Begriff als Ersatz für den in den 1970er Jahren von Andrew Walls von der Universität Aberdeen geprägten Begriff der primal religion und für den von seinem Schüler James Cox verwendeten Begriff indigenous religion seit den 1990er Jahren gebraucht.[9]
Abweichend vom deutschen Sprachgebrauch wird er im angelsächsischen Sprachraum auch für die Anhänger von Schriftreligionen verwendet, die in einer Ethnie oder Nation fest verankert sind wie z. B. Hindus oder Parsen. Handelt es sich dabei um kleinere Ethnien innerhalb einer anderen, dominierenden Religion, werden sie in der deutschen Sprache oft als ethnisch-religiöse Gruppen bezeichnet. Die hier beschriebenen ethnischen Religionen werden im Englischen eher mit Begriffen wie tribal religion oder primal religion angesprochen, die jedoch oft als abwertend empfunden werden.[10] Der ebenfalls benutzte Begriff folk religion bezieht sich hingegen vor allem auf das Fehlen von komplexen Institutionalisierungsformen, Klerus und schriftlichen Überlieferungen eines Systems religiöser und nicht-religiöser Alltagspraktiken wie z. B. des chinesischen Volksglaubens oder auch der Cargo-Kulte.
Im Französischen werden die Begriffe réligion tribale (Stammesreligion), réligion traditionelle (mit Zusatz, z. B. africaine) und réligion ethnique fast synonym verwendet. Im Spanischen wird hingegen religión étnica als Bezeichnung sowohl für ethnisch-religiöse Gruppen als auch für ethnische Religionen im hier definierten Sinn benutzt und dem Begriff der réligion universal gegenübergestellt.
Das Problem der begrifflichen Abgrenzung wird auch daran deutlich, dass sich im 1998 gegründeten European Congress of Ethnic Religions (ECER) u. a. Hindus, aber auch Anhänger neopaganer Bewegungen organisieren.
Abgrenzungsmerkmale
„Es gibt etwas, das unser spirituelles Verstehen öffnet – selbst wenn wir nicht Gott anbeten – das ist die Natur.“
– Aama (Gurung, Südasien)[11]
Es führt zwangsläufig zu Missverständnissen, wenn wir versuchen, sehr Fremdes in den religiösen Begriffen der eigenen Kultur oder Religion zu beschreiben. So führen etwa die Begriffe Gott und Natur oder auch der abgeleitete Begriff Naturreligion zu Vorstellungen, die in anderen Kulturen vollkommen unterschiedliche Bedeutungen haben. Der beste Weg ist die Verwendung der fremden Begriffe und der Versuch, ihre Bedeutung zu erklären. Die moderne Religionsethnologie untersucht vor allem individuelle religiöse Erfahrungen in ihrem sozialen, kulturellen und/oder historischen Zusammenhang, ohne sie „trennscharf“ einer bestimmten Religion zuzuordnen. Insbesondere bei den wandelbaren mündlich überlieferten Traditionen weichen die Aussagen verschiedener Anhänger so weit voneinander ab, dass es schon schwierig ist, sie unter dem Begriff einer bestimmten „Religion“ widerspruchsfrei zusammenzufassen. Noch weitergehende Abstraktionen durch Wissenschaftler wie etwa die Konzepte des Schamanismus oder Animismus, die das Gedankengut vollkommen unterschiedlicher Ethnien vereinheitlichen sollen, sind daher heute zumeist obsolet. Das soll allerdings nicht heißen, dass es keine unscharfen Übereinstimmungen oder indigenen Konzepte gäbe. Sie gehen nur weit über das hinaus, was Menschen europäischer Kulturen mit dem Begriff „Religion“ verbinden.[12]
Folgende Übereinstimmungen und Konzepte werden häufig genannt:
Ethnische Begrenzung
Die ethnischen Religionen sind im Allgemeinen auf einen relativ kleinen Kreis von Anhängern beschränkt, die sich durch eine gemeinsame Abstammung und/oder Kultur (Sprache, Geschichte, Subsistenzweise, Bräuche … und eben Religion) selbst als abgrenzbare Gruppe identifizieren und die meistens in einem eng begrenzten Siedlungsgebiet leben.[13] Ausnahmen nach der Größe sind Voodoo mit rund 60 Mio. Anhängern und einer weltweiten Verbreitung in etlichen Lokalgruppen und der Shintoismus Japans mit (bis zu 80?) Millionen Anhängern.
Der Terminus „ethnisch“ umfasst wohlgemerkt nicht nur homogene Minderheiten oder Abstammungsgruppen, sondern ebenso heterogene Gruppen, die sich dennoch aufgrund bestimmter kultureller Gemeinsamkeiten zusammengehörig fühlen. So gehen etwa einige afrikanische Religionen oder die bemerkenswert einheitliche polynesische Religion weit über einzelne „Stammesgrenzen“ hinaus. Durch die sich beschleunigenden Migrationsbewegungen vor allem in Afrika kommt es zudem zu einem verstärkten Synkretismus von Elementen ethnischer Religionen; doch werden diese damit auch zu einem wichtigen Faktor sozialer Inklusion bzw. Exklusion.[14]
Schriftlosigkeit
Das Merkmal, mit dem die ethnischen Religionen „per Definition“ von den Buchreligionen abgrenzt werden, ist ihre Schriftlosigkeit.[15] Die religiösen Traditionen werden seit alters her (aus westlicher Sicht) nur mündlich und über tradierte Ritualpraktiken weitergegeben. Dies schließt allerdings nicht aus, dass es aus der Perspektive fremder Ethnien eine Bewahrung religiöser Inhalte über verschiedenste Arten von Zeichen und Symbolen oder das „Lesen“ von natürlichen Objekten oder Artefakten gibt. Die scharfe Trennung zwischen Realität und Aufzeichnung (welcher Art auch immer) ist eine westliche Vorstellung. Das Fehlen von heiligen Schriften macht diese Religionen je nach der kollektiven Geschichte sowie der individuellen Auffassung der Menschen sehr wandelbar. Im Gegensatz zu religiösen Büchern – die zumindest den Schriftkundigen offenstehen –, wird das Wissen von den religiösen Spezialisten ethnischer Religionen oftmals geheim gehalten.[16] Während die statischen Texte der auf heiligen Schriften basierenden Religionen im Zuge des kulturellen Wandels immer wieder neu gedeutet und ggf. in einer säkularisierten Sprache formuliert werden müssen, da die Gläubigen sie sonst nicht mehr verstehen,[Anm. 3] müssen sich mündliche Überlieferungen dem Verständniswandel zwangsläufig kontinuierlich anpassen.
Einen Grenzfall bildet die germanische Religion. Aus der langen Zeit des Übergangs von der schriftlosen zur Schriftkultur von ca. 600 bis 1200 sind eine Reihe von rituellen Texten und Formeln mit magischer Bedeutung als Runentexte überliefert, die wohl nur für eine kleine Elite verständlich waren, aber innerhalb dieser in rudimentär schriftlicher Form tradiert wurden. Hinzu kommt die schriftliche Fixierung von mündlichen Überlieferungen während oder unmittelbar nach der Christianisierung. Obwohl es sich bei den Liedern der Älteren Edda um Mythen und nicht um sakrale Texte handelte, werden in anderen Quellen, so vor allem in der recht neutral über die heidnischen Bräuche berichtenden Snorra-Edda auch religiöse Rituale beschrieben, die im Alltag der christlichen Zeit nachwirkten. Ihr Fortleben in den Darstellungen wurde von Snorri als für Christen nicht ungefährlich empfunden. Das gilt wohl auch für die Präsentation der altgermanischen Götterwelt in den Mythen und Liedern der Älteren Edda. Die Entstehung und Überlieferung einer komplexen Kosmologie mit einer Chronologie der Ereignisse, wie sie in der Völuspá und in Gylfaginning dargestellt ist, hätte jedoch die Existenz einer entwickelten Schriftkultur zur Voraussetzung; entweder handelt es sich dabei um nachträgliche Systematisierungen oder es existieren – wie Andreas Heusler vermutete – tatsächlich ältere schriftliche Vorlagen, die verschollen sind.[17]
Eine Besonderheit kennzeichnet auch den Shintoismus. Aus dem 8. Jahrhundert, also der Zeit der Verbreitung des Buddhismus in Japan und des Übergangs von der chinesischen Schrift zu einer phonetischen Schreibweise des Japanischen mit chinesischen Buchstaben, stammen mit den Schriften Kojiki und Nihonshoki Sammlungen von Mythen, die zwar keine sakrale Bedeutung besaßen, aber doch die Fortexistenz der shintoistischen Tradition unterstützten. Erst nach der Meiji-Restauration 1868 wurden sie im Rahmen des Staats-Shintō kanonisiert.
Fehlende Stifter
Als weiteres Merkmal führt Hans-Jürgen Greschat das Fehlen von Religionsstiftern an. Unabhängig davon, ob die jeweiligen Weltentstehungsmythen einen Schöpfer enthalten oder nicht, beginnt die Geschichte aller ethnischer Religionen mit der Urzeit, in der die kosmische Ordnung entstand. Stifterpersönlichkeiten wie Moses, Jesus, Mohammed oder Buddha kommen offenbar nur auf, wenn diese ursprüngliche Balance durch einen verstärkten Wandel in sich „aufheizenden Kulturen“ zu wanken beginnt.[16] Die Rituale der ethnischen Religionen orientieren sich dementsprechend nicht am Leben eines Stifters, sondern meist am agrarischen Jahreskreislauf und am Mondkalender.
Fehlender missionarischer Auftrag
Im Gegensatz zu den missionierenden Universalreligionen kennen weder die großen Volksreligionen (Hinduismus, Daoismus, Jüdische Religion) noch die kleinen „Stammesreligionen“ einen (göttlichen) Auftrag zur Bekehrung Andersgläubiger. Mit der Geburt wird man in die Religion „hineingeboren“ und die jeweiligen religiösen Vorstellungen werden fast überall nur auf das eigene Volk bzw. die Kulturgruppe bezogen und nicht auf andere übertragen.[13] Mission ist somit ein fremder Gedanke.
Diese Einstellung begünstigt allerdings häufig den Einfluss von Weltreligionen, da fremde Glaubenssätze in der Regel respektiert und nicht als „Irr“- oder „Aberglaube“ aufgefasst werden.[16]
Weiteres dazu im Link:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ethnische_Religionen
Spezielle Kulte und Rituale prägen vielfach die religiösen Äußerungen traditioneller, lokaler Menschengruppen. (Feuertänzer der Baining aus Neubritannien)
Ursprünglich dienten solche Konzepte traditionellen Kulturen, das Umweltgeschehen gedanklich zu strukturieren, zu erklären bzw. für die Gesellschaft positiv zu beeinflussen; indem sie zugleich die Gemeinschaft, die natürliche Umwelt oder die vorgestellten transzendenten Wesen ansprachen. Im Gegensatz zu den Weltreligionen sind sie nach wie vor stärker auf das Hier und Heute ausgerichtet. Sie fördern zumeist die emotionale und spirituelle Bindung an Ethnie und Natur, was sich auch in ihrer Ethik und reichen Mythologien ausdrückt. Konzepte wie Erlösung oder die Hoffnung auf eine jenseitige Existenz finden sich kaum. Traditionelle Glaubenssysteme kennen keine Religionsstifter, keinen universellen Geltungsanspruch und keinen expliziten Moralkodex. Sie sind offen für fremde Einflüsse, so dass sich im Laufe der Jahrtausende eine große Vielfalt unterschiedlicher Vorstellungen und Ausprägungen entwickelt haben.
Es gibt weltweit tausende unterschiedlicher lokaler Glaubensvorstellungen. Seit den ersten Kontakten zu den Weltreligionen kam es weltweit zu erheblichen Missionsbestrebungen, um die „heidnischen“ Ideen auszulöschen. Ihre offizielle Anhängerschaft macht daher – soweit bekannt – nur noch vier Prozent der Weltbevölkerung aus. Die Tendenz ist stark abnehmend, da ihre Anhänger sich aus diversen pragmatischen Gründen immer häufiger zu einer Weltreligion bekennen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass sie die alten Traditionen völlig abgelegt haben und die neue Religion tatsächlich leben. Rein lokal entstandene, weitgehend unbeeinflusste religiöse Vorstellungen finden sich nur noch bei den wenigen isolierten Völkern der Tropen. Mehr oder weniger stark mit Elementen der Weltreligionen vermischt sind sie noch in entlegenen Wildnisregionen Nordkanadas, Ostgrönlands, Sibiriens und Australiens, in großen Teilen Schwarzafrikas, Indiens sowie in den Bergländern Südostasiens und Indonesiens anzutreffen.
Bezeichnungsproblematik
Da die Candomblé-Religion von Afrobrasilianern praktiziert wird, ist sie keine „indigene“, wohl aber eine „ethnische Religion“ (wenn auch mit katholischen Einflüssen)
„Ethnische Religion“ wird heute in Ermangelung einer Theorie der Religion als Sammelbezeichnung ohne Bezug zu einem bestimmten wissenschaftlichen Konzept verstanden.[1] Lediglich das Fehlen textlicher Aufzeichnungen religiöser Inhalte, die Einheit einer Volksgruppe (Ethnie) mit deren Glaubensinhalten und -praktiken, sowie eine vorrangig naturbezogene Spiritualität (in diversen Ausprägungen) sind allgemein anerkannte Abgrenzungskriterien.
Die Bezeichnung ist heute vor allem in der deutschen Ethnologie, seltener in der Kulturanthropologie üblich. Dort wie in der Religionswissenschaft werden zudem Bezeichnungen wie schriftlose Religionen, Stammesreligionen oder indigene Religionen verwendet. Früher übliche Bezeichnungen wie primitive oder archaische Religionen werden wegen ihrer abwertenden Tendenz und der ungenauen beziehungsweise irreführenden Begrifflichkeit („Natur“ im Gegensatz zu „Kultur“) von den meisten Wissenschaftlern abgelehnt oder nur unter Vorbehalt gebraucht. Dies gilt auch für den Begriff der „Urreligion“; und für den nach wie vor populären Begriff Naturreligionen, der missverständlich ist, weil er sich keineswegs auf die ganze Natur als Gegenstand religiöser Verehrung beschränkt und weil er oft mit einem vermeintlichen „Naturzustand“ des Menschen assoziiert wird. Aktuell wird auch das Wort „Religion“ in Bezug auf ethnische Konzepte von einigen Wissenschaftlern kritisiert, da der Begriff zu stark auf das Christentum und europäische Kulturen fixiert sei.
Jede bislang verwendete Kurzbezeichnung für solche Glaubenssysteme suggeriert mehr oder weniger eine religionswissenschaftliche Einheit. Tatsächlich handelt es sich jedoch um eine enorme Vielfalt religiöser Vorstellungen und Praktiken mit den unterschiedlichsten Ausprägungen, die nur aufgrund ihrer Fremdartigkeit als vermeintliche Einheit wahrgenommen werden.[2] Daher vermeiden die meisten heutigen Fachleute eine verallgemeinernde Begriffsdefinition.[3] Als behelfsmäßige Clusterbezeichnung hat sich „Ethnische Religionen“ bei einer Vielzahl gegenwärtiger Fachleute durchgesetzt.[Anm. 1]
Begriff oder Bezeichnung? Unterschiedliche Sichtweisen
Die Bezeichnung „Ethnische Religion“ taucht bereits 1821 bei Goethe in dem Erziehungsroman Wilhelm Meisters Wanderjahre auf.[4] Schon zu Goethes Zeit bestand Uneinigkeit über den Begriff.[Anm. 2] Die Verwendung der Bezeichnung ethnische Religion in den modernen Wissenschaften – die heute als neutraler Ersatz für diverse andere irreführende oder abwertende Ausdrücke benutzt wird[5] – verwendet den von Wilhelm Emil Mühlmann eingeführten Fachbegriff ethnisch (altgriechisch éthnos „[fremdes] Volk“), der in diversen Mehrwortbenennungen zu finden ist.[5]
Seit jeher steht die Ethnologie vor dem Problem, „fremde“ Vorstellungen in eigenen Begriffen zu beschreiben. Bei der Religionsethnologie beginnt die Problematik jedoch bereits in der eigenen Kultur mit dem Begriff der „Religion“:[6]
„Religion“ ist ein weltlicher Fachbegriff, der ursprünglich nur in europäischen Sprachen vorkam und in anderen Sprachen keine Entsprechung hat. Indigene Völker verbinden damit zumeist nur das Christentum und die Kirche. Ihre eigenen traditionellen Vorstellungen und Praktiken fassen sie hingegen als „etwas anderes“ auf, aber nicht als Religion. Die Menschen sehen häufig keinen Widerspruch darin, sich etwa zur katholischen Religion zu bekennen, obwohl fast alle Rituale und transzendenten Vorstellungen nach wie vor den Überlieferungen folgen. Es führt im Gegenteil eher zum Erstaunen, wenn auch der alte Glaube Religion genannt wird.
Die klare Trennung von Kirche und Staat und nicht zuletzt der Kontakt zu fremden Kulturen führte in den europäischen Wissenschaften zu einer deutlichen Schärfung des Begriffes „Religion“ und der damit verbundenen Merkmale. Diese Festlegung ist jedoch künstlich, denn sie vermittelt den Eindruck, religiöse Äußerungen seien etwas Eigenständiges, vom Alltag Abtrennbares. Vermutlich werden die meisten Gläubigen, gleich welcher Tradition, dieser Ansicht widersprechen. Der Religionsbegriff – als Integration von Anschauungssystem, Ethik und Ritual[7] – ist lediglich hilfreich, um einen Oberbegriff für Glaubensdinge zu haben und andere weltanschauliche Systeme davon abzugrenzen.
Bei der Übertragung auf fremde Kulturen wird dieser Oberbegriff jedoch ad absurdum geführt, da seine festliegenden Unterbegriffe (etwa Gott, unsterbliche Seele, Himmel und Hölle, Offenbarung u.v.a.) zwangsläufig mit transportiert werden. So entsteht ein begriffliches Dilemma:
Aus der Sicht „des Westens“ ist es heute vor dem Hintergrund der lange Zeit evolutionistisch geprägten Forschungsgeschichte politisch korrekt, alle umfassenden Glaubenssysteme mit entsprechenden Ritualen, Gemeinschaften, ethischen Grundsätzen und einem eigenen Weltbild als Religion zu bezeichnen.
Aus der Sicht „der Fremden“ ist es jedoch genauso verständlich, dass sie ihre ganz andersartigen Vorstellungen nicht mit demselben Begriff belegen möchten, den die Kolonialherren als Synonym für das Christentum oder den Islam mitbrachten.
Aus der Perspektive der Fremden müssten die sogenannten „ethnischen Religionen“ nach einem Vorschlag der Ethnologin und Religionswissenschaftlerin Bettina E. Schmidt eher „[…] Systeme von Glaubensvorstellungen und Praktiken, die eine Bedeutung für eine bestimmte Gruppe, in einem bestimmten historischen und kulturellen Kontext haben.“[8] genannt werden.
Internationaler Gebrauch des Begriffs
Zoroastrier aus Persien: Beispiel für eine sogenannte ethnisch-religiöse Gruppe, jedoch nach deutschem Sprachgebrauch keine ethnische Religion
In der englischen Sprache wird der Begriff als Ersatz für den in den 1970er Jahren von Andrew Walls von der Universität Aberdeen geprägten Begriff der primal religion und für den von seinem Schüler James Cox verwendeten Begriff indigenous religion seit den 1990er Jahren gebraucht.[9]
Abweichend vom deutschen Sprachgebrauch wird er im angelsächsischen Sprachraum auch für die Anhänger von Schriftreligionen verwendet, die in einer Ethnie oder Nation fest verankert sind wie z. B. Hindus oder Parsen. Handelt es sich dabei um kleinere Ethnien innerhalb einer anderen, dominierenden Religion, werden sie in der deutschen Sprache oft als ethnisch-religiöse Gruppen bezeichnet. Die hier beschriebenen ethnischen Religionen werden im Englischen eher mit Begriffen wie tribal religion oder primal religion angesprochen, die jedoch oft als abwertend empfunden werden.[10] Der ebenfalls benutzte Begriff folk religion bezieht sich hingegen vor allem auf das Fehlen von komplexen Institutionalisierungsformen, Klerus und schriftlichen Überlieferungen eines Systems religiöser und nicht-religiöser Alltagspraktiken wie z. B. des chinesischen Volksglaubens oder auch der Cargo-Kulte.
Im Französischen werden die Begriffe réligion tribale (Stammesreligion), réligion traditionelle (mit Zusatz, z. B. africaine) und réligion ethnique fast synonym verwendet. Im Spanischen wird hingegen religión étnica als Bezeichnung sowohl für ethnisch-religiöse Gruppen als auch für ethnische Religionen im hier definierten Sinn benutzt und dem Begriff der réligion universal gegenübergestellt.
Das Problem der begrifflichen Abgrenzung wird auch daran deutlich, dass sich im 1998 gegründeten European Congress of Ethnic Religions (ECER) u. a. Hindus, aber auch Anhänger neopaganer Bewegungen organisieren.
Abgrenzungsmerkmale
„Es gibt etwas, das unser spirituelles Verstehen öffnet – selbst wenn wir nicht Gott anbeten – das ist die Natur.“
– Aama (Gurung, Südasien)[11]
Es führt zwangsläufig zu Missverständnissen, wenn wir versuchen, sehr Fremdes in den religiösen Begriffen der eigenen Kultur oder Religion zu beschreiben. So führen etwa die Begriffe Gott und Natur oder auch der abgeleitete Begriff Naturreligion zu Vorstellungen, die in anderen Kulturen vollkommen unterschiedliche Bedeutungen haben. Der beste Weg ist die Verwendung der fremden Begriffe und der Versuch, ihre Bedeutung zu erklären. Die moderne Religionsethnologie untersucht vor allem individuelle religiöse Erfahrungen in ihrem sozialen, kulturellen und/oder historischen Zusammenhang, ohne sie „trennscharf“ einer bestimmten Religion zuzuordnen. Insbesondere bei den wandelbaren mündlich überlieferten Traditionen weichen die Aussagen verschiedener Anhänger so weit voneinander ab, dass es schon schwierig ist, sie unter dem Begriff einer bestimmten „Religion“ widerspruchsfrei zusammenzufassen. Noch weitergehende Abstraktionen durch Wissenschaftler wie etwa die Konzepte des Schamanismus oder Animismus, die das Gedankengut vollkommen unterschiedlicher Ethnien vereinheitlichen sollen, sind daher heute zumeist obsolet. Das soll allerdings nicht heißen, dass es keine unscharfen Übereinstimmungen oder indigenen Konzepte gäbe. Sie gehen nur weit über das hinaus, was Menschen europäischer Kulturen mit dem Begriff „Religion“ verbinden.[12]
Folgende Übereinstimmungen und Konzepte werden häufig genannt:
Ethnische Begrenzung
Die ethnischen Religionen sind im Allgemeinen auf einen relativ kleinen Kreis von Anhängern beschränkt, die sich durch eine gemeinsame Abstammung und/oder Kultur (Sprache, Geschichte, Subsistenzweise, Bräuche … und eben Religion) selbst als abgrenzbare Gruppe identifizieren und die meistens in einem eng begrenzten Siedlungsgebiet leben.[13] Ausnahmen nach der Größe sind Voodoo mit rund 60 Mio. Anhängern und einer weltweiten Verbreitung in etlichen Lokalgruppen und der Shintoismus Japans mit (bis zu 80?) Millionen Anhängern.
Der Terminus „ethnisch“ umfasst wohlgemerkt nicht nur homogene Minderheiten oder Abstammungsgruppen, sondern ebenso heterogene Gruppen, die sich dennoch aufgrund bestimmter kultureller Gemeinsamkeiten zusammengehörig fühlen. So gehen etwa einige afrikanische Religionen oder die bemerkenswert einheitliche polynesische Religion weit über einzelne „Stammesgrenzen“ hinaus. Durch die sich beschleunigenden Migrationsbewegungen vor allem in Afrika kommt es zudem zu einem verstärkten Synkretismus von Elementen ethnischer Religionen; doch werden diese damit auch zu einem wichtigen Faktor sozialer Inklusion bzw. Exklusion.[14]
Schriftlosigkeit
Das Merkmal, mit dem die ethnischen Religionen „per Definition“ von den Buchreligionen abgrenzt werden, ist ihre Schriftlosigkeit.[15] Die religiösen Traditionen werden seit alters her (aus westlicher Sicht) nur mündlich und über tradierte Ritualpraktiken weitergegeben. Dies schließt allerdings nicht aus, dass es aus der Perspektive fremder Ethnien eine Bewahrung religiöser Inhalte über verschiedenste Arten von Zeichen und Symbolen oder das „Lesen“ von natürlichen Objekten oder Artefakten gibt. Die scharfe Trennung zwischen Realität und Aufzeichnung (welcher Art auch immer) ist eine westliche Vorstellung. Das Fehlen von heiligen Schriften macht diese Religionen je nach der kollektiven Geschichte sowie der individuellen Auffassung der Menschen sehr wandelbar. Im Gegensatz zu religiösen Büchern – die zumindest den Schriftkundigen offenstehen –, wird das Wissen von den religiösen Spezialisten ethnischer Religionen oftmals geheim gehalten.[16] Während die statischen Texte der auf heiligen Schriften basierenden Religionen im Zuge des kulturellen Wandels immer wieder neu gedeutet und ggf. in einer säkularisierten Sprache formuliert werden müssen, da die Gläubigen sie sonst nicht mehr verstehen,[Anm. 3] müssen sich mündliche Überlieferungen dem Verständniswandel zwangsläufig kontinuierlich anpassen.
Einen Grenzfall bildet die germanische Religion. Aus der langen Zeit des Übergangs von der schriftlosen zur Schriftkultur von ca. 600 bis 1200 sind eine Reihe von rituellen Texten und Formeln mit magischer Bedeutung als Runentexte überliefert, die wohl nur für eine kleine Elite verständlich waren, aber innerhalb dieser in rudimentär schriftlicher Form tradiert wurden. Hinzu kommt die schriftliche Fixierung von mündlichen Überlieferungen während oder unmittelbar nach der Christianisierung. Obwohl es sich bei den Liedern der Älteren Edda um Mythen und nicht um sakrale Texte handelte, werden in anderen Quellen, so vor allem in der recht neutral über die heidnischen Bräuche berichtenden Snorra-Edda auch religiöse Rituale beschrieben, die im Alltag der christlichen Zeit nachwirkten. Ihr Fortleben in den Darstellungen wurde von Snorri als für Christen nicht ungefährlich empfunden. Das gilt wohl auch für die Präsentation der altgermanischen Götterwelt in den Mythen und Liedern der Älteren Edda. Die Entstehung und Überlieferung einer komplexen Kosmologie mit einer Chronologie der Ereignisse, wie sie in der Völuspá und in Gylfaginning dargestellt ist, hätte jedoch die Existenz einer entwickelten Schriftkultur zur Voraussetzung; entweder handelt es sich dabei um nachträgliche Systematisierungen oder es existieren – wie Andreas Heusler vermutete – tatsächlich ältere schriftliche Vorlagen, die verschollen sind.[17]
Eine Besonderheit kennzeichnet auch den Shintoismus. Aus dem 8. Jahrhundert, also der Zeit der Verbreitung des Buddhismus in Japan und des Übergangs von der chinesischen Schrift zu einer phonetischen Schreibweise des Japanischen mit chinesischen Buchstaben, stammen mit den Schriften Kojiki und Nihonshoki Sammlungen von Mythen, die zwar keine sakrale Bedeutung besaßen, aber doch die Fortexistenz der shintoistischen Tradition unterstützten. Erst nach der Meiji-Restauration 1868 wurden sie im Rahmen des Staats-Shintō kanonisiert.
Fehlende Stifter
Als weiteres Merkmal führt Hans-Jürgen Greschat das Fehlen von Religionsstiftern an. Unabhängig davon, ob die jeweiligen Weltentstehungsmythen einen Schöpfer enthalten oder nicht, beginnt die Geschichte aller ethnischer Religionen mit der Urzeit, in der die kosmische Ordnung entstand. Stifterpersönlichkeiten wie Moses, Jesus, Mohammed oder Buddha kommen offenbar nur auf, wenn diese ursprüngliche Balance durch einen verstärkten Wandel in sich „aufheizenden Kulturen“ zu wanken beginnt.[16] Die Rituale der ethnischen Religionen orientieren sich dementsprechend nicht am Leben eines Stifters, sondern meist am agrarischen Jahreskreislauf und am Mondkalender.
Fehlender missionarischer Auftrag
Im Gegensatz zu den missionierenden Universalreligionen kennen weder die großen Volksreligionen (Hinduismus, Daoismus, Jüdische Religion) noch die kleinen „Stammesreligionen“ einen (göttlichen) Auftrag zur Bekehrung Andersgläubiger. Mit der Geburt wird man in die Religion „hineingeboren“ und die jeweiligen religiösen Vorstellungen werden fast überall nur auf das eigene Volk bzw. die Kulturgruppe bezogen und nicht auf andere übertragen.[13] Mission ist somit ein fremder Gedanke.
Diese Einstellung begünstigt allerdings häufig den Einfluss von Weltreligionen, da fremde Glaubenssätze in der Regel respektiert und nicht als „Irr“- oder „Aberglaube“ aufgefasst werden.[16]
Weiteres dazu im Link:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ethnische_Religionen
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