König: Atom-Abfälle nicht verstecken
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König: Atom-Abfälle nicht verstecken
Strahlenschutz-Chef aus Salzgitter: Wir brauchen Plan B bei Endlagersuche
Das Bundesamt für Strahlenschutz mit Sitz in Salzgitter begrüßt Vorschläge für eine bundesweite Suche nach einem Endlager für hochradioaktiven Atommüll und warnt vor einer „Bunker-Lösung“ bei der Entsorgung. „Aus Rechtssicherheitsgründen ist es sinnvoll, immer einen Plan B zu haben“, sagte Präsident Wolfram König.
Daher sei der Vorschlag Baden-Württembergs, bis 2014 vier mögliche Alternativen zu Gorleben zu suchen, eine Diskussionsgrundlage, so Deutschlands oberster Strahlenschützer. Auf jeden Fall müsse das Problem jetzt angegangen werden.
Redakteur Georg Ismar (dpa) sprach mit dem BfS-Präsidenten:
Herr König, Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander hat für die Atommüll-Entsorgung angesichts der Zweifel an Gorleben eine „Bunker-Lösung“ ins Spiel gebracht. Ist das realistisch?
König: „Alle Lösungen, die nur ein Verstecken der Abfälle und ein Weggucken provozieren ohne das Problem langfristig zu lösen, sind ungeeignet. Wir sollten nicht den Staffelstab des Entsorgungsproblems einfach an zukünftige Generationen weitergeben. Dies auch vor dem Hintergrund, dass wir als Gesellschaft nicht in der Lage sind, über einen längeren Zeitraum das Bewusstsein für die von den Abfällen ausgehenden Gefahren, beispielsweise in Bunkerverstecken für Abfälle, aufrecht zu erhalten. Als bestes Beispiel kann ich auf die Asse (das Atomendlager bei Remlingen im Landkreis Wolfenbüttel; die Redaktion) verweisen. Da ist es ja nicht einmal gelungen, bei einem offen gehaltenen, also nicht versteckten Bergwerk, das Bewusstsein über 20, 30 Jahre in der Gesellschaft zu erhalten.“
Wäre es nicht die weit einfachere Lösung, wenn ein anderes Land für viel Geld den deutschen Müll entsorgen würde?
König: „Wir haben diese Stoffe produziert, die ein enormes Gefährdungspotenzial haben. Auch aus ethischer Sicht stehen wir in der Pflicht, uns jetzt hier auf den Weg zu machen und nicht auf andere Länder zu schielen, in denen man das dann billiger entsorgen könnte. Das "billiger entsorgen" meine ich auch im Wortsinne: Denn bisher gibt es kein Land das gesagt hat, "ich übernehme Abfälle von anderen Staaten aus Sicherheitserwägungen". Wenn es Angebote oder Gespräche gab, war das immer verbunden mit ökonomischen Interessen. Und das ist, glaube ich, für die Sicherheit der Lagerung dieser Abfälle der schlechteste Ratgeber. Und was gerne vergessen wird, ist natürlich das Proliferationsrisiko (das Risiko der Weiterverbreitung und Weitergabe). Wir haben hier in der Bundesrepublik über einen relativ langen Zeitraum eine stabile politische Situation - aber es gibt keine Garantie für die Zukunft, dass sich irgendwann nicht doch Menschen dieser Stoffe in krimineller Absicht bemächtigen.“
Wie wichtig ist es, jetzt zu einer Lösung zu kommen?
König: „Es darf weder zu einer räumlichen noch zu einer zeitlichen Verschiebung des Problems kommen. Wenn das ökonomische Interesse der Abfallerzeuger an einer Lösung mit jedem weiteren Abschalten von Kraftwerken nachlässt, wird es umso schwieriger sein, noch die gesellschaftliche Kraft zu mobilisieren, dieses später zu lösen. Und mit dem Ausstieg aus der Atomenergie wird es natürlich auch einen Einschnitt geben bei dem Wissen um die Kernenergie. Ich kann mir nicht vorstellen, dass künftige Generationen unter diesen Bedingungen das Problem besser lösen können. Deshalb ist es so wichtig, nach dem parteiübergreifend getragenen Beschluss für einen Ausstieg aus der Kernenergie und einer Reduzierung der Abfallmengen jetzt auch einen möglichst breiten Konsens herzustellen für die Entsorgungsfrage.“
Was halten Sie in diesem Zusammenhang von dem Vorschlag Baden-Württembergs für eine bundesweite Suche?
König: „Das ist ein auf dem Ergebnis des Arbeitskreises Endlager aus dem Jahre 2002 aufbauender Vorschlag, in dem sich Befürworter und Gegner zusammengesetzt haben und ein Verfahren zur Suche entwickelt haben. Dieser Vorschlag ist von unseren Fachleuten und von mir immer begrüßt worden. Leider gab es damals nicht die politische Kraft, diese Vorstellungen auch durchzusetzen. Dadurch haben wir viel Zeit verloren. Die Vorschläge, die jetzt auf dem Tisch liegen, sind eine Diskussionsgrundlage. Übrigens, schon aus Rechtssicherheitsgründen ist es sinnvoll, immer einen Plan B zu haben.“
Könnte es riskant sein, nur auf Gorleben zu setzen?
König: „Gorleben ist vor 35 Jahren ausgesucht worden, und wir brauchen mindestens noch 15 Jahre, um die Eignung von Gorleben im Rahmen eines Planfeststellungsverfahren nachzuweisen. Und dann kommen noch die rechtlichen Auseinandersetzungen. Es wäre das schlechteste denkbare Ergebnis, wenn die geologische Eignung zwar festgestellt wird, dass aber ein Gericht aufgrund eines Verfahrensfehlers sagt, wir dürfen da nicht einlagern, etwa weil Alternativen nicht ausreichend geprüft worden sind. Das wäre der "Worst Case". In eine solche Situation dürfen wir uns nicht bringen. Für den Erfolg dieses Prozesses ist es unabdingbar, dass wir eine Lösung finden, die über Wahlen und Parteigrenzen hinaus hält. Wir können bei dieser Herausforderung nicht alle vier Jahre die Richtung wieder ändern.“
Quelle
Das Bundesamt für Strahlenschutz mit Sitz in Salzgitter begrüßt Vorschläge für eine bundesweite Suche nach einem Endlager für hochradioaktiven Atommüll und warnt vor einer „Bunker-Lösung“ bei der Entsorgung. „Aus Rechtssicherheitsgründen ist es sinnvoll, immer einen Plan B zu haben“, sagte Präsident Wolfram König.
Daher sei der Vorschlag Baden-Württembergs, bis 2014 vier mögliche Alternativen zu Gorleben zu suchen, eine Diskussionsgrundlage, so Deutschlands oberster Strahlenschützer. Auf jeden Fall müsse das Problem jetzt angegangen werden.
Redakteur Georg Ismar (dpa) sprach mit dem BfS-Präsidenten:
Herr König, Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander hat für die Atommüll-Entsorgung angesichts der Zweifel an Gorleben eine „Bunker-Lösung“ ins Spiel gebracht. Ist das realistisch?
König: „Alle Lösungen, die nur ein Verstecken der Abfälle und ein Weggucken provozieren ohne das Problem langfristig zu lösen, sind ungeeignet. Wir sollten nicht den Staffelstab des Entsorgungsproblems einfach an zukünftige Generationen weitergeben. Dies auch vor dem Hintergrund, dass wir als Gesellschaft nicht in der Lage sind, über einen längeren Zeitraum das Bewusstsein für die von den Abfällen ausgehenden Gefahren, beispielsweise in Bunkerverstecken für Abfälle, aufrecht zu erhalten. Als bestes Beispiel kann ich auf die Asse (das Atomendlager bei Remlingen im Landkreis Wolfenbüttel; die Redaktion) verweisen. Da ist es ja nicht einmal gelungen, bei einem offen gehaltenen, also nicht versteckten Bergwerk, das Bewusstsein über 20, 30 Jahre in der Gesellschaft zu erhalten.“
Wäre es nicht die weit einfachere Lösung, wenn ein anderes Land für viel Geld den deutschen Müll entsorgen würde?
König: „Wir haben diese Stoffe produziert, die ein enormes Gefährdungspotenzial haben. Auch aus ethischer Sicht stehen wir in der Pflicht, uns jetzt hier auf den Weg zu machen und nicht auf andere Länder zu schielen, in denen man das dann billiger entsorgen könnte. Das "billiger entsorgen" meine ich auch im Wortsinne: Denn bisher gibt es kein Land das gesagt hat, "ich übernehme Abfälle von anderen Staaten aus Sicherheitserwägungen". Wenn es Angebote oder Gespräche gab, war das immer verbunden mit ökonomischen Interessen. Und das ist, glaube ich, für die Sicherheit der Lagerung dieser Abfälle der schlechteste Ratgeber. Und was gerne vergessen wird, ist natürlich das Proliferationsrisiko (das Risiko der Weiterverbreitung und Weitergabe). Wir haben hier in der Bundesrepublik über einen relativ langen Zeitraum eine stabile politische Situation - aber es gibt keine Garantie für die Zukunft, dass sich irgendwann nicht doch Menschen dieser Stoffe in krimineller Absicht bemächtigen.“
Wie wichtig ist es, jetzt zu einer Lösung zu kommen?
König: „Es darf weder zu einer räumlichen noch zu einer zeitlichen Verschiebung des Problems kommen. Wenn das ökonomische Interesse der Abfallerzeuger an einer Lösung mit jedem weiteren Abschalten von Kraftwerken nachlässt, wird es umso schwieriger sein, noch die gesellschaftliche Kraft zu mobilisieren, dieses später zu lösen. Und mit dem Ausstieg aus der Atomenergie wird es natürlich auch einen Einschnitt geben bei dem Wissen um die Kernenergie. Ich kann mir nicht vorstellen, dass künftige Generationen unter diesen Bedingungen das Problem besser lösen können. Deshalb ist es so wichtig, nach dem parteiübergreifend getragenen Beschluss für einen Ausstieg aus der Kernenergie und einer Reduzierung der Abfallmengen jetzt auch einen möglichst breiten Konsens herzustellen für die Entsorgungsfrage.“
Was halten Sie in diesem Zusammenhang von dem Vorschlag Baden-Württembergs für eine bundesweite Suche?
König: „Das ist ein auf dem Ergebnis des Arbeitskreises Endlager aus dem Jahre 2002 aufbauender Vorschlag, in dem sich Befürworter und Gegner zusammengesetzt haben und ein Verfahren zur Suche entwickelt haben. Dieser Vorschlag ist von unseren Fachleuten und von mir immer begrüßt worden. Leider gab es damals nicht die politische Kraft, diese Vorstellungen auch durchzusetzen. Dadurch haben wir viel Zeit verloren. Die Vorschläge, die jetzt auf dem Tisch liegen, sind eine Diskussionsgrundlage. Übrigens, schon aus Rechtssicherheitsgründen ist es sinnvoll, immer einen Plan B zu haben.“
Könnte es riskant sein, nur auf Gorleben zu setzen?
König: „Gorleben ist vor 35 Jahren ausgesucht worden, und wir brauchen mindestens noch 15 Jahre, um die Eignung von Gorleben im Rahmen eines Planfeststellungsverfahren nachzuweisen. Und dann kommen noch die rechtlichen Auseinandersetzungen. Es wäre das schlechteste denkbare Ergebnis, wenn die geologische Eignung zwar festgestellt wird, dass aber ein Gericht aufgrund eines Verfahrensfehlers sagt, wir dürfen da nicht einlagern, etwa weil Alternativen nicht ausreichend geprüft worden sind. Das wäre der "Worst Case". In eine solche Situation dürfen wir uns nicht bringen. Für den Erfolg dieses Prozesses ist es unabdingbar, dass wir eine Lösung finden, die über Wahlen und Parteigrenzen hinaus hält. Wir können bei dieser Herausforderung nicht alle vier Jahre die Richtung wieder ändern.“
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