Zusatzstoffe in Zigaretten: Philip Morris soll Studien manipuliert haben
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Zusatzstoffe in Zigaretten: Philip Morris soll Studien manipuliert haben
Wie gefährlich sind Zusatzstoffe wie Menthol in Zigaretten? Gar nicht, sagt die Tabakindustrie und verweist auf Studien. Forscher werfen dem Konzern Philip Morris nun vor, gezielt Daten manipuliert und damit die Gesundheitsgefahr heruntergespielt zu haben.
Menthol, Feuchthaltemittel und Konservierungsstoffe: In Zigaretten ist weit mehr enthalten als nur Tabak. Zahlreiche Zusatzstoffe werden je nach Sorte beigemengt, um die Produkte haltbar zu machen und den Geschmack zu verändern. Die Schädlichkeit der Zusätze ist zwischen Industrie und Tabakgegnern umstritten. Wissenschaftler werfen nun dem Konzern Philip Morris vor, in der Diskussion gezielt negative Forschungsergebnisse heruntergespielt zu haben.
Die Autoren einer in der Fachzeitschrift "PLoS Medicine" veröffentlichten Studie werteten ursprünglich geheime Dokumente der Tabakindustrie aus, die im Zuge von Haftungsklagen öffentlich zugänglich gemacht werden mussten. Sie überprüften auf diese Weise Forschungsergebnisse von Philip Morris zur Wirkung von insgesamt 333 Zigaretten-Zusatzstoffen.
Ihr Ergebnis: Die Schlussfolgerung der Publikationen im Auftrag des Tabakkonzerns, wonach die Zusatzstoffe "nicht wesentlich zur Toxizität" von Zigaretten beitrügen, sei nicht zu halten. Tatsächlich hätten die Tests "zahlreiche negative biologische Konsequenzen" belegt.
Giftig und gesundheitsschädlich
Die Untersuchungen hätten gezeigt, dass die Zusätze sehr giftig und gesundheitsschädlich seien. Demnach erhöhen sie den Gehalt des Zigarettenrauchs an krebserregenden Chemikalien wie Arsen, Cadmium, Blei und Formaldehyd je nach Substanz um mindestens ein Fünftel und oft weit höher.
Bei der firmenintern als "Projekt MIX" bezeichneten Studie im Auftrag des Konzerns seien wissenschaftliche Standards umgangen worden, sagt der Mediziner Thomas Kyriss, der zu den Autoren der Überprüfungsarbeit gehört. So sei etwa die Zahl der Versuchstiere zu gering angesetzt worden. Auch von "nachträglichen Veränderungen in den Analyseprotokollen" berichtet der Lungenchirurg von der Klinik Schillerhöhe in Gerlingen bei Stuttgart gemeinsam mit seinen US-Kollegen. Zu kritisieren sei zudem die statistische Aufbereitung.
Kyriss wirft Philip Morris in dem Zusammenhang Manipulation und bewusste Täuschung vor - ein Vorgehen der Tabakindustrie, das in der Fachwelt seit Längerem bekannt, nun aber erstmals in Bezug auf Zusatzstoffe nachgewiesen worden sei. Der Konzern habe die schädliche Wirkung der umstrittenen Zusatzstoffe heruntergespielt, "um Politik und Öffentlichkeit insbesondere in den USA zu beeinflussen", sagt der Mediziner.
Nähe zur Industrie
Auch der Fachzeitschrift, in der einige der erneut unter die Lupe genommenen Studien veröffentlicht wurden, werfen die Herausgeber der aktuellen Untersuchung eine Nähe zur Tabakindustrie vor. So hätten ein Herausgeber und elf Mitglieder des Redaktionsbeirates Verbindungen zur Tabakindustrie. Wissenschaftler und Regulierungsbehörden sollten "nicht für bare Münze nehmen, was Wissenschaftler der Tabakindustrie als Forschungsergebnisse darbieten", fordern die Autoren.
Sie weisen dabei selbst auf Einschränkungen ihrer Studie hin: Da nur Daten aus Dokumenten untersucht werden konnten, die durch Haftungsklagen zugänglich wurden, würden noch entscheidende Informationen fehlen: Warum wurden genau diese Zusatzstoffe untersucht - und andere ignoriert? Und warum wurde die Stichprobengröße so gering gewählt? Zulassungsbehörden wie die US-amerikanische Food and Drug Administration sollte daher ihre Befugnisse einsetzen, um alle Datenquellen zu erhalten, fordern die Autoren.
Der Tabakkonzern Philip Morris wies die Vorwürfe zurück und bezweifelte seinerseits die Methode der Wissenschaftler, die lediglich unvollständige Unterlagen betrachtet hätten, die sie im Internet gefunden hätten. Die Ergebnisse der Ausgangsuntersuchungen, dass Zusatzstoffe die Schädlichkeit von Zigaretten nicht erhöhten, seien dadurch nicht widerlegt worden, teilte der Konzern mit. Auch andere "von Fachleuten überprüfte, umfassende Studien" seien zu diesem Ergebnis gekommen.
"Tabakverordnung muss verändert werden"
Tabakgegner dagegen hoffen, dass die neuen Ergebnisse ihren Anliegen Rückenwind verschaffen. Zu ihnen gehört Martina Pötschke-Langer vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg. Die Studie habe der Industrie "bewusste Veränderungen bei der Datenauswertung und der Bewertung der Studienergebnisse" nachgewiesen, sagt die Expertin: "Schon die Logik der Toxikologie sagt, dass die beigemengten Zusatzstoffe gesundheitsschädlich sind, wenn man sie verbrennt. Die Tabakverordnung muss deshalb grundsätzlich verändert werden."
Die Diskussion lebt zu einem Zeitpunkt wieder auf, zu dem offenbar auch die Politik ein Auge auf die Zusatzstoffe geworfen hat: Erst vor wenigen Wochen hatte CSU-Gesundheitsexperte Johannes Singhammer nach Gesprächen mit EU-Gesundheitskommissar John Dalli angekündigt, die Wirkung der Tabakzusätze solle neu untersucht werden, um die Raucher vor gesundheitsschädlichen Wirkungen zu schützen.
Quelle
Menthol, Feuchthaltemittel und Konservierungsstoffe: In Zigaretten ist weit mehr enthalten als nur Tabak. Zahlreiche Zusatzstoffe werden je nach Sorte beigemengt, um die Produkte haltbar zu machen und den Geschmack zu verändern. Die Schädlichkeit der Zusätze ist zwischen Industrie und Tabakgegnern umstritten. Wissenschaftler werfen nun dem Konzern Philip Morris vor, in der Diskussion gezielt negative Forschungsergebnisse heruntergespielt zu haben.
Die Autoren einer in der Fachzeitschrift "PLoS Medicine" veröffentlichten Studie werteten ursprünglich geheime Dokumente der Tabakindustrie aus, die im Zuge von Haftungsklagen öffentlich zugänglich gemacht werden mussten. Sie überprüften auf diese Weise Forschungsergebnisse von Philip Morris zur Wirkung von insgesamt 333 Zigaretten-Zusatzstoffen.
Ihr Ergebnis: Die Schlussfolgerung der Publikationen im Auftrag des Tabakkonzerns, wonach die Zusatzstoffe "nicht wesentlich zur Toxizität" von Zigaretten beitrügen, sei nicht zu halten. Tatsächlich hätten die Tests "zahlreiche negative biologische Konsequenzen" belegt.
Giftig und gesundheitsschädlich
Die Untersuchungen hätten gezeigt, dass die Zusätze sehr giftig und gesundheitsschädlich seien. Demnach erhöhen sie den Gehalt des Zigarettenrauchs an krebserregenden Chemikalien wie Arsen, Cadmium, Blei und Formaldehyd je nach Substanz um mindestens ein Fünftel und oft weit höher.
Bei der firmenintern als "Projekt MIX" bezeichneten Studie im Auftrag des Konzerns seien wissenschaftliche Standards umgangen worden, sagt der Mediziner Thomas Kyriss, der zu den Autoren der Überprüfungsarbeit gehört. So sei etwa die Zahl der Versuchstiere zu gering angesetzt worden. Auch von "nachträglichen Veränderungen in den Analyseprotokollen" berichtet der Lungenchirurg von der Klinik Schillerhöhe in Gerlingen bei Stuttgart gemeinsam mit seinen US-Kollegen. Zu kritisieren sei zudem die statistische Aufbereitung.
Kyriss wirft Philip Morris in dem Zusammenhang Manipulation und bewusste Täuschung vor - ein Vorgehen der Tabakindustrie, das in der Fachwelt seit Längerem bekannt, nun aber erstmals in Bezug auf Zusatzstoffe nachgewiesen worden sei. Der Konzern habe die schädliche Wirkung der umstrittenen Zusatzstoffe heruntergespielt, "um Politik und Öffentlichkeit insbesondere in den USA zu beeinflussen", sagt der Mediziner.
Nähe zur Industrie
Auch der Fachzeitschrift, in der einige der erneut unter die Lupe genommenen Studien veröffentlicht wurden, werfen die Herausgeber der aktuellen Untersuchung eine Nähe zur Tabakindustrie vor. So hätten ein Herausgeber und elf Mitglieder des Redaktionsbeirates Verbindungen zur Tabakindustrie. Wissenschaftler und Regulierungsbehörden sollten "nicht für bare Münze nehmen, was Wissenschaftler der Tabakindustrie als Forschungsergebnisse darbieten", fordern die Autoren.
Sie weisen dabei selbst auf Einschränkungen ihrer Studie hin: Da nur Daten aus Dokumenten untersucht werden konnten, die durch Haftungsklagen zugänglich wurden, würden noch entscheidende Informationen fehlen: Warum wurden genau diese Zusatzstoffe untersucht - und andere ignoriert? Und warum wurde die Stichprobengröße so gering gewählt? Zulassungsbehörden wie die US-amerikanische Food and Drug Administration sollte daher ihre Befugnisse einsetzen, um alle Datenquellen zu erhalten, fordern die Autoren.
Der Tabakkonzern Philip Morris wies die Vorwürfe zurück und bezweifelte seinerseits die Methode der Wissenschaftler, die lediglich unvollständige Unterlagen betrachtet hätten, die sie im Internet gefunden hätten. Die Ergebnisse der Ausgangsuntersuchungen, dass Zusatzstoffe die Schädlichkeit von Zigaretten nicht erhöhten, seien dadurch nicht widerlegt worden, teilte der Konzern mit. Auch andere "von Fachleuten überprüfte, umfassende Studien" seien zu diesem Ergebnis gekommen.
"Tabakverordnung muss verändert werden"
Tabakgegner dagegen hoffen, dass die neuen Ergebnisse ihren Anliegen Rückenwind verschaffen. Zu ihnen gehört Martina Pötschke-Langer vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg. Die Studie habe der Industrie "bewusste Veränderungen bei der Datenauswertung und der Bewertung der Studienergebnisse" nachgewiesen, sagt die Expertin: "Schon die Logik der Toxikologie sagt, dass die beigemengten Zusatzstoffe gesundheitsschädlich sind, wenn man sie verbrennt. Die Tabakverordnung muss deshalb grundsätzlich verändert werden."
Die Diskussion lebt zu einem Zeitpunkt wieder auf, zu dem offenbar auch die Politik ein Auge auf die Zusatzstoffe geworfen hat: Erst vor wenigen Wochen hatte CSU-Gesundheitsexperte Johannes Singhammer nach Gesprächen mit EU-Gesundheitskommissar John Dalli angekündigt, die Wirkung der Tabakzusätze solle neu untersucht werden, um die Raucher vor gesundheitsschädlichen Wirkungen zu schützen.
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