Braunschweig-aktuell
Würden Sie gerne auf diese Nachricht reagieren? Erstellen Sie einen Account in wenigen Klicks oder loggen Sie sich ein, um fortzufahren.
Suchen
 
 

Ergebnisse in:
 


Rechercher Fortgeschrittene Suche

Neueste Themen
» ebike controller tester - E-Scooter Fehlersuche Diagnose - Motor / Controller / Gashebel prüfen
Wer ist Bettina Mertschat-Wulff ? Die Frau, die es nicht geben darf. Icon_minitimeMo März 18, 2024 6:23 am von checker

» Einfach erklärt - Funktionsweiße, Fehlersuche und Tuning. Bürstenloser Nabenmotor
Wer ist Bettina Mertschat-Wulff ? Die Frau, die es nicht geben darf. Icon_minitimeMo März 18, 2024 6:15 am von checker

» Akne Filme Dr. Pimple Pooper
Wer ist Bettina Mertschat-Wulff ? Die Frau, die es nicht geben darf. Icon_minitimeSa März 02, 2024 4:50 am von Andy

» R.I.P. Manni
Wer ist Bettina Mertschat-Wulff ? Die Frau, die es nicht geben darf. Icon_minitimeSa Dez 30, 2023 6:31 am von checker

» R.i.P. Manfred Wüstefeld
Wer ist Bettina Mertschat-Wulff ? Die Frau, die es nicht geben darf. Icon_minitimeSo Dez 10, 2023 9:07 am von checker

» R.I.P. Holger
Wer ist Bettina Mertschat-Wulff ? Die Frau, die es nicht geben darf. Icon_minitimeFr Nov 03, 2023 9:33 pm von Andy

» R.I.P Rudolf HAASE
Wer ist Bettina Mertschat-Wulff ? Die Frau, die es nicht geben darf. Icon_minitimeDo Sep 21, 2023 5:55 am von Andy

» PAROOKAVILLE 2023 | Finch
Wer ist Bettina Mertschat-Wulff ? Die Frau, die es nicht geben darf. Icon_minitimeDo Aug 03, 2023 1:58 am von Andy

» Festivalfilm - ROCKHARZ 2023
Wer ist Bettina Mertschat-Wulff ? Die Frau, die es nicht geben darf. Icon_minitimeDo Aug 03, 2023 1:55 am von Andy

Navigation
 Portal
 Index
 Mitglieder
 Profil
 FAQ
 Suchen
Partner
free forum
April 2024
MoDiMiDoFrSaSo
1234567
891011121314
15161718192021
22232425262728
2930     

Kalender Kalender


Wer ist Bettina Mertschat-Wulff ? Die Frau, die es nicht geben darf.

Nach unten

Wer ist Bettina Mertschat-Wulff ? Die Frau, die es nicht geben darf. Empty Wer ist Bettina Mertschat-Wulff ? Die Frau, die es nicht geben darf.

Beitrag  Gast Do Jan 05, 2012 5:42 am

Die Geschichte der verheimlichten Schwester

Wer ist Bettina Mertschat-Wulff ? Die Frau, die es nicht geben darf. Ic?width=206&height=240&fsize=999000&format=jpg&url=images%2Fcache%2Fesc-teaser1405390


Als Bundespräsident ist Christian Wulff, wie man es von ihm erwartet hatte: nett, solide, leise. Doch in seiner Familie ging es nicht immer so ruhig zu.

Seit mehr als neun Stunden sitzt Bettina Mertschat, eine Frau Ende 40, jetzt in ihrem Wohnzimmer. Sie raucht zu viel und versucht, die Hoffnung nicht zu verlieren. Am Morgen schien Christians Glück eine Sache von Minuten zu sein. Wird gleich, dachte sie, aber es wurde nicht.

Sie war früh aufgestanden und zu Hause geblieben, obwohl ein schöner Sommertag vor ihr lag, Mittwoch, der 30. Juni vor einem Jahr. Sie hatte den Fernseher viel zu früh eingeschaltet, um nichts zu verpassen. Jetzt ist es kurz nach 21 Uhr.

Und noch immer wartet sie darauf, dass sich unter der Glaskuppel des Reichstags eine Versammlung von mehr als 1200 Menschen unter Beifall erhebt und Christian Wulff zum Bundespräsidenten gewählt sein wird. Es ist der Tag, an dem nur Platz sein soll für ihren Stolz.

EINE VERBINDUNG ZU DEM MANN IM FERNSEHEN

Denn es gibt eine Verbindung zwischen dieser Frau in Westerkappeln, in der norddeutschen Provinz, und dem Mann im Fernsehen. Sie haben denselben Vater. Ihr vollständiger Name ist Bettina Mertschat-Wulff. Sie ist die Schwester, die es eigentlich nicht gibt. Ihr Leben ist eine unerwähnte Episode im Leben des Bundespräsidenten.

Seit einem Jahr ist Wulff im Amt. Er hat keine großen Schlagzeilen produziert, wie manche seiner Vorgänger.

Er ist, wie die Deutschen erwartet hatten, dass er sein würde. Ein Mann der leisen Töne, 52 Jahre alt, etwas bieder vielleicht, aber bescheiden, verlässlich und irgendwie ganz okay.

Es ist ein Bild, das im Lauf von gut drei Jahrzehnten in der Politik entstanden ist, durch Interviews, Porträts und vier Biografien. Ein Mann, über den man alles zu wissen glaubt.

AUF DER SUCHE ERFÄHRT MAN ÜBERRASCHENDES

Doch wenn man sich auf diese Suche nach dem Menschen hinter dem Präsidenten macht, nach seiner Herkunft, und dafür die Orte seiner Kindheit und Jugend aufsucht und dort mit Menschen spricht, die ihn kennen, dann erfährt man Überraschendes.

Christian Wulff selbst wird dazu nichts sagen. Auf eine Anfrage antwortet das Bundespräsidialamt, man könne keine Auskünfte und Antworten zu Fragen geben, die Jahrzehnte zurückliegende familiäre Auseinandersetzungen beträfen.

Als sich die „Welt am Sonntag“ bei Bettina Mertschat-Wulff meldet, überlegt sie lange, bevor sie einem Treffen zusagt. Sie erzählt, wie stolz sie auf Christian Wulff ist und das, was er erreicht hat. Nur dass sie in seinem Leben, wie er es erzählt, als Einzige aus der Familie nicht vorkommt, „mit keinem Wort“, das versetzt ihr einen Stich.

SIE IST BEIM VATER AUFGEWACHSEN, ER BEI SEINER MUTTER

Sie versucht, es nicht zu wichtig zu nehmen. Ist es nicht normal?, fragt sie sich. Sie ist beim Vater aufgewachsen, er bei seiner Mutter. Nur alle paar Wochen kam er in die große Villa, oft mit dem Fahrrad. Sie, die Kinder, haben dann Kaufladen gespielt und im Garten hinter dem Haus herumgetobt.

Sie hatten beide eine schwierige Kindheit. Er hat es trotzdem bis ins höchste Staatsamt geschafft. Sie kämpft immer noch mit den Umständen, in die sie hineingeboren wurde. Die Distanz ist unermesslich groß geworden.

Vor dreizehn Jahren haben sie sich zum letzten Mal gesehen, auf einem Friedhof, als ihr Vater beerdigt wurde.

Die Gräberfelder des Friedhofs ziehen sich einen Hügel hinauf, von dessen höchsten Punkt man einen guten Blick auf Westerkappeln hat, 11.000 Einwohner, einmal durchschnitten von einer Hauptstraße. Rudolf Wulffs Urne wird in der ältesten Ecke beigesetzt, um das Grab haben sich seine drei erwachsenen Kinder versammelt.

Christian und seine ältere Schwester, beide aus der turbulenten ersten Ehe, beide mit ihren Lebensgefährten; und Bettina, die Tochter aus seiner zweiten Beziehung. Christians dritte und jüngste Schwester ist ein Kind aus der späteren Ehe der Mutter, sie hatte mit dem Toten nichts zu tun. Es sind Freunde des Vaters und Alte aus dem Dorf gekommen, vielleicht 30 Menschen.

Der Trauerzug ist dem Pastor über den Sandweg an das Grab der Familie gefolgt. Der Pastor hält eine Trauerrede wie Hunderte andere. Vieles bleibt ungesagt. Dieser Mann, von dem jetzt nur noch Erinnerungen übrig sind, führte ein Leben, das in den 60er-Jahren in einem kleinen Ort wie diesem eine Zumutung war.

Ein Lebemann. Die erste Ehe, ein Missverständnis. Zwei Kinder, frühe Scheidung. Eine neue Frau, die Beziehung wurde geheim gehalten, auch das uneheliche Kind.

Als alles vorbei ist, entschwinden die Kinder zurück in ihre Leben. Bettina Mertschat-Wulff bleibt dort, wo ihr Vater lebte: in Westerkappeln.

Das ist es, was die Erinnerung von diesem Tag im späten Frühling 1998 übrig gelassen hat – von ihrer und der der anderen, die auf dem Friedhof waren. Sie wird noch einmal von Christian hören, wegen der Erbschaft. Sie bekommt ihren Anteil.

TYP IDEALER SCHWIEGERSOHN

Es ist ein Montagmorgen in Berlin, als am Brandenburger Tor eine schwarze Limousine mit dem Kennzeichen 0-1 stoppt. Christian Wulff steigt vor einem gelblichen Sandsteinkubus aus, knöpft mit einer fließenden Bewegung sein Jackett zu und folgt der Linie eines roten Teppichs in das Untergeschoss.

Es wird ein dankbarer Termin. Der Deutsche Olympische Sportbund ehrt Freizeitsportler und Ehrenamtliche, der Bundespräsident soll auf einer Bühne stehen, Hände schütteln und Urkunden überreichen. Wulff absolviert es mit einer bei ungezählten Anlässen eingeübten Routine.

Ein Mann mit klaren Gesichtszügen, das Haar adrett gescheitelt, freundlich, lächelnd, nach einigen Monaten im Amt mit der präsidialen Geste vertraut. Ein Mann, der eine schwierige Kindheit hatte: Scheidungskind, früh erwachsen geworden, auch weil er die schwerkranke Mutter pflegte. Später Jurastudium. Nun Präsident. Christian Wulff, Typ idealer Schwiegersohn, treu sorgender Vater, zuverlässig.

Das ist die hundertfach wiederholte und auf das Format eines Lebenslaufs eingedampfte Version. Das ist der öffentliche Christian Wulff.

AUSBREITUNG SEINER TRENNUNG IN DER "BILD"-ZEITUNG

Im Sommer 2006 breitet Wulff in der „Bild“-Zeitung die Trennung von seiner Ehefrau und die Liebe zu einer anderen aus. Es gab Gerüchte; er musste fürchten, dass es sowieso herauskommen würde. Also lässt er zwei Tage hintereinander das Land an seinem Liebesleid und Liebesglück teilnehmen.

„Wir gehen im Guten auseinander“, „Seine Neue ist alleinerziehende Mutter“. Der Auftritt gelingt, Wulff wirkt menschlich. Der bisher tadellose Wulff werde durch diese Trennung sogar ein wenig menschlicher, kommentiert „Bild“.

Armin Fuhrer wird den Morgen dieses 6. Juni so schnell nicht vergessen. Fuhrer ist Hauptstadt-Korrespondent des Nachrichtenmagazins „Focus“. Als er an diesem Morgen die Titelseite der „Bild“-Zeitung sieht, ärgert er sich. „Christian Wulff – Ehe kaputt!“ Im Innenteil fällt Fuhrer ein unterstrichener Satz auf.

„In den letzten zwei bis drei Jahren“, sagt Wulff, „ist Christiane und mir klar geworden, dass unsere Ehe trotz aller ehrlichen und ernsthaften Bemühungen keine Zukunft mehr hat.“

DAS BILD EINER HEILEN WELT

Gerade einen Monat ist es her, dass Fuhrer in Berlin seine Wulff-Biografie vorgestellt hat. Er hatte Wulff in den zurückliegenden Monaten zwölf Mal interviewt, stundenlang. Sie haben auch über Wulffs Familie gesprochen, seine Ehe und was sie für ihn bedeutet. Wulff zeichnete das Bild einer heilen Welt, die in Wirklichkeit längst zerbröselt war.

Nach der Inszenierung auf dem Boulevard ist das unwichtig geworden. Es ist Wulffs immer bedächtige, ruhige Art, die Menschen dazu bringt, ihm gern zu glauben.

Seine Kindheit. Die Eltern trennen sich, der Vater ist weg, ein neuer Mann im Haus. Die Gedanken des Jungen, der zu Hause viel Streit erlebt, einen Vater verloren und sich mit seinem Stiefvater zerstritten hat, behält Christian Wulff für sich. Wut, Trauer, Enttäuschung, Angst. Es ist schwer vorstellbar, dass es das nicht gab.

Aber es ist die Art, wie Wulff den Medien lange begegnet: lieber kaum etwas Privates preisgeben als zu viel. Deshalb fallen, außer der Scheidungs-Geschichte, zwei der Ausnahmen so auf, die er gemacht hat.

1992: NICHT EINMAL PARTEIFREUNDE GLAUBEN AN IHN

Es ist Herbst 1992. Wulff hat sich gerade in einer harten innerparteilichen Auseinandersetzung gegen einen altgedienten CDU-Mann durchgesetzt. In zwei Jahren soll er seine Partei in Niedersachsen an die Macht führen. Aber nicht einmal Parteifreunde glauben daran. Wulff ist Anfang dreißig, ein Stadtrat aus Osnabrück.

Sein Gegner ist Gerhard Schröder, seit zwei Jahren Ministerpräsident. Der kokettiert mit seiner harten Kindheit und zelebriert die bewährte Geschichte eines Mannes, der es mit harter Arbeit aus einfachen Verhältnissen nach oben geschafft hat. Wulff hat ihm wenig entgegenzusetzen. Er muss etwas unternehmen.

Am 24. November 1992 erscheint in der „Süddeutschen Zeitung“ ein Porträt. Wulff hat einem Reporter erstmals von seiner Kindheit erzählt. Dass der leibliche Vater nur zwei Jahre mit der Familie zusammenlebte. Dass die Mutter an multipler Sklerose erkrankte.

Dass er sie pflegte und für die jüngere von zwei Schwestern im Haus, eine Halbschwester aus der zweiten Ehe der Mutter, die Vaterrolle übernahm. Und dass die Politik eine Möglichkeit war, diesen Verhältnissen zu entfliehen.

Es sind wenige Sätze, aber sie sagen mehr, als selbst enge Bekannte damals wissen. Diese Sätze entfalten ihre Wirkung, sie werden gelesen und wiedergegeben. Eine Erzählung ist in der Welt, die fortan in kaum einer größeren Veröffentlichung über Wulff fehlt. Wulff wird noch einmal auf sie zurückgreifen, sie erweitern. Dieses Mal, im Juni 2010, steht noch sehr viel mehr auf dem Spiel.

AUS DEM SCHLOSS BELLEVUE GEFLOHEN

Horst Köhler ist von einem Tag auf den anderen aus dem Schloss Bellevue geflohen, Angela Merkel braucht dringend einen neuen Bundespräsidenten. Am 3. Juni gibt sie ihre Wahl bekannt: Wulff. Wenige Stunden bevor die Öffentlichkeit davon erfährt, gelingt der SPD ein Coup, der die Kanzlerin und ihren Kandidaten in Not bringt.

Parteichef Gabriel sagt im Fernsehen, dass Joachim Gauck antreten werde, DDR-Pastor, Stasiaufklärer, Freiheitsprediger. Ein unabhängiger Geist, geformt von einem Leben in der Diktatur, sehr redegewandt. Sogar in der Union und der FDP halten ihn einige für den besseren Mann.

Und weil Gabriel sich mit so etwas nicht zufrieden gibt, sagt er wenig später einen Satz, der nicht nur den Politiker Christian Wulff angreift, sondern den ganzen Menschen. „Joachim Gauck bringt ein Leben mit in seine Kandidatur, und der Kandidat der Koalition bringt eine politische Laufbahn mit.“

Das ist unverschämt, aber es trifft einen Nerv. Gauck gewinnt in kürzester Zeit die Herzen der Deutschen, aus dem Außenseiter wird eine Bedrohung für Merkels Regierung.

WIEDER GEHT ES UM WULFFS KINDHEIT, DIE ZERRÜTTETE FAMILIE

Wenig später erscheint ein Porträt, erneut in der „Süddeutschen Zeitung“, eine ganze Seite. Wieder geht es um Wulffs Kindheit, die zerrüttete Familie. Die Krankheit der Mutter, die fürsorgliche Pflege. Wieder sind es nur wenige Sätze. Wulff sagt: „Ich glaube, mit einer Mutter und einem Vater in einer funktionierenden Familie wären mir unterschiedliche Felder eröffnet worden.


Diese Anleitung hatte ich zu Hause nicht.“ Er sagt: „Meine Mutter war nicht sehr lebenstauglich“ und: „Sie hat sich über Friseurbesuche und Einkäufe verwirklicht.“ Aber ihre Krankheit habe ihn daran gehindert, ihr Vorwürfe zu machen.

Wulff setzt dem beeindruckenden Leben Gaucks sein eigenes entgegen. Er findet Widerhall in Redaktionen und in jenen Kneipen im Regierungsviertel, in denen Journalisten und Politiker über den Betrieb reden. Die Nachrichtenagentur Reuters deutet es als das, was es ist: ein Erfolg der Kommunikationsstrategie von Wulffs Team.

Es gibt allerdings auch Menschen, denen dieses Bekenntnis nicht gefallen hat. Jemand aus Osnabrücker Zeiten, der Wulff sehr lange kennt und sonst nur Gutes über ihn erzählt, sagt: „Die Absicht dieser Offenbarung war so deutlich erkennbar, das hat ihr viel von ihrer Glaubwürdigkeit genommen.“

TREFFEN MIT BETTINA MERTSCHAT-WULFF IM STADTCAFÉ

Für das erste von zwei Treffen hat Bettina Mertschat-Wulff das Stadtcafé in Westerkappeln ausgesucht. Einen Ort, der die Toskana-Sehnsucht der 90er-Jahre konserviert hat. Wände in warmen Erdtönen, viel Holz. Bettina Mertschat-Wulff trägt ein schwarzes Gewand, sie hat lange überlegt, ob sie aus dem Dunkel der Anonymität heraustreten soll. Sie will aber auch nicht länger die Einzige in der Familie sein, von der nie die Rede ist.

Es gab ähnliche Fälle. Als Gerhard Schröder schon einige Jahre Kanzler war, suchte Lothar Vosseler den Auftritt in Talkshows und Illustrierten. Plötzlich hatte der Kanzler der Hartz-Reformen einen Halbbruder, der von Arbeitslosengeld lebte. Vosseler wollte von Schröders Prominenz profitieren. Für Schröder war das sicher nicht angenehm.

Kann man einem Spitzenpolitiker verdenken, wenn er Angst hat, dass sein Amt ausgenutzt wird?

KEIN BESONDERS HERZLICHES VERHÄLTNIS

Es gibt Dinge, über die Bettina Mertschat-Wulff nicht spricht, Konflikte. Aber sie will keine schmutzige Wäsche waschen. „Wir hatten nie ein besonders herzliches Verhältnis, der Christian und ich. Wir haben ja nie zusammen in einem Haushalt gelebt“, sagt sie. Das Gefühl, nirgends so recht dazuzugehören, ist ihr zur zweiten Natur geworden.

Ein uneheliches Kind in den 60er-Jahren, das war eine Schande. Es musste ein feines Gespinst aus Lügen und gewundenen Erklärungen gewoben werden: die Erzählung ihrer Herkunft.

Sie kramt eine schwarze Brieftasche aus ihrer Tasche hervor, zieht ein Foto-Etui und ein zusammengefaltetes Stück Papier heraus und breitet alles auf dem Tisch aus. Bilder vom Opa, vom Vater, von der Mutter, einem Onkel, ihrer eigenen Tochter. Sie hat eine Zeitungsmeldung vom Tod ihres Vaters bei sich und einen großen Bericht über Christians Präsidenten-Wahl. Eine Lebensgeschichte im Pocketformat. Oder Reste davon.

Christian verkaufte die Villa, in der sie aufgewachsen war. Er nahm viele Dokumente mit, als er den Nachlass des Vaters regelte. Fotos, Briefe, Unterlagen. Seine Vergangenheit, aber auch die ihres Vaters und ihre.

WILHELM WULFF IST DER NEUE HAUPTLEHRER

Es ist 1910, als ein Mann Ende zwanzig nach Westerkappeln kommt. Wilhelm Wulff ist der neue Hauptlehrer an der Stadtschule, eine Art Direktor. Zusammen mit der Frau, die er bald heiraten wird, Bertha, bezieht er das ehemalige Gut Landmeyer: eine Anlage mit Herrenhaus und umfangreichem Grundbesitz, die Mitgift seines Vaters.

Bis heute erzählen die Alten im Ort von Wilhelm Wulff, dem Lehrer, Chorleiter und Kirchenorganisten: ein strenger, aber herzlicher Mann. Als er 1955 stirbt, hinterlässt er seiner Frau und seinem Sohn Rudolf einen vorzüglichen Ruf und das gesamte Gut.

Rudolf ist anders. Der Gedanke, andere zu erziehen, ist ihm fremd. Leben und leben lassen, das entspricht ihm eher. Er zieht nachts um die Häuser, liebt das Kartenspielen mit Freunden, sie nennen ihn „Rudel“. Ein Pazifist mit wallendem Haar, der bunte Hosen mag und auf Konventionen nicht allzu viel gibt.

Er hat Jura studiert, aber keine Lust, daraus einen Beruf zu machen. Er probiert dies und das. Nach dem Tod des Vaters zerstückelt er das Anwesen in mehrere Teile, die er nach und nach verkauft. Am Ende auch das Kino mit Kneipe, das er 1957 eröffnet hatte. Er braucht das Erbe auf, und in der jungen Ehe kriselt es.

DIE TOCHTER IST AN EIN AUFWENDIGES LEBEN GEWÖHNT

Dagmar Evers, die Tochter eines reichen Industriellen, ist an ein aufwendiges Leben gewöhnt. Vom Erbe ihres Vaters wird sie sich später einen teuren Leopardenfellmantel und einen metallicblauen Mercedes kaufen. Rudolf hat sie nach dem Tod des Vaters geheiratet. Sie bekommt Elisabeth, dann Christian. In der gelben Villa ist sie nicht glücklich. Sie versteht sich nicht mit der Schwiegermutter, die dort wohnt.

Wenig später trennen sie sich. Dagmar Wulff zieht mit den beiden Kindern nach Osnabrück, da ist Christian zwei Jahre alt. Die Mutter bekommt mit einem neuen Mann noch eine zweite Tochter. Sie will nicht, dass die Kinder mit ihrem Ex-Mann irgendetwas zu tun haben.


Trotzdem fährt Christian heimlich mit dem Fahrrad zu dessen Villa. Trotzdem holt der Vater seinen Sohn ab, sie gehen Eis essen oder verbringen die Tage in der Villa. Er lebt dort mit einer neuen Frau.

Bettina Mertschat-Wulff betrachtet ein Foto ihrer Mutter, das vor ihr auf dem Tisch liegt: eine gelbstichige Aufnahme einer schwarzhaarigen Frau Mitte zwanzig, halb so alt wie der Mann, in den sie sich verliebt hat. Marlene Mertschat und Rudolf Wulff haben sich beim Tanzen kennengelernt. Sie wird schwanger und zieht zu ihm, sie arbeitet als Serviererin in seiner „Union-Klause“.

„Sie hat es wirklich schwer gehabt“, sagt Bettina Mertschat-Wulff.

DIE FRAU, DIE ES NICHT GIBT

Marlene Mertschat ist die Frau, die es nicht gibt. Rudolfs Mutter erzählt im Ort, Fräulein Mertschat sei bloß die Haushälterin, die in der Villa lebe. Später, als das Mädchen geboren ist, kümmert sich Rudolf angeblich nur deshalb so fürsorglich um sie, weil er halt ein guter Kerl ist und ihre Mutter an Krebs erkrankt. Einen Tag vor dem zwölften Geburtstag ihrer Tochter stirbt Marlene Mertschat.

Bettina Mertschat-Wulff glaubt schon damals, die Wahrheit zu kennen. Aber sie will sie hören, jetzt, da ihre Mutter tot ist. Von ihm. „Ich musste all meinen Mut zusammennehmen“, sagt sie. Vier Jahre vor ihrem Tod vertraute die Mutter ihr an, dass der Mann, den sie für einen Onkel hielt, in Wirklichkeit ihr Vater ist. Im Ort wird längst offen darüber geredet. Sie nennt ihn Papa, er hat nichts dagegen.

„Du, Papa, stimmt das, was die Leute sagen?“

„Natürlich“, sagt er, „bist du mein richtiges Kind. Aber was ändert sich? War ich nicht immer wie ein Vater für dich?“ Als sie ihm sagt, sie wolle endlich auch seinen Namen, adoptiert er sie. Da ist sie 24.

Heute, viele Jahre später, ist Bettina Mertschat-Wulff krank, die Schilddrüse, sie kann nicht mehr arbeiten und lebt von Rente und Sozialhilfe. Sie ist die Frau, die stolz ist auf ihren Halbbruder, aber in seinen Lebensgeschichten, wie das Land sie kennt, nie vorkommt. Es gibt nichts, sagt sie, was sie sich mehr wünschen würde, als dass er sie nach Berlin einladen würde, ins Schloss Bellevue. Darum gebeten hat sie ihn nie.

EINE REDE, DIE BEACHTUNG FINDET


Die Bremer Stadthalle ist in dunkles blaues Licht getaucht, als sich in der ersten Sitzreihe der Bundespräsident erhebt und auf ein weiß leuchtendes Pult zuschreitet. Es ist der 3. Oktober 2010, der 20. Jahrestag der deutschen Einheit, und Wulff wird gleich die erste große Rede halten, seit er im Amt ist.

Man kann spüren, dass er nervös ist, seine Stimme klingt belegt, er atmet flach, die Pausen geraten ihm kurz. Aber es wird eine Rede, die Beachtung findet. Eine Rede über Freiheit, den Umgang einer freien Gesellschaft mit Migranten und Parallelgesellschaften, Bildung, ein gutes Zuhause.

Wulff umreißt ein Thema, auf das er immer wieder zurückkommen wird. Wenn er sich zu Parallelgesellschaften äußert, zu Stuttgart 21, zu den Gräben zwischen Bürgern und Institutionen, dem Volk und seinen Politikern: Immer spricht er über Versöhnung.

Es ist sein politisches Leitmotiv.


Artikel erschienen am 26.06.2011
M. Bewarder, U. Müller und M. Neller
http://m.welt.de/article.do?id=politik/deutschland/article13450861/Die-Geschichte-der-heimlichen-Schwester

Gast
Gast


Nach oben Nach unten

Nach oben

- Ähnliche Themen

 
Befugnisse in diesem Forum
Sie können in diesem Forum nicht antworten