Braunschweig-aktuell
Würden Sie gerne auf diese Nachricht reagieren? Erstellen Sie einen Account in wenigen Klicks oder loggen Sie sich ein, um fortzufahren.
Suchen
 
 

Ergebnisse in:
 


Rechercher Fortgeschrittene Suche

Neueste Themen
» *Santiano*
Händler des Todes Icon_minitimeGestern um 4:25 am von Andy

» END OF GREEN
Händler des Todes Icon_minitimeGestern um 4:21 am von Andy

»  zozyblue
Händler des Todes Icon_minitimeGestern um 4:18 am von Andy

»  MAGNUM
Händler des Todes Icon_minitimeGestern um 4:14 am von Andy

» Natasha Bedingfield
Händler des Todes Icon_minitimeGestern um 4:12 am von Andy

» ... TRAKTOR ...
Händler des Todes Icon_minitimeGestern um 4:10 am von Andy

» = Azillis =
Händler des Todes Icon_minitimeGestern um 4:07 am von Andy

» Alice Cooper
Händler des Todes Icon_minitimeGestern um 4:04 am von Andy

» Art of Trance
Händler des Todes Icon_minitimeGestern um 4:02 am von Andy

Navigation
 Portal
 Index
 Mitglieder
 Profil
 FAQ
 Suchen
Partner
free forum
November 2024
MoDiMiDoFrSaSo
    123
45678910
11121314151617
18192021222324
252627282930 

Kalender Kalender


Händler des Todes

Nach unten

Händler des Todes Empty Händler des Todes

Beitrag  Gast So Feb 26, 2012 10:09 am

Die Bun­des­re­pu­blik gehört zu den welt­weit größten Rüs­tungs­ex­por­teuren. Ver­kauft wird dabei auch an Länder, die in bewaff­nete Kon­flikte invol­viert sind.

| Von Lühr Henken | junge Welt |

Mit einem Plus von 72 Pro­zent bei kom­mer­zi­ellen Aus­fuhren von Kriegs­waffen ist 2010 der Export­um­satz deut­scher Rüs­tungs­kon­zerne gera­dezu durch die Decke geschossen. Die kom­mer­zi­elle Aus­fuhr erreichte den Wert von 2,076 Mil­liarden Euro.

Der Gesamt­ex­port erreichte in diesem Jahr (inklu­sive des von gebrauchten Bun­des­wehr­kriegs­waffen) mit 2,119 Mil­li­arden Euro einen his­to­ri­schen Höchst­stand. »Bombig ver­dient«, titelte Der Spiegel. Deutsch­land habe 2010 dabei »soviel Geld ein­ge­nommen wie noch nie« (Der Spiegel, 28.11.11).

Anlaß war die Bekannt­gabe des Rüs­tungs­ex­port­be­richts der Bun­des­re­gie­rung für das Jahr 2010, der am 7.12.2011 ver­öf­fent­licht wurde. Die Presse hatte aller­dings nur einen Anstieg von rund 50 Pro­zent ermit­telt, weil sie die Aus­fuhr gebrauchter Kriegs­waffen der Bun­des­wehr nicht her­aus­ge­rechnet hatte.

Das ange­se­hene inter­na­tio­nale Frie­dens­for­schungs­in­stitut in Stock­holm (SIPRI) führt Deutsch­land seit 2005 dau­er­haft auf Platz drei der Welt­rang­liste der Rüs­tungs­ex­por­teure. SIPRI berück­sich­tigt nur schwere Waf­fen­sys­teme ein­schließ­lich Raketen und Tor­pedos sowie Schiffs­mo­toren und große elek­tro­ni­sche Geräte. In West­eu­ropa ist die Bun­des­re­pu­blik dem­nach die Nr. 1. Im Jahr­fünft von 2006 bis 2010 war der deut­sche Rüs­tungs­handel laut SIPRI fast so hoch wie der Frank­reichs und Groß­bri­tan­niens zusammen.

In diesem Zeit­raum erfuhr der deut­sche Rüs­tungs­ex­port­wert gegen­über dem Jahr­fünft zuvor eine Ver­dop­pe­lung, wäh­rend der Welt­rüs­tungs­handel nur um knapp ein Viertel gestiegen ist. Der deut­sche Welt­markt­an­teil wuchs in diesen fünf Jahren von 6,7 auf 10,6 Pro­zent. Wir haben also, was die BRD betrifft, einen Boom in diesem Markt­seg­ment zu ver­zeichnen. 2010 hatten die USA laut SIPRI einen Welt­markt­an­teil von knapp 35, Ruß­land von 24 und Deutsch­land von 9,4 Prozent.

U-​Boote, Panzer, Raketen

Der welt­weite Waf­fen­handel ist stark kon­zen­triert. 80 Pro­zent stammen aus nur fünf Län­dern: USA, Ruß­land, Deutsch­land, Frank­reich und Groß­bri­tan­nien. 2010 expor­tierte die Bun­des­re­pu­blik Kriegs­waffen in 60 Länder. Haupt­ab­neh­mer­land war Por­tugal. Für zwei U-​Boote zahlte das kri­sen­ge­schüt­telte Land 812 Mil­lionen Euro. Auf Platz 2 das marode Grie­chen­land. Es über­wies 403 Mil­lionen Euro für ein U-​Boot. Die Haupt­emp­fänger deut­scher Kriegs­waffen von 2000 bis 2010 waren laut SIPRI Grie­chen­land, Türkei, Süd­afrika, Süd­korea, Aus­tra­lien und Spanien.

Der deut­sche Rüs­tungs­ex­port­wert setzt sich ins­ge­samt so zusammen: Etwa die Hälfte des Werts bilden U-​Boote und Kriegs­schiffe und ein Viertel Kampf– und Schüt­zen­panzer. Dann folgen elek­tro­ni­sche Bauteile.

In den zehn Jahren von 2001 bis 2010 hat die Bun­des­re­gie­rung beim UN-​Waffenregister unter anderem den voll­zo­genen Export von je vier U-​Booten und Fre­gatten sowie von 1 620 Kampf­pan­zern Leo­pard gemeldet. Die Kampf­panzer sind vor allem aus­ran­giertes Bundeswehrmaterial.

Statt nicht mehr ver­wen­dungs­fä­hige Bun­des­wehr­waffen zu ver­schrotten, wurde in diesen zehn Jahren für gut eine Mil­li­arde Euro Alt­ma­te­rial welt­weit expor­tiert. Im letzten Dezember wurde bekannt, daß 69 Patriot-​Flugabwehrraketen aus deut­schen Beständen auf dem Weg nach Süd­korea waren. Und Thai­land wünscht die Lie­fe­rung von vier bis sechs still­ge­legten U-​Booten der Bundeswehr.

Der Rüs­tungs­ex­port­be­richt unter­scheidet zwi­schen der real erfolgten Aus­fuhr von Kriegs­waffen, von der bisher die Rede war, und Geneh­mi­gungen für Exporte. Nachdem die Medien vorab von dem exor­bi­tanten Anstieg des Han­dels mit Kriegs­gerät berich­teten, mußte die Pres­se­mit­tei­lung der Bun­des­re­gie­rung über die Beschluß­fas­sung ihres Rüs­tungs­ex­port­be­richts gera­dezu Erstaunen aus­lösen. Keine Silbe über den gewal­tigen Export­an­stieg. Der war ihr wohl zu peinlich.

Statt dessen über­schrieb sie ihre Mit­tei­lung mit »Rüs­tungs­ex­porte: Weniger Aus­fuhr­ge­neh­mi­gungen« und hob hervor, daß »2010 das Volumen der Aus­fuhr­ge­neh­mi­gungen für Rüs­tungs­güter um 5,7 Pro­zent zurück­ge­gangen sei.« Der Wert der Ein­zel­aus­fuhr­ge­neh­mi­gungen hätte sich um 290 Mil­lionen auf 4,7 Mil­li­arden Euro gesenkt. 71 Pro­zent davon seien auf EU-​, NATO– und ihnen gleich­ge­stellte Staaten entfallen.

Auf Ent­wick­lungs­länder ent­fielen etwa 365 Mil­lionen, was sogar 10,5 Pro­zent weniger seien als im Vor­jahr. Die Regie­rung betont zudem, daß sie an den angeb­lich so strengen Regeln der Aus­fuhr­kon­trolle fest­halte. Der unbe­darfte Bürger soll augen­schein­lich den Ein­druck gewinnen, daß der Waf­fen­ex­port zurückgeht.

Ver­glei­chen wir den Wert von 4,7 Mil­li­arden mit den Geneh­mi­gungs­werten der Vor­jahre, so ist es der viert­höchste seit 1996. Bei Geneh­mi­gungen in Dritt­länder ran­giert das Jahr 2010 auf Platz 5 in den letzten 15 Jahren. Die Werte schwanken Jahr für Jahr. Hier den Ein­druck erwe­cken zu wollen, es han­dele sich um eine Trend­wende, ist eine plumpe Irre­füh­rung der Öffentlichkeit.

Der kom­mer­zi­elle Kriegs­waf­fen­ex­port wird staat­lich geför­dert, indem der Staat Aus­fall­ga­ran­tien für deut­sche Rüs­tungs­trans­fers über­nimmt, die soge­nannten Hermes-​Bürgschaften. Die zuletzt bekannte Zahl ist die für 2009. Sie betrug 1,92 Mil­li­arden Euro und bezog sich auf Lie­fer­ge­neh­mi­gungen an Länder wie Ban­gla­desh, Indien, Irak, Süd­korea, Libyen, Pakistan und die Ver­ei­nigten Ara­bi­schen Emirate.

Export­schlager Massenvernichtung

Ein zweites bri­santes Faktum blendet die Regie­rung in der Pres­se­mit­tei­lung völlig aus: den Export von Klein­waffen. Der Begriff »Klein­waffe« klingt harmlos. Aber die Waffen sind es kei­nes­wegs – im Gegen­teil. Denn unter diese Kate­gorie fallen neben Pis­tolen und Revol­vern auch Maschinen– und Schnell­feu­er­ge­wehre, Maschi­nen­pis­tolen und kleine Mörser.

Diese sind wahre Mas­sen­ver­nich­tungs­waffen: Von 100 Kriegs­toten sterben 73 durch Gewehre, Pis­tolen und Revolver. Über­wie­gend trifft das Frauen und Kinder. Die deut­sche Firma Heckler&Koch (H&K) hat etwa 15 Mil­lionen Gewehre des Typs G3 her­ge­stellt. Völlig legal wurden sie in 88 Staaten expor­tiert. Schät­zungen spre­chen davon, daß seit 1949, dem Jahr der Fir­men­grün­dung von Heckler&Koch, etwa 1,5 Mil­lionen Men­schen mit H&K-Produkten getötet wurden.

Lizenz­ver­ein­ba­rungen zum Nachbau gibt es mit der Türkei, Saudi-​Arabien, Mexiko, Iran und Pakistan. G-​3-​Gewehre finden sich heute im Bür­ger­krieg in Somalia, in Thai­land, tür­ki­sche Sol­daten töteten mit dem G-​3-​Gewehr Kurden, das mexi­ka­ni­sche Militär setzte sie in Chiapas ein.

Wo die Waffen letzten Endes landen, ist nicht steu­erbar. Zum Bei­spiel fanden sich unter dem Schah-​Regime in Lizenz her­ge­stellte Waffen im Bür­ger­krieg im Süd­sudan und in Darfur wieder. Pakistan hat H&K-Waffen unkon­trol­liert expor­tiert. Im russisch-​georgischen Krieg befanden sich G-​36-​Gewehre auf der Seite Geor­giens im Ein­satz; ebenso im Libyen-​Krieg 2011. Und das, obwohl Libyen und Geor­gien nicht direkt belie­fert worden sind.

Ange­sichts dieser ver­hee­renden Aus­wir­kungen ist es beson­ders anstößig, daß der deut­sche Klein­waf­fen­ex­port seit Jahren steigt. Dabei ist skan­dalös, daß ins­be­son­dere Lie­fe­rungen in Dritt­länder, also außer­halb von NATO und EU, beson­ders stark zuge­nommen haben. Zahlen belegen das. Geneh­mi­gungen für diesen Klein­waf­fen­ex­port liegen im Zeit­raum 2005 bis 2010 beim 2,3fachen des Wertes des vor­her­ge­henden Jahr­fünfts. Der Wert für 2010 ist der dritt­höchste in den ver­gan­genen 15 Jahren. Das trifft auch auf den Muni­ti­ons­handel für Klein­waffen mit Dritt­län­dern zu. Ihr Geneh­mi­gungs­wert im letzten Jahr­fünft ist sogar viermal so hoch wie in den fünf Jahren davor.

2010 erteilte die Regie­rung die Geneh­mi­gung für den Export von Klein­waffen in 31 Staaten außer­halb von EU und NATO. Fast 30 Pro­zent davon gingen 2010 an das repres­sive Regime in Saudi-​Arabien (3008 Gewehre, 56330 Bestand­teile für Gewehre sowie 30002 Bestand­teile für Maschinenpistolen).

Zudem wurden dem Land am Golf 20 Mil­lionen Bestand­teile für Gewehr­mu­ni­tion geneh­migt. Sau­di­sche Truppen betei­ligten sich an der Nie­der­schla­gung fried­li­cher Pro­teste in Bah­rain im März 2011 und sind immer noch nicht zurück­ge­zogen worden. Demons­tra­ti­ons­ver­bote gegen die Schiiten im Osten des Landes werden brutal durch­ge­setzt. 2011 wurde bekannt, daß Heckler&Koch in Saudi-​Arabien eine Fabrik für Sturm­ge­wehre des Typs G36 errichtet hat. Sie hat bereits die Pro­duk­tion auf­ge­nommen und wirbt für den Export.

Wei­tere Geneh­mi­gungen für den Export von Klein­waffen wurden 2010 erteilt an das König­reich Bah­rain (gewalt­same Nie­der­schla­gung fried­li­cher Demons­tranten seit März 2011), an das Sul­tanat Brunei (Aus­nah­me­zu­stand seit 1962), an Indien (drei bewaff­nete Kon­flikte im Land), an Mexiko (Auf­stands­be­kämp­fung gegen die Zapa­tisten in Chiapas) und an die Phil­ip­pinen. Deutsch­land ist der dritt­größte Klein­waf­fen­ex­por­teur der Welt – nach den USA und Ita­lien. (nd vom 29.11.2011)

Es stellt sich die Frage, wes­halb diese Aus­fuhren geneh­migt werden. Die Regie­rung beruft sich auf ihre »Poli­ti­schen Grund­sätze« aus dem Jahr 2000, wonach ins­be­son­dere in diese Dritt­länder der Export von Kriegs­waffen und Rüs­tungs­gü­tern »restriktiv gehand­habt« wird. Der ent­spre­chende Passus in diesen »Poli­ti­schen Grund­sätzen« klingt eindeutig:


»Geneh­mi­gungen für Exporte nach KWKG (Kriegs­waf­fen­kon­troll­ge­setz) und/​oder AWG (Außen­wirt­schafts­ge­setz) kommen nicht in Betracht, wenn die innere Lage des betref­fenden Landes dem ent­ge­gen­steht, z.B. bei bewaff­neten internen Aus­ein­an­der­set­zungen und bei hin­rei­chendem Ver­dacht des Miß­brauchs zu innerer Repres­sion oder zu fort­dau­ernden und sys­te­ma­ti­schen Men­schen­rechts­ver­let­zungen. Für diese Frage spielt die Men­schen­rechts­si­tua­tion im Emp­fän­ger­land eine wich­tige Rolle.« (Punkt 4)

Jedoch, wie heißt es so schön: Keine Regel ohne Aus­nahme. So auch hier: »Der Export von Kriegs­waffen wird nicht geneh­migt, es sei denn, daß im Ein­zel­fall beson­dere außen– oder sicher­heits­po­li­ti­sche Inter­essen der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land unter Berück­sich­ti­gung der Bünd­nis­in­ter­essen für eine aus­nahms­weise zu ertei­lende Geneh­mi­gung sprechen.

Beschäf­ti­gungs­po­li­ti­sche Gründe dürfen keine aus­schlag­ge­bende Rolle spielen.« (Punkt 2) Aus­nahms­weise? Schauen wir uns die Geneh­mi­gungen für Klein­waffen nur seit 2005 an. Bah­rain wurden Klein­waffen 2006, 2007 und 2009 geneh­migt, und Indien, Mexiko, die Phil­ip­pinen und Saudi-​Arabien erhielten seit 2005 Jahr für Jahr Geneh­mi­gungen. Klar ist, die Aus­nahmen wurden zur Regel, so daß sich die Regie­rungs­grund­sätze als Augen­wi­scherei erweisen.

Das trifft auch auf die Türkei zu, die zwar dank ihrer NATO-​Mitgliedschaft keinen Lie­fer­re­strik­tionen unter­liegt, die jedoch im Innern repressiv in Kur­distan agiert und von Zeit zu Zeit auch im Nach­bar­land Irak bombt. Welche deut­schen Aus­rüs­tungs­lie­fe­rungen (u.a. Gewehre, Muni­tion und Elek­tronik) dort ein­ge­setzt werden, geht aus den Regie­rungs­be­richten nicht hervor.

Kei­nerlei Transparenz

So viel zum Export von Waffen, die zur inneren Repres­sion ver­wendet werden können. Was ist mit allen anderen? Der in der Dis­kus­sion immer wieder ver­wen­dete Begriff Span­nungs­ge­biet, in das keine Waffen gelie­fert werden dürfen, findet sich in den Vor­schriften nicht. Statt dessen werden diese Zonen so beschrieben:

»Die Lie­fe­rung von Kriegs­waffen und kriegs­waf­fen­nahen sons­tigen Rüs­tungs­gü­tern wird nicht geneh­migt in Länder, die in bewaff­nete Aus­ein­an­der­set­zungen ver­wi­ckelt sind oder wo eine solche droht, in denen ein Aus­bruch bewaff­neter Aus­ein­an­der­set­zungen droht oder beste­hende Span­nungen und Kon­flikte durch den Export aus­ge­löst, auf­recht­er­halten oder ver­schärft würden.

Lie­fe­rungen an Länder, die sich in bewaff­neten äußeren Kon­flikten befinden oder bei denen eine Gefahr für den Aus­bruch sol­cher Kon­flikte besteht, scheiden des­halb grund­sätz­lich aus, sofern nicht ein Fall des Arti­kels 51 der UN-​Charta vor­liegt.« (Punkt 5 der »Poli­ti­schen Grundsätze«)

Auf den ersten Blick scheint es so zu sein, daß es dem­nach Waf­fen­lie­fe­rungen in den Nahen Osten, Süd­asien und nach Süd­korea nicht geben dürfte, denn dort drohen bewaff­nete äußere Kon­flikte. Gelie­fert wird den­noch. Behauptet wird, die Lie­fe­rungen wirkten eben nicht aus­lö­send für Kriege, würden die Span­nungen nicht ver­schärfen und würden sie auch nicht auf­recht­er­halten. Falls daran den­noch Zweifel bestehen, wird Artikel 51 der UN-​Charta, das Recht auf Selbst­ver­tei­di­gung, legi­ti­mie­rend hinzugezogen.

Also ist alles eine Frage des Ermes­sens. Debatten über heikle Lie­fe­rungs­ab­sichten werden aus dem Bun­destag ver­bannt. Die Ent­schei­dungen fallen abhör­si­cher im Bun­des­si­cher­heitsrat. Debatten nach den Ent­schei­dungen finden anläß­lich der Ver­öf­fent­li­chung des Rüs­tungs­ex­port­be­richts statt – also bisher min­des­tens ein Jahr später. For­de­rungen nach Trans­pa­renz wehrt die Regie­rung ab.

Der Umfang der Aus­fuhr­ge­neh­mi­gungen in die drei ange­spro­chenen Gebiete – also Nahost, Süd­asien und Süd­korea – ist relativ hoch. Sowohl Indien als auch Pakistan wurden in den drei Jahren von 2008 bis 2010 jeweils Exporte im Wert von 200 bis 250 Mil­lionen Euro geneh­migt. Wie in den Fällen Grie­chen­land und Türkei werden hier ebenso zwei unmit­tel­bare Rivalen mit deut­schen Waffen aufgerüstet.

Seit 2008 haben die Geneh­mi­gungen in den Nahen und Mitt­leren Osten gewaltig zuge­nommen. Die Liste führen die Emi­rate mit fast einer Mil­li­arde an, gefolgt von Saudi-​Arabien für fast 600 Mil­lionen Euro. Dann kommen Kuwait, Israel, Oman, Bah­rain und Katar. Hier wird gegen den Iran auf­ge­rüstet. Süd­korea wurden in den drei Jahren Geneh­mi­gungen für 2,1 Mil­li­arden Euro erteilt. Auch die des­po­ti­schen ara­bi­schen Regime Nord­afrikas erhielten Geneh­mi­gungen. Im Jahr­fünft bis 2010 an Tune­sien für fünf Mil­lionen, an Alge­rien für 30, an Libyen für 63 und an Ägypten für 132 Mil­lionen Euro.

Der Geneh­mi­gungs­boom hält an. 2011 hat der Bun­des­si­cher­heitsrat eine Vor­an­frage Saudi-​Arabiens für den Export von 270 Kampf­pan­zern »Leo­pard 2 A7+« gut­ge­heißen. Ihr Wert liegt bei etwa drei Mil­li­arden Euro. Diese spe­ziell für den Kampf in Städten und Ort­schaften ent­wi­ckelten Panzer eignen sich für den Ein­satz gegen Auf­stän­di­sche in Saudi-​Arabien und in dessen Nach­bar­län­dern. Die Haupt­ent­schei­dung steht noch aus.

2011 ist die Kanz­lerin als Han­dels­rei­sende in Sachen Rüs­tungs­ex­port beson­ders enga­giert gewesen. In Indien warb sie für Euro­fighter (der Anteil von EADS Deutsch­land am Eurofighter-​Konsortium beträgt 33 Pro­zent), in Angola bot sie bis zu acht schlag­kräf­tige Patrouil­len­boote an. Alge­rien soll Fre­gatten erhalten, der Bau einer Fabrik für Trans­port­panzer des Typs »Fuchs« ist geplant. Israel soll ein sechstes atom­waf­fen­fä­higes U-​Boot von HDW erhalten.

Im Bun­des­haus­halt 2012 sind dafür 135 Mil­lionen Euro Zuschuß aus deut­schen Steu­er­gel­dern bereit­ge­stellt. Indo­ne­sien mel­dete den Kauf­wunsch von 100 Kampf­pan­zern des Typs »Leo­pard 2 A6«. Der deut­schen Rüs­tungs­in­dus­trie reicht das nicht. Der Bun­des­ver­band der deut­schen Sicher­heits– und Ver­tei­di­gungs­in­dus­trie (BDSV), ein Lob­by­ver­band der 80 größten deut­schen Rüs­tungs­be­triebe, wünscht sich eine noch stär­kere Unter­stüt­zung der Bun­des­re­gie­rung bei der Ver­mark­tung ihrer töd­li­chen Pro­dukte. Ver­tei­di­gungs­mi­nister Thomas de Mai­zière (CDU) hat diese bereits zugesagt.

Große Pro­jekte sind welt­weit aus­ge­schrieben. Aus­tra­lien bietet einen U-​Boot-​Auftrag über 19 Mil­li­arden Euro an, bis 2030 will das Land zwölf U-​Boote kaufen. Die zum ThyssenKrupp-​Konzern gehö­rende Werft HDW ist unter den drei Bewer­bern um den Auf­trag. Ins­ge­samt wird bis 2020 von einem Bedarf von zirka 60 Mari­ne­schiffen für Alge­rien, Bra­si­lien, Indien, Israel, den Emi­raten und Katar ausgegangen.

Der Ein­satz der Bun­des­kanz­lerin für die Euro­fighter in Indien war ver­ge­bens. Ende Januar wählte Neu-​Delhi das fran­zö­si­sche Kampf­flug­zeug »Rafale« aus. Der Her­steller Dassault Avia­tion darf nun 128 Jagd­flug­zeuge im Wert von zirka zehn Mil­li­arden Dollar pro­du­zieren, aber auch EADS pro­fi­tiert von diesem Auf­trag, denn der deutsch-​französische Kon­zern hält 46 Pro­zent an Dassault. Dar­über hinaus gibt es welt­weit Aus­schrei­bungen für über 200 Kampf­flug­zeuge, bei denen der Euro­fighter noch im Rennen ist.

»Bedeu­tender Wirtschaftsfaktor«?

EADS ist zwar kein »rein« deut­scher Kon­zern, aber mit einem deut­schen Anteil von 22,5 Pro­zent am Rüs­tungs­um­satz von 13,4 Mil­li­arden Euro 2010 ist er der größte deut­sche Rüs­tungs­kon­zern. Platz 2 belegt Rhein­me­tall mit zwei Mil­li­arden, gefolgt von Krauss Maffei/​Wegmann mit 900 Mil­lionen. Platz 4 teilen sich mit je 700 Mil­lionen Euro gemeinsam Diehl und Thys­sen­Krupp. Auf Platz 6 folgt MTU Aero Engine mit einem Rüs­tungs­um­satz von 500 Mil­lionen Euro vor Heckler&Koch mit 250 Mil­lionen im Jahr 2010. (Der Spiegel vom 11.7.2011)

Die deut­schen Rüs­tungs­kon­zerne setzen nach eigenen Angaben im Jahr etwa 16 Mil­li­arden Euro um, wovon zirka 70 Pro­zent in den Export gehen, und beschäf­tigen unge­fähr 80000 Men­schen. Sie behaupten von sich, daß sie ein »bedeu­tender Wirt­schafts­faktor« seien.

Stimmt das? Welche ökono­mi­sche Rele­vanz hat die deut­sche Rüs­tungs­in­dus­trie? Der Umsatz von 16 Mil­li­arden Euro bedeutet gerade einmal einen Anteil von 0,64 Pro­zent am deut­schen Brut­to­in­lands­pro­dukt von 2500 Mil­li­arden Euro. Das ist sehr wenig. 80000 Beschäf­tigte von 28,5 Mil­lionen sozi­al­ver­si­che­rungs­pflichtig Beschäf­tigten sind 0,28 Pro­zent. Auch dies ist gesamt­wirt­schaft­lich betrachtet eine mar­gi­nale Größe. Mit anderen Worten, ein Ver­zicht auf Rüs­tungs­pro­duk­tion wäre ökono­misch leicht ver­kraftbar. Die vom BDSV sich selbst ver­lie­hene Aus­zeich­nung ist also eine glatte Übertreibung.

Eine Umstel­lung auf zivile Pro­dukte, mit dem Ziel, die Arbeits­plätze zu erhalten, müßte finan­ziell durch ein Kon­ver­si­ons­pro­gramm flan­kiert werden. Nur so lassen sich Gewerk­schaften und Beschäf­tigte dafür gewinnen. His­to­ri­sche Ansätze gibt es dazu ins­be­son­dere in Bremen. Dort wurde in den 90er Jahren die Zusam­men­ar­beit von Unter­nehmen, Politik, Wis­sen­schaft, Gewerk­schaften und Frie­dens­be­we­gung erfolg­reich erprobt. Inhalt­liche Vor­ar­beiten reichten auf betrieb­liche Initia­tiven zu alter­na­tiver Fer­ti­gung sei­tens der IG Metall zurück.

Unter­stüt­zung läßt sich also in den Gewerk­schaften ein­for­dern. Ihre Beschlüsse sind ent­spre­chend. Im DGB-​Grundsatzprogramm von 1996 steht: »Rüs­tungs­ex­porte müssen dau­er­haft redu­ziert, Rüs­tungs­aus­gaben nach­haltig gesenkt werden.« Die IG Metall ver­fügt seit 1998 über ein »Akti­ons­pro­gramm Rüs­tungs­kon­ver­sion«. Ihr Gewerk­schaftstag in Leipzig 2007 hat den AK Wehr­technik beauf­tragt, dieses zu aktua­li­sieren. Es ist aller­dings nicht erkennbar, ob oder wie das geschieht.

Die Bevöl­ke­rung lehnt Rüs­tungs­ex­porte mit großer Mehr­heit ab. Das ergab zuletzt eine reprä­sen­ta­tive Emnid-​Umfrage Anfang Oktober 2011. Auf die Frage »Sollte Deutsch­land Ihrer Mei­nung nach Waffen und andere Rüs­tungs­güter in andere Länder ver­kaufen oder nicht?« ant­wor­teten 78 Pro­zent mit »nicht verkaufen«.

Eine ähnliche Frage lau­tete: »In den Kriegs– und Kri­sen­ge­bieten werden die meisten Men­schen durch Pis­tolen, Gewehre und Maschi­nen­pis­tolen getötet. Sollte Deutsch­land den Ver­kauf sol­cher Waffen ins Aus­land grund­sätz­lich ver­bieten?«. 73 Pro­zent ant­wor­teten mit Ja.

Für ein grund­sätz­li­ches Verbot von Rüs­tungs­ex­porten setzt sich die »Aktion Auf­schrei – Stoppt den Waf­fen­handel!« ein. Die Kam­pagne hat das Ziel, daß das grund­sätz­liche Verbot von Rüs­tungs­ex­porten ins Grund­ge­setz auf­ge­nommen wird. Unter die For­de­rung werden bun­des­weit Unter­schriften gesammelt.

http://www.meinpolitikblog.de/hndler-des-todes

Gast
Gast


Nach oben Nach unten

Nach oben

- Ähnliche Themen

 
Befugnisse in diesem Forum
Sie können in diesem Forum nicht antworten