Einseitige Ermittlungen bei Neonazis?Jobcenter kürzte Hartz IV für Opfer
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Einseitige Ermittlungen bei Neonazis?Jobcenter kürzte Hartz IV für Opfer
Im Untersuchungsausschuss der Neonazi-Mordserie kommt einiges ans Licht - etwa Jobcenter, die Entschädigungen von Opfern mit Hartz-IV-Leistungen verrechnen. Noch immer wartet das Gremium auf Akten, die für die weitere Arbeit fehlen. Teilnehmer fordern von den Bundesländern mehr Wille zur Kooperation.
Der Neonazi-Untersuchungsausschuss des Bundestages setzt sich dafür ein, dass den Opfern der Mordserie dauerhaft gedacht wird. An den Orten der Taten sollten Gedenktafeln aufgestellt werden, sagte der CDU-Vertreter im Ausschuss, Clemens Binninger, nach der ersten öffentlichen Anhörung des Gremiums in Berlin. Die Ombudsfrau für die Opfer der Neonazi-Mordserie, Barbara John, forderte mehr Hilfe für die Hinterbliebenen.
Binninger verwies darauf, dass es für die 2007 in Heilbronn ermordete Polizistin bereits eine Gedenktafel gebe. "Ich halte es für sehr wichtig, solche Gedenkorte zu schaffen", sagte auch die SPD-Vertreterin Eva Högl. Auch John setzte sich für Gedenkenorte ein. Nach den Taten der linksterroristischen Rote Armee Fraktion (RAF) sei die Neonazi-Mordserie "das schlimmste Ereignis, das wir in der Nachkriegszeit erlebt haben".
John warf der Polizei einseitige Ermittlungsarbeit vor. Die Beamten hätten sich damals sehr schnell dafür entschieden, die Untersuchungen in die Richtung Ausländerkriminalität zu führen, sagte John am Donnerstag vor dem Neonazi-Untersuchungsausschuss des Bundestages. Daraufhin habe sich das soziale Umfeld der Opfer-Familien abgewandt nach dem Motto, es werde schon etwas dran sein an den Verdächtigungen.
An den Folgen der damaligen, falschen Verdächtigungen litten die Familien bis heute, sagte die frühere Berliner Ausländerbeauftragte. Sie forderte weitere, unbürokratische Hilfen für die Angehörigen der Getöteten. Einige Kinder der Mordopfer hätten heute Probleme, ihr Studium zu finanzieren, weil sie nach einer Unterbrechung kein Bafög mehr bekämen, berichtete John.
Schwierige Situation der Hinterbliebenen
John berichtete von Opfern, die eine Entschädigung von 10.000 Euro erhalten haben, und deren Hartz-IV-Zahlungen damit verrechnet werden. Hier bemühe sie sich durch Kontakte zu den Jobcentern um eine Änderung. Auch der Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy (SPD) kritisierte diese Praxis und kündigte Gespräche darüber mit der Bundesregierung an. Nach Angaben des FDP-Abegeordneten Hartfrid Wolff wird das Bundesarbeitsministerium in einem Schreiben an John klarstellen, dass es diese Verrechnung künftig nicht mehr geben werde.
John, die als erste Sachverständige vor dem Ausschuss gehört wurde, verwies auf die oft schwierige Situation der Überlebenden und den Hinterbliebenen. Weil sie oft selbst zu den Tatverdächtigen gezählt worden seien, seien sie "aus dem Kreis der Anständigen ausgeschlossen worden". Zu ihrer eigenen Arbeit sagte John, sie habe zur Unterstützung ihrer Tätigkeit erst jetzt eine 400-Euro-Stelle erhalten. Dazu sagte Edathy, es stelle sich die Frage, ob John nicht mehr Unterstützung brauche.
Der Untersuchungsausschuss appellierte an die Länder, ihm die zur Aufklärung nötigen Akten zu übermitteln. "Es holpert an dieser Stelle noch", sagte Wolff, nach einer gemeinsamen Beratung mit der Bund-Länder-Kommission. Auch deren Vertreter, der frühere Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD), mahnte eine Kooperation an. Die Länder sollten sich an die gemachten Zusagen halten.
Keine Akten aus den Ländern
Edathy forderte die Länder auf, der Kommission die zugesagte Unterstützung zu gewähren. Vier Wochen nach dem Start habe sie noch keine einzige Akte bekommen, so der SPD-Abgeordnete. Kommissionsmitglied Ehrhart Körting sagte, es seien Akten aus Thüringen und Sachsen angefordert worden. Bislang habe sich das Gremium mit den gesetzlichen Grundlagen der Verfassungsschutzbehörden befasst. "Aber jetzt muss ein bisschen Butter bei die Fische kommen", mahnte der SPD-Politiker und frühere Berliner Innensenator.
Körting bekräftigte, dass die Kommission Akten wolle und keine zusammenfassenden Berichte. "Wenn wir Strukturdefizite oder ähnliches prüfen sollen, dann brauchen wir schon die Originalunterlagen um festzustellen, ob es irgendwo Fehler gegeben hat." Der FDP-Obmann im Ausschuss, Hartfrid Wolff, sagte, es holpere bei der Zusammenarbeit mit den Ländern noch erheblich. Er erwarte von der Sonderkonferenz der Innenminister am 22. März in Berlin ein klares Signal für die Kooperation mit dem Untersuchungsausschuss und der Kommission.
Sachsen und Thüringen zuerst
Die Bund-Länder-Kommission, die dem Bundesinnenministerium angegliedert ist, wird sich bei ihren Untersuchungen zunächst auf Sachsen und Thüringen konzentrieren. Dagegen will der Bundestags-Untersuchungsausschuss nach Ostern mit der Betrachtung der Mordserie zwischen 2000 und 2007 richtig in die Beweisaufnahme einsteigen und dazu Beamte der bayerischen Sonderkommission "Bosporus" befragen. Bis Mitte nächsten Jahres will der Ausschuss seine Arbeit abschließen. Auch die Landtage in Sachsen und Thüringen haben Untersuchungsausschüsse eingesetzt.
Der Bundestagsausschuss will die der Neonazi-Gruppe Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) zur Last gelegte Mordserie an neun Migranten und der Heilbronner Polizistin aufklären, die wegen Ermittlungspannen von Länderbehörden lange unerkannt geblieben war. Der Untersuchungsausschuss und die Bund-Länder-Kommission sollen klären, warum die Sicherheitsbehörden die Neonazis jahrelang nicht im Visier hatten. Dass Rechtsterroristen für die Morde verantwortlich sind, war erst im vergangenen November bekanntgeworden.
Besorgt äußerten sich die Ausschussvertreter darüber, dass in dem vom sächsischen Landtag eingesetzten Untersuchungsausschuss auch die NPD vertreten ist. Die NPD dürfe "nichts erhalten, was ihr verfassungsfeindliches Agieren stärkt", sagte der Grünen-Abgeordnete Wolfgang Wieland.
n-tv.de, dpa/AFP
Quelle
Der Neonazi-Untersuchungsausschuss des Bundestages setzt sich dafür ein, dass den Opfern der Mordserie dauerhaft gedacht wird. An den Orten der Taten sollten Gedenktafeln aufgestellt werden, sagte der CDU-Vertreter im Ausschuss, Clemens Binninger, nach der ersten öffentlichen Anhörung des Gremiums in Berlin. Die Ombudsfrau für die Opfer der Neonazi-Mordserie, Barbara John, forderte mehr Hilfe für die Hinterbliebenen.
Binninger verwies darauf, dass es für die 2007 in Heilbronn ermordete Polizistin bereits eine Gedenktafel gebe. "Ich halte es für sehr wichtig, solche Gedenkorte zu schaffen", sagte auch die SPD-Vertreterin Eva Högl. Auch John setzte sich für Gedenkenorte ein. Nach den Taten der linksterroristischen Rote Armee Fraktion (RAF) sei die Neonazi-Mordserie "das schlimmste Ereignis, das wir in der Nachkriegszeit erlebt haben".
John warf der Polizei einseitige Ermittlungsarbeit vor. Die Beamten hätten sich damals sehr schnell dafür entschieden, die Untersuchungen in die Richtung Ausländerkriminalität zu führen, sagte John am Donnerstag vor dem Neonazi-Untersuchungsausschuss des Bundestages. Daraufhin habe sich das soziale Umfeld der Opfer-Familien abgewandt nach dem Motto, es werde schon etwas dran sein an den Verdächtigungen.
An den Folgen der damaligen, falschen Verdächtigungen litten die Familien bis heute, sagte die frühere Berliner Ausländerbeauftragte. Sie forderte weitere, unbürokratische Hilfen für die Angehörigen der Getöteten. Einige Kinder der Mordopfer hätten heute Probleme, ihr Studium zu finanzieren, weil sie nach einer Unterbrechung kein Bafög mehr bekämen, berichtete John.
Schwierige Situation der Hinterbliebenen
John berichtete von Opfern, die eine Entschädigung von 10.000 Euro erhalten haben, und deren Hartz-IV-Zahlungen damit verrechnet werden. Hier bemühe sie sich durch Kontakte zu den Jobcentern um eine Änderung. Auch der Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy (SPD) kritisierte diese Praxis und kündigte Gespräche darüber mit der Bundesregierung an. Nach Angaben des FDP-Abegeordneten Hartfrid Wolff wird das Bundesarbeitsministerium in einem Schreiben an John klarstellen, dass es diese Verrechnung künftig nicht mehr geben werde.
John, die als erste Sachverständige vor dem Ausschuss gehört wurde, verwies auf die oft schwierige Situation der Überlebenden und den Hinterbliebenen. Weil sie oft selbst zu den Tatverdächtigen gezählt worden seien, seien sie "aus dem Kreis der Anständigen ausgeschlossen worden". Zu ihrer eigenen Arbeit sagte John, sie habe zur Unterstützung ihrer Tätigkeit erst jetzt eine 400-Euro-Stelle erhalten. Dazu sagte Edathy, es stelle sich die Frage, ob John nicht mehr Unterstützung brauche.
Der Untersuchungsausschuss appellierte an die Länder, ihm die zur Aufklärung nötigen Akten zu übermitteln. "Es holpert an dieser Stelle noch", sagte Wolff, nach einer gemeinsamen Beratung mit der Bund-Länder-Kommission. Auch deren Vertreter, der frühere Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD), mahnte eine Kooperation an. Die Länder sollten sich an die gemachten Zusagen halten.
Keine Akten aus den Ländern
Edathy forderte die Länder auf, der Kommission die zugesagte Unterstützung zu gewähren. Vier Wochen nach dem Start habe sie noch keine einzige Akte bekommen, so der SPD-Abgeordnete. Kommissionsmitglied Ehrhart Körting sagte, es seien Akten aus Thüringen und Sachsen angefordert worden. Bislang habe sich das Gremium mit den gesetzlichen Grundlagen der Verfassungsschutzbehörden befasst. "Aber jetzt muss ein bisschen Butter bei die Fische kommen", mahnte der SPD-Politiker und frühere Berliner Innensenator.
Körting bekräftigte, dass die Kommission Akten wolle und keine zusammenfassenden Berichte. "Wenn wir Strukturdefizite oder ähnliches prüfen sollen, dann brauchen wir schon die Originalunterlagen um festzustellen, ob es irgendwo Fehler gegeben hat." Der FDP-Obmann im Ausschuss, Hartfrid Wolff, sagte, es holpere bei der Zusammenarbeit mit den Ländern noch erheblich. Er erwarte von der Sonderkonferenz der Innenminister am 22. März in Berlin ein klares Signal für die Kooperation mit dem Untersuchungsausschuss und der Kommission.
Sachsen und Thüringen zuerst
Die Bund-Länder-Kommission, die dem Bundesinnenministerium angegliedert ist, wird sich bei ihren Untersuchungen zunächst auf Sachsen und Thüringen konzentrieren. Dagegen will der Bundestags-Untersuchungsausschuss nach Ostern mit der Betrachtung der Mordserie zwischen 2000 und 2007 richtig in die Beweisaufnahme einsteigen und dazu Beamte der bayerischen Sonderkommission "Bosporus" befragen. Bis Mitte nächsten Jahres will der Ausschuss seine Arbeit abschließen. Auch die Landtage in Sachsen und Thüringen haben Untersuchungsausschüsse eingesetzt.
Der Bundestagsausschuss will die der Neonazi-Gruppe Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) zur Last gelegte Mordserie an neun Migranten und der Heilbronner Polizistin aufklären, die wegen Ermittlungspannen von Länderbehörden lange unerkannt geblieben war. Der Untersuchungsausschuss und die Bund-Länder-Kommission sollen klären, warum die Sicherheitsbehörden die Neonazis jahrelang nicht im Visier hatten. Dass Rechtsterroristen für die Morde verantwortlich sind, war erst im vergangenen November bekanntgeworden.
Besorgt äußerten sich die Ausschussvertreter darüber, dass in dem vom sächsischen Landtag eingesetzten Untersuchungsausschuss auch die NPD vertreten ist. Die NPD dürfe "nichts erhalten, was ihr verfassungsfeindliches Agieren stärkt", sagte der Grünen-Abgeordnete Wolfgang Wieland.
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