KZ-Außenlager Schandelah
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KZ-Außenlager Schandelah
Ein Konzentrationslager in Schandelah? – Vielen Menschen der Region ist davon nichts bekannt. Das Projekt des Historikers Markus Gröchtemeier und der Fotografin Yvonne Salzmann leistet Erinnerungsarbeit direkt vor der Haustür.
Gestartet ist es mit einer siebenköpfigen Gruppe autistischer Jugendlicher der Mansfeld-Löbbecke-Stiftung. In Begleitung ihrer Betreuer waren die 12-bis 19- Jährigen die Ersten, die an dem Wechselspiel von historischer Dokumentation und Fotografie als neue Form der Auseinandersetzung mit dem NS-Regime teilnahmen. Auslöser waren Fragen aus der Gruppe, als sie vom NS-Regime hörten und sich bewusst machten, dass sie selbst zu den Opfern gehört hätten.
Fährt man heute durch die Landschaft bei Schandelah östlich von Braunschweig, ist zunächst nicht viel von den NS-Gräueltaten, die hier bis 1945 stattfanden, zu erahnen. Eingerichtet wurde das Konzentrationslager als Außenstelle des KZ Neuengamme im Mai 1944 mit dem Ziel, das Ölschiefervorkommen zu erschließen.
Mit dem Trecker gelangt die Gruppe zu einem Gedenkstein mit der Aufschrift „Wir lernen nur, wenn wir nicht vergessen“. Am 6. Mai 1985 wurde er eingeweiht und dient bis heute als Gedenkstätte.
Gröchtemeier erinnert daran, dass wegen des Arbeitskräftemangels im Krieg die KZ-Häftlinge zum Tagebau herangezogen wurden. Sie arbeiteten unter unmenschlichen Bedingungen: keine Winterkleidung, mangelhafte Nahrungsmittelversorgung und Wasserknappheit. Der Ölschieferabbau war zwar zu keiner Zeit wirtschaftlich. Aber arbeitsunfähige Häftlinge schob man einfach in die KZs Drütte oder Neuengamme ab. Todesfälle wurden in Kauf genommen.
Weiter geht es mit der Gruppe über einen Waldweg zur ehemaligen Massengrabstelle. Dass hinter den Bäumen und Büschen ab November 1944 Tote verscharrt wurden, ist heute nicht mehr zu sehen. Einer der Jugendlichen fragt: „Was bedeutet das Wort ,verscharrt’?“, und erfährt, dass die Leichen aus Holzmangel in Erdlöchern begraben wurden – ohne Sarg und Namenstafel. Lediglich mit Laub bedeckte Erdlöcher zeugen von den ehemaligen Gräbern, dennoch werden auch hier die Fotoapparate gezückt.
Von den Lagern ist heute ebenfalls nichts mehr zu sehen. Aber auf dem Feld stehen noch die einst tragenden Pfeiler eines Brennofens. „Damals stand hier alle fünfzig bis hundert Meter ein Aufseher, damit keiner der Häftlinge einfach weglief“, erklärt der Historiker. Tag und Nacht wurde der Ofen befeuert.
Da war viel Arbeitskraft vonnöten. Die Häftlinge arbeiteten 10 bis 12 Stunden am Tag – mit einer Stunde Mittagspause. Ein Arbeiter habe 20 bis 25 Kilogramm allein tragen müssen. Auch das weiß der Historiker zu veranschaulichen. Nacheinander heben die Jugendlichen mit Wasser gefüllte Eimer gleichen Gewichts an – und das 12 Stunden am Tag?
Jetzt geht es wieder ans Bildermachen. Durch den Fotoapparat setzt sich die Gruppe noch einmal mit den Objekten auseinander. Gleichzeitig wird die Betroffenheit verarbeitet, weil man sich auf die Technik, Bildausschnitt und Komposition konzentrieren muss.
Zurück am Ausgangsort vergleichen die Teilnehmer in der Abschlussrunde ihre Bilder. Fast alle haben sich mit dem Brennofenfundament und den ehemaligen Gräbern beschäftigt, doch bei dem einen stehen die Blumen im Kontrast zu den Resten des Gräuels im Vordergrund, bei dem anderen wird das Objekt in historisierendem Schwarzweiß zum Dokument. So zeigt sich, dass die Perspektive auf die Erinnerungsorte ganz individuell ist.
Nach dem dreitägigen Projekt nimmt jeder ein Geschichts-und Fotobuch mit nach Hause. Der historische Rundgang hat Geschichte erfahrbar gemacht – über Erzählungen und Bilder. In Zukunft soll er zweimal jährlich in Kooperation mit dem Bildungszentrum des Landkreises Wolfenbüttel angeboten werden. Weitere Förderer erwünscht.
Kontakt: Bildungszentrum Landkreis Wolfenbüttel, (05331)84128, Email: l.loercher@lk-wf.de
Quelle
Gestartet ist es mit einer siebenköpfigen Gruppe autistischer Jugendlicher der Mansfeld-Löbbecke-Stiftung. In Begleitung ihrer Betreuer waren die 12-bis 19- Jährigen die Ersten, die an dem Wechselspiel von historischer Dokumentation und Fotografie als neue Form der Auseinandersetzung mit dem NS-Regime teilnahmen. Auslöser waren Fragen aus der Gruppe, als sie vom NS-Regime hörten und sich bewusst machten, dass sie selbst zu den Opfern gehört hätten.
Fährt man heute durch die Landschaft bei Schandelah östlich von Braunschweig, ist zunächst nicht viel von den NS-Gräueltaten, die hier bis 1945 stattfanden, zu erahnen. Eingerichtet wurde das Konzentrationslager als Außenstelle des KZ Neuengamme im Mai 1944 mit dem Ziel, das Ölschiefervorkommen zu erschließen.
Mit dem Trecker gelangt die Gruppe zu einem Gedenkstein mit der Aufschrift „Wir lernen nur, wenn wir nicht vergessen“. Am 6. Mai 1985 wurde er eingeweiht und dient bis heute als Gedenkstätte.
Gröchtemeier erinnert daran, dass wegen des Arbeitskräftemangels im Krieg die KZ-Häftlinge zum Tagebau herangezogen wurden. Sie arbeiteten unter unmenschlichen Bedingungen: keine Winterkleidung, mangelhafte Nahrungsmittelversorgung und Wasserknappheit. Der Ölschieferabbau war zwar zu keiner Zeit wirtschaftlich. Aber arbeitsunfähige Häftlinge schob man einfach in die KZs Drütte oder Neuengamme ab. Todesfälle wurden in Kauf genommen.
Weiter geht es mit der Gruppe über einen Waldweg zur ehemaligen Massengrabstelle. Dass hinter den Bäumen und Büschen ab November 1944 Tote verscharrt wurden, ist heute nicht mehr zu sehen. Einer der Jugendlichen fragt: „Was bedeutet das Wort ,verscharrt’?“, und erfährt, dass die Leichen aus Holzmangel in Erdlöchern begraben wurden – ohne Sarg und Namenstafel. Lediglich mit Laub bedeckte Erdlöcher zeugen von den ehemaligen Gräbern, dennoch werden auch hier die Fotoapparate gezückt.
Von den Lagern ist heute ebenfalls nichts mehr zu sehen. Aber auf dem Feld stehen noch die einst tragenden Pfeiler eines Brennofens. „Damals stand hier alle fünfzig bis hundert Meter ein Aufseher, damit keiner der Häftlinge einfach weglief“, erklärt der Historiker. Tag und Nacht wurde der Ofen befeuert.
Da war viel Arbeitskraft vonnöten. Die Häftlinge arbeiteten 10 bis 12 Stunden am Tag – mit einer Stunde Mittagspause. Ein Arbeiter habe 20 bis 25 Kilogramm allein tragen müssen. Auch das weiß der Historiker zu veranschaulichen. Nacheinander heben die Jugendlichen mit Wasser gefüllte Eimer gleichen Gewichts an – und das 12 Stunden am Tag?
Jetzt geht es wieder ans Bildermachen. Durch den Fotoapparat setzt sich die Gruppe noch einmal mit den Objekten auseinander. Gleichzeitig wird die Betroffenheit verarbeitet, weil man sich auf die Technik, Bildausschnitt und Komposition konzentrieren muss.
Zurück am Ausgangsort vergleichen die Teilnehmer in der Abschlussrunde ihre Bilder. Fast alle haben sich mit dem Brennofenfundament und den ehemaligen Gräbern beschäftigt, doch bei dem einen stehen die Blumen im Kontrast zu den Resten des Gräuels im Vordergrund, bei dem anderen wird das Objekt in historisierendem Schwarzweiß zum Dokument. So zeigt sich, dass die Perspektive auf die Erinnerungsorte ganz individuell ist.
Nach dem dreitägigen Projekt nimmt jeder ein Geschichts-und Fotobuch mit nach Hause. Der historische Rundgang hat Geschichte erfahrbar gemacht – über Erzählungen und Bilder. In Zukunft soll er zweimal jährlich in Kooperation mit dem Bildungszentrum des Landkreises Wolfenbüttel angeboten werden. Weitere Förderer erwünscht.
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