KZ-Außenlager Schandelah oder Amerikanisiert: Fracking Camp
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KZ-Außenlager Schandelah oder Amerikanisiert: Fracking Camp
Das Konzentrationslager Schandelah, auch KZ-Außenlager Schandelah, lag im Ortsteil Wohld des Ortes Schandelah im Landkreis Wolfenbüttel in der Nähe von Braunschweig in Niedersachsen und war ein Außenlager des KZ Neuengamme. Das KZ-Außenlager, im damaligen Sprachgebrauch auch Außenkommando genannt, bestand vom 8. Mai 1944 bis zum 12. April 1945.[1]
Gedenkstein am Lagerplatz
Errichtet wurde es im Rahmen des Mineralölsicherungsplans der NS-Regierung Mitte 1944, als die kriegsbedeutende Treibstoffindustrie durch Bombenangriffe der Alliierten teilweise zerstört worden war. Es galt als die wichtigste Einrichtung für die Erforschung und Herstellung von synthetischem Benzin aus Ölschiefer in Öfen in einem Versuchswerk und bildete insofern eine Ausnahme unter den Konzentrationslagern. Wie in weiteren sieben Konzentrationslagern, mussten die KZ-Häftlinge unter menschenunwürdigen Bedingungen Ölschiefergestein als Grundlage für die Benzinherstellung abbauen.
Eingesetzt wurden unter SS-Bewachung zur Zwangsarbeit die Häftlinge des Konzentrationslagers Neuengamme und des Außenlagers Salzgitter-Drütte. Zuständig für die fachliche Durchführung waren die Steinöl GmbH Braunschweig und die Technische Universität Braunschweig, beide vertreten durch Solms Wilhelm Wittig.
Anstrengungen zur Gewinnung von Treibstoff aus Ölschiefergestein
Als sich die Treibstoffversorgung der Wehrmacht durch die Bombardierung der deutschen Treibstoffanlagen und durch den Verlust der rumänischen Ölfelder immer weiter verschlechterte, entwickelte Edmund Geilenberg nach einem persönlichen Treffen mit Adolf Hitler am 30. Mai 1944 den Mineralölsicherungsplan, der mit höchster Priorität beschlossen und auch als Geilenberg-Programm bezeichnet wurde.[2]
Die Nationalsozialisten hofften mit diesen Maßnahmen ihren Treibstoffengpass zu beseitigen. Bereits im Oktober 1943 hatte sich der Ministerpräsident des Freistaates Braunschweig Dietrich Klagges in einem Schreiben an den Reichsführer SS Heinrich Himmler für das Vorantreiben der Ölgewinnung im Land Braunschweig angedient.[3] Im Mineralölsicherungsplan gab es das geheime Unternehmen Wüste, das mit der Erschließung von Ölschieferlagerstätten zur Gewinnung von Öl höchste Priorität hatte. Ölschiefergestein enthält bituminöse Bestandteile, die brennbar sind, und es lässt sich unter Einfluss von Wärme in kleinen Mengen Schieferöl in einem sogenannten Schwelverfahren gewinnen.
Das Posidonienschieferlager im Süden von Wolfsburg in einer Länge von etwa 11 Kilometern, einer Breite von 2,5 Kilometern und knapp 40 Metern ölführenden Mächtigkeit wurde für überaus bedeutend zur massenhaften Treibstofferzeugung gehalten. Neben dem KZ Schandelah wurden im Rahmen des Wüste-Programms in sieben Konzentrationslagern in Württemberg in einem Ölschiefervorkommen aus dem Lias auf der Schwäbischen Alb um Balingen in zehn Produktionsstätten durch 15.000 KZ-Häftlinge und weitere Zwangsarbeiter Ölschiefer abgebaut. Etwa 3.500 bis 4.000 Häftlinge wurden von SS-Wachmannschaften und anderen Wachen beim Ölschieferabbau in Baden-Württemberg[4] und etwa 200 Personen im KZ-Außenlager Schandelah umgebracht.
Planungen für das KZ-Außenlager Schandelah
Das Konzentrationslager Schandelah sollte im Raum Helmstedt und Wolfsburg errichtet werden. Die Braunschweigische Kohlen-Bergwerke AG schätzte im Jahre 1943, dass 75 Mio. Tonnen Schandelaher Schieferöl gewonnen werden könnten. Bereits im Ersten Weltkrieg gab es Versuche, Öl aus diesem Vorkommen zu gewinnen, und ab 1943 ließ das Ministerium für Bewaffnung und Munition unter Albert Speer[5]. prüfen, ob die Gewinnung von Öl als kriegswichtigem Treibstoff aus Ölschiefer möglich sei.
Der Generaldirektor der Deutschen Asphalt AG (DASAG), Solms Wilhelm Wittig, gründete nach einer Besprechung mit Klagges eine Tochtergesellschaft der DASAG, die Steinöl-GmbH Braunschweig, die zur Verschleierung des eigentlichen Zweckes als Kalk- und Zementwerke Schandelah ins Handelsregister eingetragen wurde. An dieser Besprechung nahmen des Weiteren teil, Oberbergrat Göhlich, Direktor Borchart und Hans-Joachim Freiherr von Kruedener.[6] Die Reichsregierung sicherte vertraglich eine Verzinsung der Investitionen zu, beteiligte sich mit 50 Prozent am Aktien-Stammkapital und finanzierte die erforderlichen 7-8 Millionen Reichsmark zum Bau eines Versuchswerkes zur synthetischen Herstellung von Öl vor.[7]
Mit dem Geilenberg-Programm erhielt das Versuchswerk im August 1944 höchste Kriegswichtigkeit; es wurde unverzüglich gebaut, und Häftlinge des KZ Neuengamme im sogenannten Außenkommando Schandelah wurden unter menschenunwürdigen Bedingungen eingesetzt. Geilenberg besuchte im Herbst 1944 das Lager Schandelah gemeinsam mit Wittig und anderen Firmenangehörigen der Steinöl GmbH in der dortigen SS-Baracke persönlich und forcierte die Anbindung ans Schienennetz, den Bau der Versuchsöfen und wollte sich um die weitere Bereitstellung von KZ-Häftlingen kümmern.[8]
Konzeption und Betrieb durch die Steinöl GmbH und die SS
Die Steinöl GmbH mit ihrem Geschäftsführer S. Wittig spielte bei den Planungen und beim laufenden Betrieb des Außenlagers Schandelah eine besondere Rolle. Wittig war Bauingenieur und hatte eine Professur am Lehrstuhl für Straßenbau und Städtisches Bauwesen an der TU Dresden inne. Er war seit 1941 Generaldirektor der Deutschen Asphalt AG mit Sitz in Eschershausen. Hauptaktionär der DASAG war der Freistaat Braunschweig mit 97 Prozent. Ihm wurde die Leitung des Forschungsinstituts für Naturasphalt an der TU Braunschweig im April 1944 übertragen, das als es am 15. Oktober 1944 bombardiert wurde, nach Schandelah ausgelagert wurde. Wittig bestimmte Hans Detlev Ohlen zu seinem Stellvertreter bei der Steinöl GmbH.
Am 20. Januar 1944 fand mit dem Lagerkommandanten der KZ Salzgitter-Drütte Herbert Rautenberg und Vertretern der Steinöl GmbH ein Ortstermin in Schandelah zur Errichtung des Häftlingslagers statt. Am Asphaltinstitut der TU Braunschweig arbeitete unter Wittig ein Otto Hefter, der sich seit 1937 mit der Gewinnung von Öl befasste. Hefter überwachte nach der Bombardierung Braunschweigs im Oktober 1944 im Außenlager Schandelah die Versuchsöfen der Steinöl GmbH. Sein Gehalt wurde weiterhin von der TU Braunschweig bezahlt.
Die Steinöl GmbH war für die Einteilung der Arbeiten der KZ-Häftlinge sowie für die Bereitstellung der Unterkünfte, deren Beheizung und Unterhalt zuständig. Ferner war sie auch für die Begleichung der Medikamentenrechnungen verantwortlich, worüber sie sich zum Teil schriftlich über die Rechnungshöhe beschwerte und die Unterschrift verweigerte. Im Mai 1944 wurde mit der Steinöl GmbH vereinbart, dass kranke und nicht mehr arbeitsfähige KZ-Häftlinge nach Neuengamme bzw. nach Salzgitter zurückgeschickt werden.[9]
Ab dem 11. August 1944 übernahm der SS-Unterscharführer Ebsen das Kommando von SS-Oberscharführer Jauch über das Lager Schandelah, das erstmals um den 18. Mai 1944 mit etwa 100 Häftlingen belegt wurde. Die Zahl der Häftlinge stieg bis zum November 1944 auf etwa 750 bis 800 an. Die Lagerhäftlinge kamen zum größten Teil aus der Sowjetunion, aus Polen, Belgien und Frankreich und kleinere Personengruppen aus den Niederlanden, aus Dänemark, Deutschland, Spanien, Italien, Griechenland, aus der Tschechoslowakei und Jugoslawien. Eingesetzt wurden die Häftlinge im Ölschiefer-Tagebau, für den Bau der Unterkünfte und die Beschickung der Versuchsöfen sowie in der Versorgung und Verwaltung.
Für den Bau der Unterkünfte, der Beheizung und für die Einrichtung war die Steinöl-GmbH Braunschweig und für die Bewachung der KZ-Häftlinge, An- und Abtransport, Verpflegung, Bekleidung sowie für die medizinische Versorgung die SS zuständig. Die SS bildete durch sogenannte Kapos (zu Aufsehern ernannte KZ-Häftlinge) geführte zwölf Stunden arbeitende Sträflingskolonnen (Kommandos genannt), die durch mit Karabinern und Schlagstöcken bewaffnete SS-Männer bewacht wurden. Je eine Kolonne arbeitete entweder beim Bau einer Eisenbahnlinie zum Bahnhof Schandelah bzw. im Ölschieferabbau. Der Zuweisung zum Eisenbahnbau, zum sogenannten Kommando Staatsbahn, war gefürchtet, weil die dortige SS-Wachmannschaft besonders brutal war. Das Vorhaben der Ölgewinnung wuchs in der zweiten Jahreshälfte 1944 relativ schnell und ab Januar 1945 konnte der Versuchsbetrieb eröffnet werden.
Unmenschliche Bedingungen der Zwangsarbeit
Im Schieferbruch wurde das Gestein mit der Hacke herausgebrochen und mit der Hand in Loren verladen. Die Häftlinge, die im Eisenbahnbau beschäftigt waren, mussten mit Schaufeln und Hacken das Gleisbett ausheben und ohne maschinelle Hilfe die Schwellen und die tonnenschweren eisernen Gleise verlegen.
Die Bedienerbelegschaft der zwei Versuchsöfen bestand aus je 70 Männern, die in zwei 12-Stundenschichten 24 bis 32 Tonnen Ölschiefer in die Öfen schaufelten. Zur Gewinnung von einer Tonne Schweröl mussten etwa 35 Tonnen Ölschiefer gebrochen werden.
Zunächst bestand die Unterkunft für die Häftlinge aus einer Baracke und später aus vier Baracken, drei davon waren durch Häftlinge und eine Baracke war für die Bewacher sowie durch zivile Beschäftigte für Reparatur- und andere Arbeiten sowie durch das aus Braunschweig ausgelagerte Asphalt-Forschungsinstitut der TU Braunschweig belegt. Das KZ war durch einen elektrisch geladenen Stacheldraht gegen Fluchtversuche gesichert. Die Baracken der Häftlinge waren mit zwischen 250 und 500 Männern in dreistöckigen Betten übervoll belegt. Zeitweise musste sich vier Männer ein Bett teilen. Je Häftling gab es drei Decken, später nur noch zwei, und einen Strohsack.
Schwerkranke oder nicht mehr leistungsfähige Gefangene wurden zurück ins KZ Neuengamme oder ins KZ-Außenlager Salzgitter-Drütte ausgesondert und leichter Erkrankte ins Krankenrevier des Lagers verbracht. Im KZ-Außenlager Schandelah gab es weder Medizin noch Pflege oder qualifiziertes Pflegepersonal. Es gab keinen Arzt und nur einen Sanitäter, der zunächst einmal pro Woche vom Außenlager Salzgitter-Drütte kam und von einem Hilfssanitäter vor Ort, der von Beruf Bauarbeiter war, unterstützt wurde. Ein Arzt aus dem Dorf Schandelah wurde nur zum Ausstellen von Totenscheinen ins Lager gerufen. Es sind schätzungsweise etwa 200 KZ-Häftlinge umgebracht worden, davon sind 20 Männer auf der Flucht erschossen und fünf von SS-Wächtern erschlagen worden. Die genaue Anzahl der Ermordeten ist nicht mehr zu ermitteln.
Pierre Verhaegen, ein belgischer KZ-Häftling, sagte vor dem Britischen Militärgericht 1947 aus: „Wir wurden schon morgens mit Prügel geweckt; beim Frühstück ging es weiter. Auf dem Weg zur Arbeit und an den Arbeitsplätzen ging es weiter. Auch wenn wir schlafend in unseren Betten lagen, waren wir davor nicht sicher.“[10]
Georg Walter Adler, ein deutscher KZ-Häftling, berichtete im Kriegsverbrecherprozess, dass die Verpflegung miserabel und für die schwere Arbeit nie ausreichend war: „Zum Frühstück um 6.00 Uhr gab es Kaffee und eine Scheibe Brot im Gewicht von 100 Gramm. Um 10.00 Uhr bekamen wir nochmals 2 Scheiben Brot von 200 Gramm. Um 12.00 Uhr war Mittag und dann gab es Steckrübensuppe, manchmal mit Kartoffeln meistens ohne, im ganzen 1 1/4 Liter. Die Mittagszeit war so knapp, dass manchmal die Häftlinge ihr Essen nicht restlos verzehren konnten und wieder zur Arbeit herausgejagt wurden. Unsere letzte Mahlzeit war um 18:00 Uhr, diese bestand aus 250 Gramm Brot, 10 Gramm bis 15 Gramm Margarine, und abwechselnd einmal Fischpaste, Rote Bete oder Wurst.“[11]. Teilweise 20 Gefangene mussten sich oft täglich einen Laib Brot teilen. Nicht jeder bekam eine Mittagssuppe, denn nicht jeder hatte einen Napf.
Die Baracken konnten zwar beheizt werden, aber es wurde kein brennbares Material zugewiesen und um sich vor der Kälte zu schützen, trugen die KZ-Häftlinge leere papierne Zementsäcke aus den Bauvorhaben unter ihrer Wäsche, was bei Entdeckung schwere körperliche Strafen mit 25 Stockhieben nach sich zog. Im September 1944 war die dritte Baracke noch nicht fertiggestellt, daher mussten die Häftlinge ohne Decken frierend auf Stroh nächtigen.
Eine Hose, Jacke, ein Paar Schuhe aus Holz und eine Mütze mussten im Lager solange getragen werden, bis sie nicht mehr zu gebrauchen und völlig zerschlissen waren. Wäsche und Unterwäsche konnte in der ersten Zeit nicht gewechselt und nicht gewaschen werden. Nach mehr als einem halben Jahre wurde lediglich einmal Unterwäsche ersetzt. Die Wäsche, die zu tragen war, war demzufolge verschmutzt und verlaust. Die ersten vier Monate war keine Wasserleitung vorhanden und Wasser wurde in Behältern ins Lager gebracht. Erst ab Februar 1945 gab es aufgrund technischer Probleme beim Wasserleitungsbau Waschmöglichkeiten und fließendes Wasser.
Verhältnis zur Bevölkerung im Umkreis
Das KZ-Außenlager lag an einer öffentlichen Straße zwischen Scheppau und Hordorf. Die umliegenden Felder wurden von Bauern bewirtschaftet, und die am Bau der Eisenbahn beteiligten KZ-Häftlinge konnten von der Bevölkerung gesehen werden. Häftlinge, die flüchteten, wurden zum Teil von Dorfbewohnern aus der Umgebung verraten. Die KZ-Verwaltung kaufte Lebensmittel und andere Gegenstände in den umliegenden Dörfern ein. Das Konzentrationslager musste der dort lebenden Bevölkerung bekannt gewesen sein. Die meisten stimmten mit der NS-Propaganda überein, es handle sich bei den Zwangsarbeitern im Lager um Kriminelle, denen ihre Hilfe nicht zustehe.[12] Diese Haltung wirkte sich noch nach Kriegsende aus, denn 1965 wurde auf Befragungen eines ehemaligen Häftlings in Schandelah von Dorfbewohnern geäußert, dass es kein Konzentrationslager, sondern lediglich außerhalb des Ortes ein Ausländerlager gegeben habe.
Bis heute stellt sich die ehemalige Existenz des Lagers und die Begräbnisstätte auf dem Scheppauer Friedhof für einen Teil der Bevölkerung als problematisch dar. Die jährlichen Besuche der nur noch wenigen Überlebenden dieses Konzentrationslager auf dem Friedhof werden leider immer noch von vielen ignoriert. Einige engagierte Bürger des Dorfes Scheppau kümmern sich privat um die Grabpflege der teilweise unbekannten Toten.
Im Jahre 2005 jährte sich die Befreiung zum 60. Mal. Ehemalige Häftlinge, sowie ein großer Teil der Nachkommen der dort zu Tode gekommenen Menschen trafen sich u. a. auf dem Friedhof von Scheppau zu einer bewegenden Gedenkfeier.
Befreiung
Das Konzentrationslager war relativ konstant bis zum April 1945 mit 750 bis 800 Häftlingen belegt. Anfang April 1945 wurden KZ-Lager im Westen Deutschlands vor den anrückenden Amerikanern, wie z. B. die Konzentrationslager bei Porta Westfalica mit der Folge geräumt, dass das KZ-Außenlager Schandelah einen Teil dieser Häftlinge aufnehmen musste und mit etwa 1.200 bis 1.300 Häftlingen völlig überfüllt war. Am 10. April 1945 wurden die KZ-Häftlinge in Güterwaggons ins Auffanglager Wöbbelin bei Ludwigslust abtransportiert. Sie kamen erst am 13. April dort an und wurden am 2. Mai 1945 durch amerikanische Soldaten befreit.
Kriegsverbrecherprozess
Am 2. Januar 1947 begann vor dem Britischen Militärgericht in Braunschweig ein Kriegsverbrecherprozess gegen Solms Wilhelm Wittig (Generaldirektor DASAG), Dr. Otto Hefter (Leiter des Forschungsinstituts für Natur-Asphalt der TU Braunschweig), und Hans Delev Ohlen (stellv. Geschäftsführer Steinöl-GmbH Braunschweig), der vier Wochen bis zur Urteilsverkündigung dauerte.
Angeklagte des SS-Wachpersonals waren Friedrich Ebsen (Lagerkommandant), Carl Truschel (stellv. Lagerkommandant), Erich Arnold Jahn (Küchenleiter im Lager), Johann Heitz (SS-Hundeführer), Arthur Große (Kapo des gefürchteten Kommando Staatsbahn) und Herbert Schiefelbein (Kapo).
Die Zeugen berichteten im Laufe der Verhandlung von der unmenschlichen Behandlung, die zum Teil zum Tod der Häftlinge führte. Die Angeklagten Solms Wittig, Friedrich Ebsen, Carl Truschel, Johann Heitz und Arthur Große wurden zum Tode durch Hängen verurteilt. Wittigs Urteil wurde nicht vollstreckt, sondern im März 1947 in eine 20-jährige Gefängnisstrafe umgewandelt. Seine Begnadigung erfolgte im Mai 1955. Ebsen, Große, Truschel und Heitz wurden am 2. Mai 1947 im Zuchthaus Hameln hingerichtet. Ohlen wurde mit 10-jährigem und Schiefelbein mit 2-jährigem Gefängnis bestraft. Ohlens Strafe wurde auf sieben Jahre verkürzt: er kam bereits im August 1950 frei. Hefter sowie Jahn wurden freigesprochen.[13]
Bemerkenswerterweise bildete das KZ-Außenlager Schandelah zwar ein Außenlager des KZ Neuengamme, das SS-Personal jedoch unterstand dem Lagerkommandanten Hauptscharführer Max Kirstein des Braunschweiger KZ-Außenlagers Schillstraße, der in der Region als Stützpunktleiter[14] fungierte und nie zur Rechenschaft gezogen wurde.
Endgültiges Scheitern der Planungen, heutige Verwendung der ehemaligen KZ-Anlagen
Die Steinöl-GmbH bestand zunächst nach Kriegsende weiter, aber die Briten zeigten kein Interesse an dieser Form der Ölgewinnung, und die Firma meldete 1946 Konkurs an. Die Versuchsanlage mit den Öfen und die Holzbaracken der Verwaltung nördlich von Wohld wurden bis auf das sogenannte Betonskelett nach dem Kriegsende abgebaut. Die Steinbaracken wurden von Privatpersonen erworben und zu Wohnhäusern umgebaut. Das Gelände des Häftlingslagers lag südlich der Landesstraße 633. Dort befindet sich heute ein landwirtschaftlicher Betrieb. Der ehemalige Tagebau des Ölschieferabbaus, der sich südlich an die Wohlder Gedenkstätte anschließt und durch Bäume zugewachsen ist, füllte sich mit Wasser und ist heute ein Biotop. Auch spätere Versuche, aus dem Vorkommen Treibstoff zu gewinnen, scheiterten.
Bestattung, Gräber und Gedenkorte
Der erste Bestattungsort für die ermordeten Häftlinge lag im Norden des Konzentrationslagers, wo die Leichen lediglich verscharrt wurden. Die britische Militärregierung befahl im Mai 1946 die Umbettung dieser Toten durch deutsche Kriegsgefangene und Werksangehörige der Firmen Büssing AG und Luther. Sie gruben 113 ermordete Zwangsarbeiter aus, die in Särge gelegt und in einer neuen Gedenkstätte würdig bestattet wurden.
Im Juli 1954 wurden die Toten durch die Stadt Königslutter auf den Scheppauer Friedhof umgebettet, und der von den Briten festgelegte Gedenkort wurde aufgegeben. Die Stadt ließ dort am 1. Mai 1995 einen Gedenkstein mit Hinweisen zu den Toten und zum Außenlager Schandelah-Wohld errichten. Weitere Häftlinge, die außerhalb der Ehrenruhestätte in Scheppau begraben waren, wurden in den 1960er Jahren nach Scheppau umgebettet. Da nicht alle KZ-Häftlinge namentlich identifiziert werden konnten, blieben einige Grabsteine namenlos.
Alle Kriegsgräber und Gräber von Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft müssen entsprechend gesetzlicher Vorgaben für die Nachwelt erhalten bleiben, daher erhält der Friedhofsträger des Scheppauer Friedhofs für die Grabpflege staatliche Zuschüsse.
Als Mitglieder der Grünen Bürgerliste zur Erinnerung an das KZ-Außenlager Schandelah 1982 ein hölzernes Kreuz am ehemaligen Lagergelände aufstellten, protestierten die Bürger von Schandelah-Wohld. Auf Weisung des Straßenbauamtes Wolfenbüttel wurde es wieder entfernt. Nachdem die Grünen Bürgerliste und die belgischen Amicale belge de Neuengamme (Bruderschaft der ehemaligen Neuengamme KZ-Gefangenen) lange intervenierten, ließ die Gemeinde Cremlingen und der Landkreis Wolfenbüttel vor dem westlichen Ortseingang von Schandelah-Wohld und auf der Nordseite der Landesstraße 633 zwischen Hordorf und Scheppau eine Gedenkstätte mit einem beschrifteten Findling errichten. Sie wurde am 6. Mai 1985 der Öffentlichkeit übergeben. Seit 1982 finden hier jedes Jahr am 6. Mai Gedenkveranstaltungen der Amicale belge de Neuengamme statt.
Ende September 2004 wurde die Gedenkstätte mit nationalsozialistischen Symbolen besprüht und eine Gedenkplatte entwendet. Die Ermittlungen blieben ohne Ergebnis. Die Schmierereien wurden beseitigt und die Platte erneuert.[15]
Im Juni 2012 wurde die bronzene Gedenktafel erneut entwendet.[16]
Quelle - literatur & Einzelnachweise
Gedenkstein am Lagerplatz
Errichtet wurde es im Rahmen des Mineralölsicherungsplans der NS-Regierung Mitte 1944, als die kriegsbedeutende Treibstoffindustrie durch Bombenangriffe der Alliierten teilweise zerstört worden war. Es galt als die wichtigste Einrichtung für die Erforschung und Herstellung von synthetischem Benzin aus Ölschiefer in Öfen in einem Versuchswerk und bildete insofern eine Ausnahme unter den Konzentrationslagern. Wie in weiteren sieben Konzentrationslagern, mussten die KZ-Häftlinge unter menschenunwürdigen Bedingungen Ölschiefergestein als Grundlage für die Benzinherstellung abbauen.
Eingesetzt wurden unter SS-Bewachung zur Zwangsarbeit die Häftlinge des Konzentrationslagers Neuengamme und des Außenlagers Salzgitter-Drütte. Zuständig für die fachliche Durchführung waren die Steinöl GmbH Braunschweig und die Technische Universität Braunschweig, beide vertreten durch Solms Wilhelm Wittig.
Anstrengungen zur Gewinnung von Treibstoff aus Ölschiefergestein
Als sich die Treibstoffversorgung der Wehrmacht durch die Bombardierung der deutschen Treibstoffanlagen und durch den Verlust der rumänischen Ölfelder immer weiter verschlechterte, entwickelte Edmund Geilenberg nach einem persönlichen Treffen mit Adolf Hitler am 30. Mai 1944 den Mineralölsicherungsplan, der mit höchster Priorität beschlossen und auch als Geilenberg-Programm bezeichnet wurde.[2]
Die Nationalsozialisten hofften mit diesen Maßnahmen ihren Treibstoffengpass zu beseitigen. Bereits im Oktober 1943 hatte sich der Ministerpräsident des Freistaates Braunschweig Dietrich Klagges in einem Schreiben an den Reichsführer SS Heinrich Himmler für das Vorantreiben der Ölgewinnung im Land Braunschweig angedient.[3] Im Mineralölsicherungsplan gab es das geheime Unternehmen Wüste, das mit der Erschließung von Ölschieferlagerstätten zur Gewinnung von Öl höchste Priorität hatte. Ölschiefergestein enthält bituminöse Bestandteile, die brennbar sind, und es lässt sich unter Einfluss von Wärme in kleinen Mengen Schieferöl in einem sogenannten Schwelverfahren gewinnen.
Das Posidonienschieferlager im Süden von Wolfsburg in einer Länge von etwa 11 Kilometern, einer Breite von 2,5 Kilometern und knapp 40 Metern ölführenden Mächtigkeit wurde für überaus bedeutend zur massenhaften Treibstofferzeugung gehalten. Neben dem KZ Schandelah wurden im Rahmen des Wüste-Programms in sieben Konzentrationslagern in Württemberg in einem Ölschiefervorkommen aus dem Lias auf der Schwäbischen Alb um Balingen in zehn Produktionsstätten durch 15.000 KZ-Häftlinge und weitere Zwangsarbeiter Ölschiefer abgebaut. Etwa 3.500 bis 4.000 Häftlinge wurden von SS-Wachmannschaften und anderen Wachen beim Ölschieferabbau in Baden-Württemberg[4] und etwa 200 Personen im KZ-Außenlager Schandelah umgebracht.
Planungen für das KZ-Außenlager Schandelah
Das Konzentrationslager Schandelah sollte im Raum Helmstedt und Wolfsburg errichtet werden. Die Braunschweigische Kohlen-Bergwerke AG schätzte im Jahre 1943, dass 75 Mio. Tonnen Schandelaher Schieferöl gewonnen werden könnten. Bereits im Ersten Weltkrieg gab es Versuche, Öl aus diesem Vorkommen zu gewinnen, und ab 1943 ließ das Ministerium für Bewaffnung und Munition unter Albert Speer[5]. prüfen, ob die Gewinnung von Öl als kriegswichtigem Treibstoff aus Ölschiefer möglich sei.
Der Generaldirektor der Deutschen Asphalt AG (DASAG), Solms Wilhelm Wittig, gründete nach einer Besprechung mit Klagges eine Tochtergesellschaft der DASAG, die Steinöl-GmbH Braunschweig, die zur Verschleierung des eigentlichen Zweckes als Kalk- und Zementwerke Schandelah ins Handelsregister eingetragen wurde. An dieser Besprechung nahmen des Weiteren teil, Oberbergrat Göhlich, Direktor Borchart und Hans-Joachim Freiherr von Kruedener.[6] Die Reichsregierung sicherte vertraglich eine Verzinsung der Investitionen zu, beteiligte sich mit 50 Prozent am Aktien-Stammkapital und finanzierte die erforderlichen 7-8 Millionen Reichsmark zum Bau eines Versuchswerkes zur synthetischen Herstellung von Öl vor.[7]
Mit dem Geilenberg-Programm erhielt das Versuchswerk im August 1944 höchste Kriegswichtigkeit; es wurde unverzüglich gebaut, und Häftlinge des KZ Neuengamme im sogenannten Außenkommando Schandelah wurden unter menschenunwürdigen Bedingungen eingesetzt. Geilenberg besuchte im Herbst 1944 das Lager Schandelah gemeinsam mit Wittig und anderen Firmenangehörigen der Steinöl GmbH in der dortigen SS-Baracke persönlich und forcierte die Anbindung ans Schienennetz, den Bau der Versuchsöfen und wollte sich um die weitere Bereitstellung von KZ-Häftlingen kümmern.[8]
Konzeption und Betrieb durch die Steinöl GmbH und die SS
Die Steinöl GmbH mit ihrem Geschäftsführer S. Wittig spielte bei den Planungen und beim laufenden Betrieb des Außenlagers Schandelah eine besondere Rolle. Wittig war Bauingenieur und hatte eine Professur am Lehrstuhl für Straßenbau und Städtisches Bauwesen an der TU Dresden inne. Er war seit 1941 Generaldirektor der Deutschen Asphalt AG mit Sitz in Eschershausen. Hauptaktionär der DASAG war der Freistaat Braunschweig mit 97 Prozent. Ihm wurde die Leitung des Forschungsinstituts für Naturasphalt an der TU Braunschweig im April 1944 übertragen, das als es am 15. Oktober 1944 bombardiert wurde, nach Schandelah ausgelagert wurde. Wittig bestimmte Hans Detlev Ohlen zu seinem Stellvertreter bei der Steinöl GmbH.
Am 20. Januar 1944 fand mit dem Lagerkommandanten der KZ Salzgitter-Drütte Herbert Rautenberg und Vertretern der Steinöl GmbH ein Ortstermin in Schandelah zur Errichtung des Häftlingslagers statt. Am Asphaltinstitut der TU Braunschweig arbeitete unter Wittig ein Otto Hefter, der sich seit 1937 mit der Gewinnung von Öl befasste. Hefter überwachte nach der Bombardierung Braunschweigs im Oktober 1944 im Außenlager Schandelah die Versuchsöfen der Steinöl GmbH. Sein Gehalt wurde weiterhin von der TU Braunschweig bezahlt.
Die Steinöl GmbH war für die Einteilung der Arbeiten der KZ-Häftlinge sowie für die Bereitstellung der Unterkünfte, deren Beheizung und Unterhalt zuständig. Ferner war sie auch für die Begleichung der Medikamentenrechnungen verantwortlich, worüber sie sich zum Teil schriftlich über die Rechnungshöhe beschwerte und die Unterschrift verweigerte. Im Mai 1944 wurde mit der Steinöl GmbH vereinbart, dass kranke und nicht mehr arbeitsfähige KZ-Häftlinge nach Neuengamme bzw. nach Salzgitter zurückgeschickt werden.[9]
Ab dem 11. August 1944 übernahm der SS-Unterscharführer Ebsen das Kommando von SS-Oberscharführer Jauch über das Lager Schandelah, das erstmals um den 18. Mai 1944 mit etwa 100 Häftlingen belegt wurde. Die Zahl der Häftlinge stieg bis zum November 1944 auf etwa 750 bis 800 an. Die Lagerhäftlinge kamen zum größten Teil aus der Sowjetunion, aus Polen, Belgien und Frankreich und kleinere Personengruppen aus den Niederlanden, aus Dänemark, Deutschland, Spanien, Italien, Griechenland, aus der Tschechoslowakei und Jugoslawien. Eingesetzt wurden die Häftlinge im Ölschiefer-Tagebau, für den Bau der Unterkünfte und die Beschickung der Versuchsöfen sowie in der Versorgung und Verwaltung.
Für den Bau der Unterkünfte, der Beheizung und für die Einrichtung war die Steinöl-GmbH Braunschweig und für die Bewachung der KZ-Häftlinge, An- und Abtransport, Verpflegung, Bekleidung sowie für die medizinische Versorgung die SS zuständig. Die SS bildete durch sogenannte Kapos (zu Aufsehern ernannte KZ-Häftlinge) geführte zwölf Stunden arbeitende Sträflingskolonnen (Kommandos genannt), die durch mit Karabinern und Schlagstöcken bewaffnete SS-Männer bewacht wurden. Je eine Kolonne arbeitete entweder beim Bau einer Eisenbahnlinie zum Bahnhof Schandelah bzw. im Ölschieferabbau. Der Zuweisung zum Eisenbahnbau, zum sogenannten Kommando Staatsbahn, war gefürchtet, weil die dortige SS-Wachmannschaft besonders brutal war. Das Vorhaben der Ölgewinnung wuchs in der zweiten Jahreshälfte 1944 relativ schnell und ab Januar 1945 konnte der Versuchsbetrieb eröffnet werden.
Unmenschliche Bedingungen der Zwangsarbeit
Im Schieferbruch wurde das Gestein mit der Hacke herausgebrochen und mit der Hand in Loren verladen. Die Häftlinge, die im Eisenbahnbau beschäftigt waren, mussten mit Schaufeln und Hacken das Gleisbett ausheben und ohne maschinelle Hilfe die Schwellen und die tonnenschweren eisernen Gleise verlegen.
Die Bedienerbelegschaft der zwei Versuchsöfen bestand aus je 70 Männern, die in zwei 12-Stundenschichten 24 bis 32 Tonnen Ölschiefer in die Öfen schaufelten. Zur Gewinnung von einer Tonne Schweröl mussten etwa 35 Tonnen Ölschiefer gebrochen werden.
Zunächst bestand die Unterkunft für die Häftlinge aus einer Baracke und später aus vier Baracken, drei davon waren durch Häftlinge und eine Baracke war für die Bewacher sowie durch zivile Beschäftigte für Reparatur- und andere Arbeiten sowie durch das aus Braunschweig ausgelagerte Asphalt-Forschungsinstitut der TU Braunschweig belegt. Das KZ war durch einen elektrisch geladenen Stacheldraht gegen Fluchtversuche gesichert. Die Baracken der Häftlinge waren mit zwischen 250 und 500 Männern in dreistöckigen Betten übervoll belegt. Zeitweise musste sich vier Männer ein Bett teilen. Je Häftling gab es drei Decken, später nur noch zwei, und einen Strohsack.
Schwerkranke oder nicht mehr leistungsfähige Gefangene wurden zurück ins KZ Neuengamme oder ins KZ-Außenlager Salzgitter-Drütte ausgesondert und leichter Erkrankte ins Krankenrevier des Lagers verbracht. Im KZ-Außenlager Schandelah gab es weder Medizin noch Pflege oder qualifiziertes Pflegepersonal. Es gab keinen Arzt und nur einen Sanitäter, der zunächst einmal pro Woche vom Außenlager Salzgitter-Drütte kam und von einem Hilfssanitäter vor Ort, der von Beruf Bauarbeiter war, unterstützt wurde. Ein Arzt aus dem Dorf Schandelah wurde nur zum Ausstellen von Totenscheinen ins Lager gerufen. Es sind schätzungsweise etwa 200 KZ-Häftlinge umgebracht worden, davon sind 20 Männer auf der Flucht erschossen und fünf von SS-Wächtern erschlagen worden. Die genaue Anzahl der Ermordeten ist nicht mehr zu ermitteln.
Pierre Verhaegen, ein belgischer KZ-Häftling, sagte vor dem Britischen Militärgericht 1947 aus: „Wir wurden schon morgens mit Prügel geweckt; beim Frühstück ging es weiter. Auf dem Weg zur Arbeit und an den Arbeitsplätzen ging es weiter. Auch wenn wir schlafend in unseren Betten lagen, waren wir davor nicht sicher.“[10]
Georg Walter Adler, ein deutscher KZ-Häftling, berichtete im Kriegsverbrecherprozess, dass die Verpflegung miserabel und für die schwere Arbeit nie ausreichend war: „Zum Frühstück um 6.00 Uhr gab es Kaffee und eine Scheibe Brot im Gewicht von 100 Gramm. Um 10.00 Uhr bekamen wir nochmals 2 Scheiben Brot von 200 Gramm. Um 12.00 Uhr war Mittag und dann gab es Steckrübensuppe, manchmal mit Kartoffeln meistens ohne, im ganzen 1 1/4 Liter. Die Mittagszeit war so knapp, dass manchmal die Häftlinge ihr Essen nicht restlos verzehren konnten und wieder zur Arbeit herausgejagt wurden. Unsere letzte Mahlzeit war um 18:00 Uhr, diese bestand aus 250 Gramm Brot, 10 Gramm bis 15 Gramm Margarine, und abwechselnd einmal Fischpaste, Rote Bete oder Wurst.“[11]. Teilweise 20 Gefangene mussten sich oft täglich einen Laib Brot teilen. Nicht jeder bekam eine Mittagssuppe, denn nicht jeder hatte einen Napf.
Die Baracken konnten zwar beheizt werden, aber es wurde kein brennbares Material zugewiesen und um sich vor der Kälte zu schützen, trugen die KZ-Häftlinge leere papierne Zementsäcke aus den Bauvorhaben unter ihrer Wäsche, was bei Entdeckung schwere körperliche Strafen mit 25 Stockhieben nach sich zog. Im September 1944 war die dritte Baracke noch nicht fertiggestellt, daher mussten die Häftlinge ohne Decken frierend auf Stroh nächtigen.
Eine Hose, Jacke, ein Paar Schuhe aus Holz und eine Mütze mussten im Lager solange getragen werden, bis sie nicht mehr zu gebrauchen und völlig zerschlissen waren. Wäsche und Unterwäsche konnte in der ersten Zeit nicht gewechselt und nicht gewaschen werden. Nach mehr als einem halben Jahre wurde lediglich einmal Unterwäsche ersetzt. Die Wäsche, die zu tragen war, war demzufolge verschmutzt und verlaust. Die ersten vier Monate war keine Wasserleitung vorhanden und Wasser wurde in Behältern ins Lager gebracht. Erst ab Februar 1945 gab es aufgrund technischer Probleme beim Wasserleitungsbau Waschmöglichkeiten und fließendes Wasser.
Verhältnis zur Bevölkerung im Umkreis
Das KZ-Außenlager lag an einer öffentlichen Straße zwischen Scheppau und Hordorf. Die umliegenden Felder wurden von Bauern bewirtschaftet, und die am Bau der Eisenbahn beteiligten KZ-Häftlinge konnten von der Bevölkerung gesehen werden. Häftlinge, die flüchteten, wurden zum Teil von Dorfbewohnern aus der Umgebung verraten. Die KZ-Verwaltung kaufte Lebensmittel und andere Gegenstände in den umliegenden Dörfern ein. Das Konzentrationslager musste der dort lebenden Bevölkerung bekannt gewesen sein. Die meisten stimmten mit der NS-Propaganda überein, es handle sich bei den Zwangsarbeitern im Lager um Kriminelle, denen ihre Hilfe nicht zustehe.[12] Diese Haltung wirkte sich noch nach Kriegsende aus, denn 1965 wurde auf Befragungen eines ehemaligen Häftlings in Schandelah von Dorfbewohnern geäußert, dass es kein Konzentrationslager, sondern lediglich außerhalb des Ortes ein Ausländerlager gegeben habe.
Bis heute stellt sich die ehemalige Existenz des Lagers und die Begräbnisstätte auf dem Scheppauer Friedhof für einen Teil der Bevölkerung als problematisch dar. Die jährlichen Besuche der nur noch wenigen Überlebenden dieses Konzentrationslager auf dem Friedhof werden leider immer noch von vielen ignoriert. Einige engagierte Bürger des Dorfes Scheppau kümmern sich privat um die Grabpflege der teilweise unbekannten Toten.
Im Jahre 2005 jährte sich die Befreiung zum 60. Mal. Ehemalige Häftlinge, sowie ein großer Teil der Nachkommen der dort zu Tode gekommenen Menschen trafen sich u. a. auf dem Friedhof von Scheppau zu einer bewegenden Gedenkfeier.
Befreiung
Das Konzentrationslager war relativ konstant bis zum April 1945 mit 750 bis 800 Häftlingen belegt. Anfang April 1945 wurden KZ-Lager im Westen Deutschlands vor den anrückenden Amerikanern, wie z. B. die Konzentrationslager bei Porta Westfalica mit der Folge geräumt, dass das KZ-Außenlager Schandelah einen Teil dieser Häftlinge aufnehmen musste und mit etwa 1.200 bis 1.300 Häftlingen völlig überfüllt war. Am 10. April 1945 wurden die KZ-Häftlinge in Güterwaggons ins Auffanglager Wöbbelin bei Ludwigslust abtransportiert. Sie kamen erst am 13. April dort an und wurden am 2. Mai 1945 durch amerikanische Soldaten befreit.
Kriegsverbrecherprozess
Am 2. Januar 1947 begann vor dem Britischen Militärgericht in Braunschweig ein Kriegsverbrecherprozess gegen Solms Wilhelm Wittig (Generaldirektor DASAG), Dr. Otto Hefter (Leiter des Forschungsinstituts für Natur-Asphalt der TU Braunschweig), und Hans Delev Ohlen (stellv. Geschäftsführer Steinöl-GmbH Braunschweig), der vier Wochen bis zur Urteilsverkündigung dauerte.
Angeklagte des SS-Wachpersonals waren Friedrich Ebsen (Lagerkommandant), Carl Truschel (stellv. Lagerkommandant), Erich Arnold Jahn (Küchenleiter im Lager), Johann Heitz (SS-Hundeführer), Arthur Große (Kapo des gefürchteten Kommando Staatsbahn) und Herbert Schiefelbein (Kapo).
Die Zeugen berichteten im Laufe der Verhandlung von der unmenschlichen Behandlung, die zum Teil zum Tod der Häftlinge führte. Die Angeklagten Solms Wittig, Friedrich Ebsen, Carl Truschel, Johann Heitz und Arthur Große wurden zum Tode durch Hängen verurteilt. Wittigs Urteil wurde nicht vollstreckt, sondern im März 1947 in eine 20-jährige Gefängnisstrafe umgewandelt. Seine Begnadigung erfolgte im Mai 1955. Ebsen, Große, Truschel und Heitz wurden am 2. Mai 1947 im Zuchthaus Hameln hingerichtet. Ohlen wurde mit 10-jährigem und Schiefelbein mit 2-jährigem Gefängnis bestraft. Ohlens Strafe wurde auf sieben Jahre verkürzt: er kam bereits im August 1950 frei. Hefter sowie Jahn wurden freigesprochen.[13]
Bemerkenswerterweise bildete das KZ-Außenlager Schandelah zwar ein Außenlager des KZ Neuengamme, das SS-Personal jedoch unterstand dem Lagerkommandanten Hauptscharführer Max Kirstein des Braunschweiger KZ-Außenlagers Schillstraße, der in der Region als Stützpunktleiter[14] fungierte und nie zur Rechenschaft gezogen wurde.
Endgültiges Scheitern der Planungen, heutige Verwendung der ehemaligen KZ-Anlagen
Die Steinöl-GmbH bestand zunächst nach Kriegsende weiter, aber die Briten zeigten kein Interesse an dieser Form der Ölgewinnung, und die Firma meldete 1946 Konkurs an. Die Versuchsanlage mit den Öfen und die Holzbaracken der Verwaltung nördlich von Wohld wurden bis auf das sogenannte Betonskelett nach dem Kriegsende abgebaut. Die Steinbaracken wurden von Privatpersonen erworben und zu Wohnhäusern umgebaut. Das Gelände des Häftlingslagers lag südlich der Landesstraße 633. Dort befindet sich heute ein landwirtschaftlicher Betrieb. Der ehemalige Tagebau des Ölschieferabbaus, der sich südlich an die Wohlder Gedenkstätte anschließt und durch Bäume zugewachsen ist, füllte sich mit Wasser und ist heute ein Biotop. Auch spätere Versuche, aus dem Vorkommen Treibstoff zu gewinnen, scheiterten.
Bestattung, Gräber und Gedenkorte
Der erste Bestattungsort für die ermordeten Häftlinge lag im Norden des Konzentrationslagers, wo die Leichen lediglich verscharrt wurden. Die britische Militärregierung befahl im Mai 1946 die Umbettung dieser Toten durch deutsche Kriegsgefangene und Werksangehörige der Firmen Büssing AG und Luther. Sie gruben 113 ermordete Zwangsarbeiter aus, die in Särge gelegt und in einer neuen Gedenkstätte würdig bestattet wurden.
Im Juli 1954 wurden die Toten durch die Stadt Königslutter auf den Scheppauer Friedhof umgebettet, und der von den Briten festgelegte Gedenkort wurde aufgegeben. Die Stadt ließ dort am 1. Mai 1995 einen Gedenkstein mit Hinweisen zu den Toten und zum Außenlager Schandelah-Wohld errichten. Weitere Häftlinge, die außerhalb der Ehrenruhestätte in Scheppau begraben waren, wurden in den 1960er Jahren nach Scheppau umgebettet. Da nicht alle KZ-Häftlinge namentlich identifiziert werden konnten, blieben einige Grabsteine namenlos.
Alle Kriegsgräber und Gräber von Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft müssen entsprechend gesetzlicher Vorgaben für die Nachwelt erhalten bleiben, daher erhält der Friedhofsträger des Scheppauer Friedhofs für die Grabpflege staatliche Zuschüsse.
Als Mitglieder der Grünen Bürgerliste zur Erinnerung an das KZ-Außenlager Schandelah 1982 ein hölzernes Kreuz am ehemaligen Lagergelände aufstellten, protestierten die Bürger von Schandelah-Wohld. Auf Weisung des Straßenbauamtes Wolfenbüttel wurde es wieder entfernt. Nachdem die Grünen Bürgerliste und die belgischen Amicale belge de Neuengamme (Bruderschaft der ehemaligen Neuengamme KZ-Gefangenen) lange intervenierten, ließ die Gemeinde Cremlingen und der Landkreis Wolfenbüttel vor dem westlichen Ortseingang von Schandelah-Wohld und auf der Nordseite der Landesstraße 633 zwischen Hordorf und Scheppau eine Gedenkstätte mit einem beschrifteten Findling errichten. Sie wurde am 6. Mai 1985 der Öffentlichkeit übergeben. Seit 1982 finden hier jedes Jahr am 6. Mai Gedenkveranstaltungen der Amicale belge de Neuengamme statt.
Ende September 2004 wurde die Gedenkstätte mit nationalsozialistischen Symbolen besprüht und eine Gedenkplatte entwendet. Die Ermittlungen blieben ohne Ergebnis. Die Schmierereien wurden beseitigt und die Platte erneuert.[15]
Im Juni 2012 wurde die bronzene Gedenktafel erneut entwendet.[16]
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