KZ-Wächter von Auschwitz wegen Beihilfe zum Mord angeklagt
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KZ-Wächter von Auschwitz wegen Beihilfe zum Mord angeklagt
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart erhebt Anklage gegen einen früheren SS-Wachmann. Hans Lipschis soll in mehreren Tausend Fällen Beihilfe zum Mord geleistet haben.
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat gegen einen 93 Jahre alten ehemaligen SS-Wachmann des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz Anklage erhoben. Der Vorwurf gegen den mutmaßlichen Nazi-Verbrecher lautet auf Beihilfe zum Mord in mehr als 10.000 Fällen, wie die Behörde mitteilte. Zuständig ist das Landgericht Ellwangen, da der Mann zuletzt im baden-württembergischen Ostalbkreis lebte. Seit Mai sitzt er in Untersuchungshaft. Zu den Vorwürfen hat er sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft bisher nicht geäußert.
Bei dem Beschuldigten handelt es sich um den gebürtigen Litauer Hans Lipschis. Laut Staatsanwaltschaft lebte der Mann nach Kriegsende zunächst in Norddeutschland, wanderte 1956 aber in die US-amerikanische Stadt Chicago aus. "Nachdem dort Anfang der achtziger Jahre bekannt geworden war, dass der Angeschuldigte entgegen seinen Angaben im Einbürgerungsverfahren als SS-Mitglied zur Lagermannschaft von Auschwitz gehörte, wurde ihm in einem Ausbürgerungsverfahren die amerikanische Staatsbürgerschaft aberkannt", hieß es. Ende 1982 wurde er aus den USA ausgewiesen, lebte seither in Baden-Württemberg.
Laut Anklage hatte der Mann in der Zeit zwischen 1941 und 1943 Wachbereitschaft im Konzentrationslager Auschwitz. Durch seine Tätigkeit habe er "den Lagerbetrieb und damit die Vernichtungsaktionen unterstützt", hieß es. Während seiner Wachzeit seien in Auschwitz zwölf Transporte mit Tausenden Gefangenen angekommen. In vielen Fällen seien nicht arbeitsfähige Menschen sofort aussortiert und in den Gaskammern getötet worden. Beim Simon-Wiesenthal-Zentrum stand er auf der Liste der zehn meistgesuchten Kriegsverbrecher.
Bei sechs der Transporte aus Holland waren laut Staatsanwaltschaft 4.429 Gefangene sofort nach ihrer Ankunft im Lager ermordet worden, bei zwei Transporten aus Berlin 1.005 Menschen. "Aus Theresienstadt erreichten während des Wachdienstes des Angeschuldigten zwei Transportzüge Auschwitz, von denen 3.303 Gefangene sofort in den Gaskammern ermordet wurden", schreibt die Behörde. Bei einem weiteren Transport aus Belgien seien 1.375 Menschen umgebracht worden, bei einem aus Frankreich 398.
Bisher blieben viele mutmaßliche NS-Täter straffrei, weil der Bundesgerichtshof 1969 im Fall Auschwitz festgelegt hatte, dass für eine Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord die individuelle Schuld eines Wächters nachgewiesen werden musste. Dies war vielfach nicht möglich. In den Vorermittlungen für den Prozess gegen John Demjanjuk, Aufseher im Vernichtungslager Sobibor, hat die NS-Fahndungsstelle in Ludwigsburg die Beihilfe zum Mord im KZ Auschwitz aber neu definiert. Demnach ist jeder belangbar, der in einem KZ dazu beigetragen hat, dass die Tötungsmaschinerie funktionierte – egal ob an den Gaskammern oder als Koch.
Im September kündigte die Fahndungsstelle an, 30 Verfahren an Staatsanwaltschaften in ganz Deutschland abzugeben. Ein Fall davon ist der Fall Lipschis.
Quelle
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat gegen einen 93 Jahre alten ehemaligen SS-Wachmann des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz Anklage erhoben. Der Vorwurf gegen den mutmaßlichen Nazi-Verbrecher lautet auf Beihilfe zum Mord in mehr als 10.000 Fällen, wie die Behörde mitteilte. Zuständig ist das Landgericht Ellwangen, da der Mann zuletzt im baden-württembergischen Ostalbkreis lebte. Seit Mai sitzt er in Untersuchungshaft. Zu den Vorwürfen hat er sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft bisher nicht geäußert.
Bei dem Beschuldigten handelt es sich um den gebürtigen Litauer Hans Lipschis. Laut Staatsanwaltschaft lebte der Mann nach Kriegsende zunächst in Norddeutschland, wanderte 1956 aber in die US-amerikanische Stadt Chicago aus. "Nachdem dort Anfang der achtziger Jahre bekannt geworden war, dass der Angeschuldigte entgegen seinen Angaben im Einbürgerungsverfahren als SS-Mitglied zur Lagermannschaft von Auschwitz gehörte, wurde ihm in einem Ausbürgerungsverfahren die amerikanische Staatsbürgerschaft aberkannt", hieß es. Ende 1982 wurde er aus den USA ausgewiesen, lebte seither in Baden-Württemberg.
Laut Anklage hatte der Mann in der Zeit zwischen 1941 und 1943 Wachbereitschaft im Konzentrationslager Auschwitz. Durch seine Tätigkeit habe er "den Lagerbetrieb und damit die Vernichtungsaktionen unterstützt", hieß es. Während seiner Wachzeit seien in Auschwitz zwölf Transporte mit Tausenden Gefangenen angekommen. In vielen Fällen seien nicht arbeitsfähige Menschen sofort aussortiert und in den Gaskammern getötet worden. Beim Simon-Wiesenthal-Zentrum stand er auf der Liste der zehn meistgesuchten Kriegsverbrecher.
Bei sechs der Transporte aus Holland waren laut Staatsanwaltschaft 4.429 Gefangene sofort nach ihrer Ankunft im Lager ermordet worden, bei zwei Transporten aus Berlin 1.005 Menschen. "Aus Theresienstadt erreichten während des Wachdienstes des Angeschuldigten zwei Transportzüge Auschwitz, von denen 3.303 Gefangene sofort in den Gaskammern ermordet wurden", schreibt die Behörde. Bei einem weiteren Transport aus Belgien seien 1.375 Menschen umgebracht worden, bei einem aus Frankreich 398.
Bisher blieben viele mutmaßliche NS-Täter straffrei, weil der Bundesgerichtshof 1969 im Fall Auschwitz festgelegt hatte, dass für eine Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord die individuelle Schuld eines Wächters nachgewiesen werden musste. Dies war vielfach nicht möglich. In den Vorermittlungen für den Prozess gegen John Demjanjuk, Aufseher im Vernichtungslager Sobibor, hat die NS-Fahndungsstelle in Ludwigsburg die Beihilfe zum Mord im KZ Auschwitz aber neu definiert. Demnach ist jeder belangbar, der in einem KZ dazu beigetragen hat, dass die Tötungsmaschinerie funktionierte – egal ob an den Gaskammern oder als Koch.
Im September kündigte die Fahndungsstelle an, 30 Verfahren an Staatsanwaltschaften in ganz Deutschland abzugeben. Ein Fall davon ist der Fall Lipschis.
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