Was versteht man unter dem Augusterlebnis?
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Was versteht man unter dem Augusterlebnis?
Nein es hat nichts mit dem Erntedankfest zu tun,noch mit der Produktion des Nachwuchses durch das Fest,auch nicht mit der Sommensonnenwende.
Vielmehr ist das ein Begriff zum Anfang des 1.WW.
Dazu findet sich folgendes geschrieben:
Der Begriff Augusterlebnis – in der nachfolgenden literarischen und historiografischen Rezeption oft auch unter der Formulierung Geist von 1914 firmierend – bezeichnet die Stimmung weiter Kreise der Bevölkerung des Deutschen Reiches im August 1914, dem Beginn des Ersten Weltkriegs.
Truppentransport August 1914
Deutsche Soldaten ziehen 1914 unter jubelnder Anteilnahme der Bevölkerung in den Krieg.
Viele Einwohner in Deutschland und dem verbündeten Österreich-Ungarn nahmen damals die Kriegserklärungen begeistert auf. Der erwartete Sieg über Frankreich und England - das allmählich als Erzfeind Deutschlands („Neidisches, perfides Albion“) angesehen wurde - war für viele Deutsche eine Frage des Nationalstolzes. Anhänger der SPD wiederum konnten sich insbesondere mit dem Kampf gegen den fortschrittsfeindlichen russischen Zarismus identifizieren.
Der Auszug deutscher Soldaten aus ihrer Garnisonsstadt
Als in den Garnisonsstädten die Truppenteile aus ihren Kasernen an die Front abrückten, standen vielerorts Menschenmengen Spalier und jubelten den Soldaten zu. Die Bajonette waren mit Blumen geschmückt. Manche Schriftsteller und Künstler begrüßten den Kriegsausbruch. Thomas Mann sprach vom Krieg als einer „Reinigung“ und als einem Ausstieg aus der „satten Friedenswelt“. Nationalistisch gesinnte Deutsche sprachen vom „reinigenden Stahlbad der Nation“. Theologen wie Dietrich Vorwerk gaben dem Krieg eine religiöse Weihe. Innerhalb der sich spaltenden SPD propagierte die Lensch-Cunow-Haenisch-Gruppe Begriffe wie „Kriegssozialismus“, „Staatssozialismus“ und „nationaler Sozialismus“. Viele Menschen in Deutschland empfanden den Kriegsbeginn als „Erweckungserlebnis“. Der Gedanke des Imperialismus ("Platz an der Sonne") und das jahrelange „Säbelrasseln“ unter den Staatsoberhäuptern hatten ihre Spuren hinterlassen. Andere, darunter viele Studenten, sahen in dem existenziellen Erleben des Kampfes eine mögliche Flucht aus einem als langweilig und seicht empfundenen Dasein. Die Kriegsbegeisterung spiegelte sich auch im Manifest der 93 vom September 1914 bzw. in der Erklärung der Hochschullehrer des Deutschen Reiches vom Oktober 1914, die von über 3.000 deutschen Hochschullehrern unterzeichnet worden war.
Truppentransport mit der Bahn
Golo Mann beschäftigte sich 1958 in dem Kapitel Stimmungen seines Werkes Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts mit dem Phänomen. Demnach waren „Jubel, Kriegswut und Kriegsfreude“ überall in Europa zu spüren, da sich alle für die Angegriffenen hielten, in Deutschland allerdings ganz besonders. Hier gedieh, jahrelang vermittelt, der Glaube an die Einkreisung Deutschlands, von der es sich zu befreien gelte. Es war besonders die Nachricht von der russischen Mobilmachung, die eine Welle des Patriotismus auslöste. Die dann rasch aufeinanderfolgenden Kriegserklärungen an Russland und Frankreich erweckten zudem den Eindruck, man sei der bevorstehenden Einkreisung gerade noch zuvorgekommen, so dass sich Siegeszuversicht verbreitete.
Intellektuelle, die sich stets der Masse ferngehalten hatten, gaben sich nun als Patrioten. Max Weber schrieb von „diesem großen und wunderbaren Krieg“ und dass es herrlich sei, ihn noch zu erleben, aber sehr bitter, nicht mehr an die Front zu dürfen. Rudolf Alexander Schröder dichtete: „Für dich will ich leben, für dich will ich sterben, Deutschland, Deutschland.“[1] Stefan Zweig beschrieb eine verführerische Solidarität unter den Volksmassen, der man sich schwer habe entziehen können: „Wie nie fühlten die Tausende und Hunderttausende Menschen, was sie besser im Frieden hätten fühlen sollen: daß sie zusammengehörten.“[2]
In der Forschung hat sich mittlerweile die Tendenz durchgesetzt, dass es sich beim „Augusterlebnis“ um eine kulturelle Inszenierung gehandelt habe, die den Diskurs über die Ereignisse des Juli und August 1914 bis etwa in die 1970er Jahre hinein geprägt habe.[3] In der öffentlichen Wahrnehmung herrscht bis heute das Bild einer kriegsbegeisterten Masse vor. Begünstigt wurde dieses Bild zusätzlich von der Rechtfertigungsargumentation der Sozialdemokraten für die Entscheidung ihrer Reichstagsfraktion vom 4. August 1914 und die Burgfriedenspolitik. Als verstärkendes Moment gesellte sich die Geschichtspolitik der konkurrierenden Blöcke in der Zeit des Ost-West-Konflikts nach 1945 hinzu. Die marxistisch-leninistische These vom Verrat der SPD-Führung an der Arbeiterbewegung im August 1914 wurde durch Verweis auf vermeintliche nationale und chauvinistische Stimmungsbilder der großen Mehrheit der deutschen Bevölkerung gekontert. Die Geschichtswissenschaft löste dieses Problem bisher nur unzureichend; Thesen über die Ereignisse des August 1914 stützten sich in übergroßer Mehrheit auf Aussagen von SPD-Politikern aus der Zeit nach 1918, die unter einem hohen Rechtfertigungsdruck standen[4] oder auf Quellen aus dem Bürgertum, das in seiner Mehrheit tatsächlich von Kriegsbegeisterung geprägt war, allerdings nur eine Minderheit der Gesamtbevölkerung darstellte. Bisher kaum beachtet sind die Massenkundgebungen und -versammlungen gegen den Krieg, die die Sozialdemokratie noch Tage vor dem eigentlichen „Ausbruch“ des Krieges (siehe Julikrise) auf die Straße brachte.[5]
Widerspruch zur These der Kriegsbegeisterung als konstruierte Legende kam unter anderem von Steffen Bruendel. Ohne reale Stimmungsbilder wäre demnach eine Konstruktion nicht möglich gewesen.[6] Peter Hoeres sprach sich gegen eine "Überkorrektur des 'Augusterlebnisses'" aus. Zu konstatieren sei ein "ganzes Spektrum an Verhaltensweisen zwischen den Polen Angst und Begeisterung".[7]
Siehe auch
Ideen von 1914
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
Vielmehr ist das ein Begriff zum Anfang des 1.WW.
Dazu findet sich folgendes geschrieben:
Der Begriff Augusterlebnis – in der nachfolgenden literarischen und historiografischen Rezeption oft auch unter der Formulierung Geist von 1914 firmierend – bezeichnet die Stimmung weiter Kreise der Bevölkerung des Deutschen Reiches im August 1914, dem Beginn des Ersten Weltkriegs.
Truppentransport August 1914
Deutsche Soldaten ziehen 1914 unter jubelnder Anteilnahme der Bevölkerung in den Krieg.
Viele Einwohner in Deutschland und dem verbündeten Österreich-Ungarn nahmen damals die Kriegserklärungen begeistert auf. Der erwartete Sieg über Frankreich und England - das allmählich als Erzfeind Deutschlands („Neidisches, perfides Albion“) angesehen wurde - war für viele Deutsche eine Frage des Nationalstolzes. Anhänger der SPD wiederum konnten sich insbesondere mit dem Kampf gegen den fortschrittsfeindlichen russischen Zarismus identifizieren.
Der Auszug deutscher Soldaten aus ihrer Garnisonsstadt
Als in den Garnisonsstädten die Truppenteile aus ihren Kasernen an die Front abrückten, standen vielerorts Menschenmengen Spalier und jubelten den Soldaten zu. Die Bajonette waren mit Blumen geschmückt. Manche Schriftsteller und Künstler begrüßten den Kriegsausbruch. Thomas Mann sprach vom Krieg als einer „Reinigung“ und als einem Ausstieg aus der „satten Friedenswelt“. Nationalistisch gesinnte Deutsche sprachen vom „reinigenden Stahlbad der Nation“. Theologen wie Dietrich Vorwerk gaben dem Krieg eine religiöse Weihe. Innerhalb der sich spaltenden SPD propagierte die Lensch-Cunow-Haenisch-Gruppe Begriffe wie „Kriegssozialismus“, „Staatssozialismus“ und „nationaler Sozialismus“. Viele Menschen in Deutschland empfanden den Kriegsbeginn als „Erweckungserlebnis“. Der Gedanke des Imperialismus ("Platz an der Sonne") und das jahrelange „Säbelrasseln“ unter den Staatsoberhäuptern hatten ihre Spuren hinterlassen. Andere, darunter viele Studenten, sahen in dem existenziellen Erleben des Kampfes eine mögliche Flucht aus einem als langweilig und seicht empfundenen Dasein. Die Kriegsbegeisterung spiegelte sich auch im Manifest der 93 vom September 1914 bzw. in der Erklärung der Hochschullehrer des Deutschen Reiches vom Oktober 1914, die von über 3.000 deutschen Hochschullehrern unterzeichnet worden war.
Truppentransport mit der Bahn
Golo Mann beschäftigte sich 1958 in dem Kapitel Stimmungen seines Werkes Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts mit dem Phänomen. Demnach waren „Jubel, Kriegswut und Kriegsfreude“ überall in Europa zu spüren, da sich alle für die Angegriffenen hielten, in Deutschland allerdings ganz besonders. Hier gedieh, jahrelang vermittelt, der Glaube an die Einkreisung Deutschlands, von der es sich zu befreien gelte. Es war besonders die Nachricht von der russischen Mobilmachung, die eine Welle des Patriotismus auslöste. Die dann rasch aufeinanderfolgenden Kriegserklärungen an Russland und Frankreich erweckten zudem den Eindruck, man sei der bevorstehenden Einkreisung gerade noch zuvorgekommen, so dass sich Siegeszuversicht verbreitete.
Intellektuelle, die sich stets der Masse ferngehalten hatten, gaben sich nun als Patrioten. Max Weber schrieb von „diesem großen und wunderbaren Krieg“ und dass es herrlich sei, ihn noch zu erleben, aber sehr bitter, nicht mehr an die Front zu dürfen. Rudolf Alexander Schröder dichtete: „Für dich will ich leben, für dich will ich sterben, Deutschland, Deutschland.“[1] Stefan Zweig beschrieb eine verführerische Solidarität unter den Volksmassen, der man sich schwer habe entziehen können: „Wie nie fühlten die Tausende und Hunderttausende Menschen, was sie besser im Frieden hätten fühlen sollen: daß sie zusammengehörten.“[2]
In der Forschung hat sich mittlerweile die Tendenz durchgesetzt, dass es sich beim „Augusterlebnis“ um eine kulturelle Inszenierung gehandelt habe, die den Diskurs über die Ereignisse des Juli und August 1914 bis etwa in die 1970er Jahre hinein geprägt habe.[3] In der öffentlichen Wahrnehmung herrscht bis heute das Bild einer kriegsbegeisterten Masse vor. Begünstigt wurde dieses Bild zusätzlich von der Rechtfertigungsargumentation der Sozialdemokraten für die Entscheidung ihrer Reichstagsfraktion vom 4. August 1914 und die Burgfriedenspolitik. Als verstärkendes Moment gesellte sich die Geschichtspolitik der konkurrierenden Blöcke in der Zeit des Ost-West-Konflikts nach 1945 hinzu. Die marxistisch-leninistische These vom Verrat der SPD-Führung an der Arbeiterbewegung im August 1914 wurde durch Verweis auf vermeintliche nationale und chauvinistische Stimmungsbilder der großen Mehrheit der deutschen Bevölkerung gekontert. Die Geschichtswissenschaft löste dieses Problem bisher nur unzureichend; Thesen über die Ereignisse des August 1914 stützten sich in übergroßer Mehrheit auf Aussagen von SPD-Politikern aus der Zeit nach 1918, die unter einem hohen Rechtfertigungsdruck standen[4] oder auf Quellen aus dem Bürgertum, das in seiner Mehrheit tatsächlich von Kriegsbegeisterung geprägt war, allerdings nur eine Minderheit der Gesamtbevölkerung darstellte. Bisher kaum beachtet sind die Massenkundgebungen und -versammlungen gegen den Krieg, die die Sozialdemokratie noch Tage vor dem eigentlichen „Ausbruch“ des Krieges (siehe Julikrise) auf die Straße brachte.[5]
Widerspruch zur These der Kriegsbegeisterung als konstruierte Legende kam unter anderem von Steffen Bruendel. Ohne reale Stimmungsbilder wäre demnach eine Konstruktion nicht möglich gewesen.[6] Peter Hoeres sprach sich gegen eine "Überkorrektur des 'Augusterlebnisses'" aus. Zu konstatieren sei ein "ganzes Spektrum an Verhaltensweisen zwischen den Polen Angst und Begeisterung".[7]
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