Das Sturmgewehr
Seite 1 von 1
Das Sturmgewehr
Sturmgewehr (StGw) ist eine Bezeichnung für relativ leichte und kompakte Mehrzweck-Militärgewehre, die waffentechnisch Maschinenkarabiner (MKb) sind. Es handelt sich dabei in der Regel um eine halb- und vollautomatisch repetierende Schusswaffe, in kleineren (4,5 mm) bis mittleren (7,62 mm) Kalibern. Diese Gewehrart ist bei den meisten Streitkräften als Standardbewaffnung der Infanterie eingeführt.
Sturmgewehr 44
Der Begriff Sturmgewehr geht auf die suggestive und propagandistische Namensgebung im Deutschen Reich in der Zeit des Nationalsozialismus zurück (siehe auch Vergeltungswaffe), und wurde für das Sturmgewehr 44 (StGw 44) benutzt.
Das StG 44, das ab März 1944 als MP 44 in geringerem Umfang eingeführt wurde, erhielt erst im Dezember 1944 den Namen „Sturmgewehr“ und sollte die besondere Eignung dieser Waffe als Angriffswaffe für Sturmtruppen nahelegen.
Etymologie
Die Bezeichnung Sturmgewehr eignet sich nicht, um eine Handfeuerwaffenkategorie nach technischen Gesichtspunkten klar zu definieren. Die meisten Armeen bezeichnen ihre Ordonnanzgewehre innerhalb ihrer Dienstvorschriften schlicht als Gewehr. Im deutschen Sprachgebrauch ist die nicht verbindliche Bezeichnung „Sturmgewehr“ mittlerweile zu einem Pseudonym für leichte militärische automatische Gewehre geworden (so wie „Jeep“ für Geländewagen oder „Colt“ für Revolver). Ähnlich falsche Titulierungen kommen aber auch im englischen Sprachgebrauch für bestimmte Waffentypen vor (beispielsweise „Assault Rifle“ für Sturm- oder Angriffsgewehr), haben jedoch auch hier, nicht zuletzt wegen sprachlicher Bedeutungsverschiebungen, keinerlei Bezug zum Sprachgebrauch innerhalb waffentechnischer Entwicklungen. Der Begriff „Sturmgewehr“ wird, trotz seiner falschen Ableitung, heute nicht nur im deutschen Sprachgebrauch verwendet, sondern findet auch bei der Namensgebung moderner militärischer automatischer Gewehre, wie zum Beispiel beim FAMAS, den Schweizer Sturmgewehren Stgw 57 und Stgw 90 oder dem StG 77, der Ordonnanzwaffe des österreichischen Heeres, Einzug in die offizielle Namensgebung.
Funktion
Sturmgewehre sind heute bei den meisten Streitkräften als Standardbewaffnung des Infanteristen (Ordonnanzbewaffnung) eingeführt. Der Pistolengriff dient dem sicheren Halt der Waffe, insbesondere im Dauerfeuermodus. Dies ermöglicht auch das Feuern aus der Hüfte, wodurch die Schulterstütze nicht mehr zwingend notwendig ist. Daher lassen sich diese bei vielen Varianten durch Einschieben oder Anklappen noch weiter verkürzen. Ihre Handhabung soll auch für ungeübte Schützen einfach und schnell erlernbar sein, alle Bedienelemente sind bei fast allen modernen Sturmgewehren für Rechts- und Linkshänder gleich gut erreichbar.
Hinsichtlich ihres Funktionsprinzips lassen sich Sturmgewehre grob, wie alle Selbstladewaffen, in sogenannte Rückstoßlader und Gasdrucklader unterscheiden, wobei die Zahl der Gasdrucklader überwiegt. Im Gegensatz zu den militärisch verbreiteten Maschinenpistolen wie beispielsweise den mittlerweile veralteten Uzi oder Sten und den meisten Maschinengewehren haben Sturmgewehre üblicherweise aufschießende Systeme für eine höhere Zielsicherheit beim ersten oder beim Einzelschuss.
Technik
Aus waffentechnischer Sicht handelt es sich bei einem Sturmgewehr um eine Selbstladebüchse, die durch mehr oder minder umfangreiche Modifikationen für schnelle Einzel- und vollautomatische Schussfolgen optimiert wurde. Diese Modifikationen beinhalteten überwiegend (jedoch nicht zwingend):
Umschaltbare Abzugseinheit für halbautomatischen und vollautomatischen Feuermodus (in etlichen Ausführungen zusätzlich bzw. anstelle des vollautomatischen Feuermodus, einen Feuerstoß-Modus mit der gesteuerten Abgabe einer festen Schussanzahl – zumeist drei Schuss)
Wechselmagazin (mit beliebiger Munitionskapazität, typischerweise aber mindestens 20 und selten mehr als 30 Schuss)
Pistolengriffschaft (bei etlichen Modellen einklappbare oder verschiebbare Schulterstützen)
Verwendung leichter Gewehrmunition in den Kalibern von 5,45 mm bis zu den .30 Kalibern
Spezielle Laufschäftung zur optimierten Hitzeabfuhr sowie zur Verminderung der Hitzebelastung für die Hand des Schützen
Mündungskonstruktionen zur günstigen Beeinflussung des Mündungsblitzes und des Rückstoßes
Konstruktionsbedingte Robustheit der Ausführung in Ausstattung, Funktion und Gebrauch
Die genannten „Merkmale“ sind nicht ausschließliche Merkmale der sogenannten Sturmgewehre. Allein in ihrer Gesamtheit führen sie zu einem Erscheinungsbild, das den landläufigen Sammelbegriff Sturmgewehr geprägt hat. Es ist offensichtlich, dass es zu funktionellen Überschneidungen mit anderen Handfeuerwaffentypen kommt, beziehungsweise dass mehrfache Typenbezeichnungen gleichartiger Handfeuerwaffen gebräuchlich sind, wie beispielsweise bei den Selbstladegewehren, Schnellfeuergewehren, Maschinenkarabinern, leichten Maschinengewehren.
Tatsächlich unterscheiden sich die technischen Selbstladeprinzipien eines vollautomatischen militärischen Sturmgewehrs und einer zivilen Selbstladebüchse nicht wesentlich. In der Entwicklung der Selbstladewaffen wurden oft Selbstladebüchsen im „klassischen“ Design durch verhältnismäßig geringe Modifikationen zu Sturmgewehren/Maschinenkarabinern migriert (M1 Garand – M14). Und auch umgekehrt werden die meisten militärischen Sturmgewehre durch technische Einschränkungen als halbautomatische Sportwaffen für den zivilen Absatzmarkt neu aufgelegt (zum Beispiel AKM47/AK74 – Norinco Sporter). Hierzu schreibt der Gesetzgeber in Deutschland bestimmte technische Hürden vor, die die Konvertierung eines Selbstladegewehres in eine vollautomatische Schusswaffe für normale Nutzer unmöglich machen sollen.
Einsatzbereiche
Nach taktischen Gesichtspunkten ist das Sturmgewehr eine Handfeuerwaffe, welche die Einsatzbereiche eines Gewehrs (Büchse), gegebenenfalls sogar eines Scharfschützengewehrs, und einer Maschinenpistole gleichermaßen abdecken soll, d.h.:
Zielgenaues, durchschlagskräftiges Einzelfeuer im Fernkampf
Hohe Feuerdichte im Nahkampf
Dies korrespondiert mit dem Erscheinungsbild etlicher sogenannter „Sturmgewehre“, die wie eine Kreuzung aus Gewehr und Maschinenpistole anmuten.
Geschichte
Awtomat Fjodorowa M1916
Das erste Sturmgewehr im Sinne militärischer Überlegungen wurde im Jahre 1913 vom Waffenkonstrukteur Wladimir Fjodorow in Russland entwickelt. Er orientierte sich damals an der japanischen 6,5-mm-Gewehrpatrone des Arisaka-Karabiners. In diesem Sinne war seine Konstruktion, das Awtomat Fjodorowa, ein automatisches Gewehr, das Langpatronen verschoss. Die Kapazitäten der zaristischen Waffenindustrie reichten im Ersten Weltkrieg bei weitem nicht aus, um diese Waffe und dazugehörige Munition in nennenswerter Stückzahl herstellen zu können. Die fehlende Einsicht der Strategen in die Notwendigkeit einer solchen Waffe sowie mangelndes Vertrauen in den einfachen Soldaten, verantwortungsvoll mit dieser „Munition verschlingenden“ Waffe umzugehen, beschieden den ersten Selbstladegewehren schnell ein vorzeitiges Ende.
Auch in den 1930er-Jahren und zu Beginn des Zweiten Weltkriegs produzierte die Sowjetunion halb- und vollautomatische Gewehre (AWS-36, SWT-38 und SWT-40), deren Produktion aber zugunsten der taktisch höher bewerteten Maschinenpistolenproduktion in der zweiten Hälfte des Krieges eingeschränkt und schließlich ganz eingestellt wurde.
Ausschlaggebend für die deutschen Entwicklungen des Maschinenkarabiners (MKb) und später des Sturmgewehrs (StG) war im Vorfeld die Suche nach einer neuen Mittelpatrone. Diese sollte deutlich wirksamer sein als die Pistolenmunition, die aus den Maschinenpistolen MP38/MP40 (9×19 mm Para) verschossen wurde, aber wesentlich rückstoßärmer als die vom Karabiner 98 verschossene Infanteriepatrone (7,92×57 mm / 8×57IS). Das führte zur Entwicklung der Patrone 7,92 × 33 mm, welche die genannten Voraussetzungen erfüllte.
Als neuer Typ des Infanteriegewehrs wurden Maschinenkarabiner in der Endphase des Zweiten Weltkrieges in Deutschland konzipiert (Firma Walther und Firma C.G. Haenel, Zella Mehlis und Suhl in Thüringen).
Angesichts der immer deutlicher werdenden zahlenmäßigen Unterlegenheit der Wehrmacht, des rapiden Rückgangs der Zahl in Friedenszeiten sorgfältig ausgebildeter Soldaten und unter dem Eindruck der Feuerüberlegenheit der amerikanischen und sowjetischen Selbstladegewehre zeigte sich die kampftechnische Aufwertung des einzelnen Soldaten mit einer Selbstladewaffe als zwingend notwendig (Entwicklung des G41, forcierte Produktion der MP 40).
In Feuergefechten zeigte sich, dass zielgenaues Einzelfeuer bei Kampfentfernungen über 400 m selten effektiv war. Die bis dahin verwendete Gewehrpatrone 8×57IS („Infanterie Spitz“) war im dafür vorgesehenen Karabiner 98k mit einer Visierung bis zu 1800 m somit völlig überdimensioniert. Die geringe Feuerrate wurde außerdem den Anforderungen für den Graben- und Häuserkampf nicht gerecht. In vollautomatischen Handfeuerwaffen (wie beispielsweise dem in nur geringen Stückzahlen hergestellten Fallschirmjägergewehr 42) eingesetzt, erwies sich der harte Rückstoß der Gewehrpatrone insbesondere für ungeübte Schützen als fatal für die Zielgenauigkeit. Die Maschinenpistole (beispielsweise MP 40) dagegen zeigte sich in Kampfentfernungen oberhalb von 100 m wegen ihrer typischen und relativ schwachen Pistolenmunition in 9 mm Parabellum ineffizient.
Letztlich litt die Ausrüstung der Wehrmacht unter der Rohstoffknappheit des Deutschen Reiches und benötigte zudem für eine schnelle Umbewaffnung des Heeres einen hohen monatlichen Waffenausstoß.
Die Summe aus den oben genannten Erkenntnissen, Erfahrungen und Anforderungen führten zur Entwicklung des überwiegend in günstiger Blechprägetechnik hergestellten Maschinenkarabiners 42 und 43 (MKb 42/MKb 43). Hitler hatte aber schon früh Vorbehalte gegen die Einführung einer neuen – zusätzlichen – Infanteriemunition und die Abschaffung der nominell weit reichenden 8×57IS („nehmt der Infanterie nicht den langen Arm“) und verbot zunächst weitere Entwicklungen an der sogenannten „Zwischenpatrone“. Um Hitler zu täuschen, wurde der MKb in MP43 umbenannt. So sollte Hitler annehmen, dass es sich um eine Maschinenpistole für die Verwendung der bereits vorhandenen 9 mm Parabellum handele; für Entwicklungsarbeiten auf diesem Gebiet gab es offiziell keine Restriktionen. 1944 bekam die Waffe nach einigen Änderungen den Namen MP 44. Durch positive Berichte zur neuen Waffe von der Ostfront wurde die Produktion unter besondere Dringlichkeit gestellt und mit dem suggestiven Namen Sturmgewehr versehen.
Andere Konstruktionen, zum Beispiel das bekannte AK-47 (Automat Kalaschnikow) (Kaliber 7,62 × 39 mm), übernahmen bei eigener Technik das taktische Konzept, das dem StGw 44 zugrunde liegt.
Ende der 1950er-Jahre wurde in der Bundeswehr das Gewehr G3 von Heckler & Koch eingeführt. Entsprechend der allgemeinen Tendenz der Nachkriegszeit war diese Waffe ein Rückstoßlader und verschoss keine Mittelpatrone, sondern wieder eine relativ starke Gewehrpatrone 7,62 × 51 mm NATO (.308 Winchester). Wie das FN FAL von FN oder das US-amerikanische M14 und einige andere Gewehre dieses Kalibers (.30) wird es im englischsprachigen Raum als Battle Rifle im Gegensatz zu Assault Rifle bezeichnet.
In den 1960er-Jahren wurde mit dem von Eugene Stoner entwickelten AR 15 (militärische Bezeichnung M16) in den USA und auch als Nato-Standardkaliber die kleinkalibrige Patrone 5,56 x 45 mm (.223 Remington) eingeführt. Dieses Kaliber besaß gegenüber dem alten Kaliber (7,62 × 51 mm) den Vorteil, dass es einerseits rückstoßärmer, die Waffe damit leichter zu beherrschen war und andererseits durch geringere Größe und Gewicht mehr Munition mitgeführt werden konnte. Der Nachteil dieser Munition ist der geringere Wirkungsgrad, bedingt durch eine stärker abnehmende Geschossgeschwindigkeit als beispielsweise bei der 7,62-mm-Munition, und das geringere Geschossgewicht, was zu einer geringeren zielballistischen Leistung führt. Auch die Tendenz zur kleineren Waffen mit kürzeren Läufen wirkt sich negativ auf die ballistischen Eigenschaften des neuen Geschosses aus. Deshalb sind inzwischen neue Kaliber in einer Zwischengröße (~6,8 mm) in der Diskussion. Der Warschauer Pakt zog in den 1970er Jahren mit der AK 74 (Kaliber 5,45 × 39 mm) nach, und die Schweizer Armee mit dem Stgw 90.
Ab 1996 löste das Sturmgewehr HK50 (militärische Bezeichnung G36), wieder von Heckler & Koch, das G3 bei der Bundeswehr ab. Damit hat nun auch die Bundeswehr einen modernen Gasdrucklader, der das NATO-Standardkaliber (Kaliber 5,56 × 45 mm), denselben Munitionstyp wie das französische FAMAS und das US-amerikanische M16, verwendet.
Zukunft
Visierung über Gewehrkamera und Helmdisplay bei FAMAS-FELIN
Fortschreitende Verkürzung der Waffen – durchaus zu Lasten der Zielgenauigkeit – und komprimierte Verschachtelung der Komponenten wie zum Beispiel im Bullpup-Design lassen kompaktere und leichtere Waffen zu. Blechprägeteile, die seit den 1940er-Jahren Holzschäftungen und Vollmetallkörper ablösten, sind selbst schon überwiegend durch Kunststoffschäftungen oder kompletten Kunststoffrahmen ersetzt worden. Neue Kunststoffentwicklungen ermöglichen nun leichtere und robustere Waffen bei gleicher Zuverlässigkeit. Elektronik hält verstärkt Einzug in die Entwicklung der Zielsysteme und integrierte Kommunikationsmodule und ermöglicht beispielsweise die Einblendung relevanter Daten in die Optik (Freund-Feind-Erkennung) oder einer abgesetzten Visierdarstellung zum Beispiel in einem Helmdisplay oder sogar dem weit entfernten Befehlsstand. Elektrische Servomotoren zur Ausführung des schnelleren und zuverlässigeren Ladevorganges sind bereits in experimentelle Prototypen integriert.
Siehe auch: HK XM29 und OICW-Programm
Quelle - literatur & Einzelnachweise
Sturmgewehr 44
Der Begriff Sturmgewehr geht auf die suggestive und propagandistische Namensgebung im Deutschen Reich in der Zeit des Nationalsozialismus zurück (siehe auch Vergeltungswaffe), und wurde für das Sturmgewehr 44 (StGw 44) benutzt.
Das StG 44, das ab März 1944 als MP 44 in geringerem Umfang eingeführt wurde, erhielt erst im Dezember 1944 den Namen „Sturmgewehr“ und sollte die besondere Eignung dieser Waffe als Angriffswaffe für Sturmtruppen nahelegen.
Etymologie
Die Bezeichnung Sturmgewehr eignet sich nicht, um eine Handfeuerwaffenkategorie nach technischen Gesichtspunkten klar zu definieren. Die meisten Armeen bezeichnen ihre Ordonnanzgewehre innerhalb ihrer Dienstvorschriften schlicht als Gewehr. Im deutschen Sprachgebrauch ist die nicht verbindliche Bezeichnung „Sturmgewehr“ mittlerweile zu einem Pseudonym für leichte militärische automatische Gewehre geworden (so wie „Jeep“ für Geländewagen oder „Colt“ für Revolver). Ähnlich falsche Titulierungen kommen aber auch im englischen Sprachgebrauch für bestimmte Waffentypen vor (beispielsweise „Assault Rifle“ für Sturm- oder Angriffsgewehr), haben jedoch auch hier, nicht zuletzt wegen sprachlicher Bedeutungsverschiebungen, keinerlei Bezug zum Sprachgebrauch innerhalb waffentechnischer Entwicklungen. Der Begriff „Sturmgewehr“ wird, trotz seiner falschen Ableitung, heute nicht nur im deutschen Sprachgebrauch verwendet, sondern findet auch bei der Namensgebung moderner militärischer automatischer Gewehre, wie zum Beispiel beim FAMAS, den Schweizer Sturmgewehren Stgw 57 und Stgw 90 oder dem StG 77, der Ordonnanzwaffe des österreichischen Heeres, Einzug in die offizielle Namensgebung.
Funktion
Sturmgewehre sind heute bei den meisten Streitkräften als Standardbewaffnung des Infanteristen (Ordonnanzbewaffnung) eingeführt. Der Pistolengriff dient dem sicheren Halt der Waffe, insbesondere im Dauerfeuermodus. Dies ermöglicht auch das Feuern aus der Hüfte, wodurch die Schulterstütze nicht mehr zwingend notwendig ist. Daher lassen sich diese bei vielen Varianten durch Einschieben oder Anklappen noch weiter verkürzen. Ihre Handhabung soll auch für ungeübte Schützen einfach und schnell erlernbar sein, alle Bedienelemente sind bei fast allen modernen Sturmgewehren für Rechts- und Linkshänder gleich gut erreichbar.
Hinsichtlich ihres Funktionsprinzips lassen sich Sturmgewehre grob, wie alle Selbstladewaffen, in sogenannte Rückstoßlader und Gasdrucklader unterscheiden, wobei die Zahl der Gasdrucklader überwiegt. Im Gegensatz zu den militärisch verbreiteten Maschinenpistolen wie beispielsweise den mittlerweile veralteten Uzi oder Sten und den meisten Maschinengewehren haben Sturmgewehre üblicherweise aufschießende Systeme für eine höhere Zielsicherheit beim ersten oder beim Einzelschuss.
Technik
Aus waffentechnischer Sicht handelt es sich bei einem Sturmgewehr um eine Selbstladebüchse, die durch mehr oder minder umfangreiche Modifikationen für schnelle Einzel- und vollautomatische Schussfolgen optimiert wurde. Diese Modifikationen beinhalteten überwiegend (jedoch nicht zwingend):
Umschaltbare Abzugseinheit für halbautomatischen und vollautomatischen Feuermodus (in etlichen Ausführungen zusätzlich bzw. anstelle des vollautomatischen Feuermodus, einen Feuerstoß-Modus mit der gesteuerten Abgabe einer festen Schussanzahl – zumeist drei Schuss)
Wechselmagazin (mit beliebiger Munitionskapazität, typischerweise aber mindestens 20 und selten mehr als 30 Schuss)
Pistolengriffschaft (bei etlichen Modellen einklappbare oder verschiebbare Schulterstützen)
Verwendung leichter Gewehrmunition in den Kalibern von 5,45 mm bis zu den .30 Kalibern
Spezielle Laufschäftung zur optimierten Hitzeabfuhr sowie zur Verminderung der Hitzebelastung für die Hand des Schützen
Mündungskonstruktionen zur günstigen Beeinflussung des Mündungsblitzes und des Rückstoßes
Konstruktionsbedingte Robustheit der Ausführung in Ausstattung, Funktion und Gebrauch
Die genannten „Merkmale“ sind nicht ausschließliche Merkmale der sogenannten Sturmgewehre. Allein in ihrer Gesamtheit führen sie zu einem Erscheinungsbild, das den landläufigen Sammelbegriff Sturmgewehr geprägt hat. Es ist offensichtlich, dass es zu funktionellen Überschneidungen mit anderen Handfeuerwaffentypen kommt, beziehungsweise dass mehrfache Typenbezeichnungen gleichartiger Handfeuerwaffen gebräuchlich sind, wie beispielsweise bei den Selbstladegewehren, Schnellfeuergewehren, Maschinenkarabinern, leichten Maschinengewehren.
Tatsächlich unterscheiden sich die technischen Selbstladeprinzipien eines vollautomatischen militärischen Sturmgewehrs und einer zivilen Selbstladebüchse nicht wesentlich. In der Entwicklung der Selbstladewaffen wurden oft Selbstladebüchsen im „klassischen“ Design durch verhältnismäßig geringe Modifikationen zu Sturmgewehren/Maschinenkarabinern migriert (M1 Garand – M14). Und auch umgekehrt werden die meisten militärischen Sturmgewehre durch technische Einschränkungen als halbautomatische Sportwaffen für den zivilen Absatzmarkt neu aufgelegt (zum Beispiel AKM47/AK74 – Norinco Sporter). Hierzu schreibt der Gesetzgeber in Deutschland bestimmte technische Hürden vor, die die Konvertierung eines Selbstladegewehres in eine vollautomatische Schusswaffe für normale Nutzer unmöglich machen sollen.
Einsatzbereiche
Nach taktischen Gesichtspunkten ist das Sturmgewehr eine Handfeuerwaffe, welche die Einsatzbereiche eines Gewehrs (Büchse), gegebenenfalls sogar eines Scharfschützengewehrs, und einer Maschinenpistole gleichermaßen abdecken soll, d.h.:
Zielgenaues, durchschlagskräftiges Einzelfeuer im Fernkampf
Hohe Feuerdichte im Nahkampf
Dies korrespondiert mit dem Erscheinungsbild etlicher sogenannter „Sturmgewehre“, die wie eine Kreuzung aus Gewehr und Maschinenpistole anmuten.
Geschichte
Awtomat Fjodorowa M1916
Das erste Sturmgewehr im Sinne militärischer Überlegungen wurde im Jahre 1913 vom Waffenkonstrukteur Wladimir Fjodorow in Russland entwickelt. Er orientierte sich damals an der japanischen 6,5-mm-Gewehrpatrone des Arisaka-Karabiners. In diesem Sinne war seine Konstruktion, das Awtomat Fjodorowa, ein automatisches Gewehr, das Langpatronen verschoss. Die Kapazitäten der zaristischen Waffenindustrie reichten im Ersten Weltkrieg bei weitem nicht aus, um diese Waffe und dazugehörige Munition in nennenswerter Stückzahl herstellen zu können. Die fehlende Einsicht der Strategen in die Notwendigkeit einer solchen Waffe sowie mangelndes Vertrauen in den einfachen Soldaten, verantwortungsvoll mit dieser „Munition verschlingenden“ Waffe umzugehen, beschieden den ersten Selbstladegewehren schnell ein vorzeitiges Ende.
Auch in den 1930er-Jahren und zu Beginn des Zweiten Weltkriegs produzierte die Sowjetunion halb- und vollautomatische Gewehre (AWS-36, SWT-38 und SWT-40), deren Produktion aber zugunsten der taktisch höher bewerteten Maschinenpistolenproduktion in der zweiten Hälfte des Krieges eingeschränkt und schließlich ganz eingestellt wurde.
Ausschlaggebend für die deutschen Entwicklungen des Maschinenkarabiners (MKb) und später des Sturmgewehrs (StG) war im Vorfeld die Suche nach einer neuen Mittelpatrone. Diese sollte deutlich wirksamer sein als die Pistolenmunition, die aus den Maschinenpistolen MP38/MP40 (9×19 mm Para) verschossen wurde, aber wesentlich rückstoßärmer als die vom Karabiner 98 verschossene Infanteriepatrone (7,92×57 mm / 8×57IS). Das führte zur Entwicklung der Patrone 7,92 × 33 mm, welche die genannten Voraussetzungen erfüllte.
Als neuer Typ des Infanteriegewehrs wurden Maschinenkarabiner in der Endphase des Zweiten Weltkrieges in Deutschland konzipiert (Firma Walther und Firma C.G. Haenel, Zella Mehlis und Suhl in Thüringen).
Angesichts der immer deutlicher werdenden zahlenmäßigen Unterlegenheit der Wehrmacht, des rapiden Rückgangs der Zahl in Friedenszeiten sorgfältig ausgebildeter Soldaten und unter dem Eindruck der Feuerüberlegenheit der amerikanischen und sowjetischen Selbstladegewehre zeigte sich die kampftechnische Aufwertung des einzelnen Soldaten mit einer Selbstladewaffe als zwingend notwendig (Entwicklung des G41, forcierte Produktion der MP 40).
In Feuergefechten zeigte sich, dass zielgenaues Einzelfeuer bei Kampfentfernungen über 400 m selten effektiv war. Die bis dahin verwendete Gewehrpatrone 8×57IS („Infanterie Spitz“) war im dafür vorgesehenen Karabiner 98k mit einer Visierung bis zu 1800 m somit völlig überdimensioniert. Die geringe Feuerrate wurde außerdem den Anforderungen für den Graben- und Häuserkampf nicht gerecht. In vollautomatischen Handfeuerwaffen (wie beispielsweise dem in nur geringen Stückzahlen hergestellten Fallschirmjägergewehr 42) eingesetzt, erwies sich der harte Rückstoß der Gewehrpatrone insbesondere für ungeübte Schützen als fatal für die Zielgenauigkeit. Die Maschinenpistole (beispielsweise MP 40) dagegen zeigte sich in Kampfentfernungen oberhalb von 100 m wegen ihrer typischen und relativ schwachen Pistolenmunition in 9 mm Parabellum ineffizient.
Letztlich litt die Ausrüstung der Wehrmacht unter der Rohstoffknappheit des Deutschen Reiches und benötigte zudem für eine schnelle Umbewaffnung des Heeres einen hohen monatlichen Waffenausstoß.
Die Summe aus den oben genannten Erkenntnissen, Erfahrungen und Anforderungen führten zur Entwicklung des überwiegend in günstiger Blechprägetechnik hergestellten Maschinenkarabiners 42 und 43 (MKb 42/MKb 43). Hitler hatte aber schon früh Vorbehalte gegen die Einführung einer neuen – zusätzlichen – Infanteriemunition und die Abschaffung der nominell weit reichenden 8×57IS („nehmt der Infanterie nicht den langen Arm“) und verbot zunächst weitere Entwicklungen an der sogenannten „Zwischenpatrone“. Um Hitler zu täuschen, wurde der MKb in MP43 umbenannt. So sollte Hitler annehmen, dass es sich um eine Maschinenpistole für die Verwendung der bereits vorhandenen 9 mm Parabellum handele; für Entwicklungsarbeiten auf diesem Gebiet gab es offiziell keine Restriktionen. 1944 bekam die Waffe nach einigen Änderungen den Namen MP 44. Durch positive Berichte zur neuen Waffe von der Ostfront wurde die Produktion unter besondere Dringlichkeit gestellt und mit dem suggestiven Namen Sturmgewehr versehen.
Andere Konstruktionen, zum Beispiel das bekannte AK-47 (Automat Kalaschnikow) (Kaliber 7,62 × 39 mm), übernahmen bei eigener Technik das taktische Konzept, das dem StGw 44 zugrunde liegt.
Ende der 1950er-Jahre wurde in der Bundeswehr das Gewehr G3 von Heckler & Koch eingeführt. Entsprechend der allgemeinen Tendenz der Nachkriegszeit war diese Waffe ein Rückstoßlader und verschoss keine Mittelpatrone, sondern wieder eine relativ starke Gewehrpatrone 7,62 × 51 mm NATO (.308 Winchester). Wie das FN FAL von FN oder das US-amerikanische M14 und einige andere Gewehre dieses Kalibers (.30) wird es im englischsprachigen Raum als Battle Rifle im Gegensatz zu Assault Rifle bezeichnet.
In den 1960er-Jahren wurde mit dem von Eugene Stoner entwickelten AR 15 (militärische Bezeichnung M16) in den USA und auch als Nato-Standardkaliber die kleinkalibrige Patrone 5,56 x 45 mm (.223 Remington) eingeführt. Dieses Kaliber besaß gegenüber dem alten Kaliber (7,62 × 51 mm) den Vorteil, dass es einerseits rückstoßärmer, die Waffe damit leichter zu beherrschen war und andererseits durch geringere Größe und Gewicht mehr Munition mitgeführt werden konnte. Der Nachteil dieser Munition ist der geringere Wirkungsgrad, bedingt durch eine stärker abnehmende Geschossgeschwindigkeit als beispielsweise bei der 7,62-mm-Munition, und das geringere Geschossgewicht, was zu einer geringeren zielballistischen Leistung führt. Auch die Tendenz zur kleineren Waffen mit kürzeren Läufen wirkt sich negativ auf die ballistischen Eigenschaften des neuen Geschosses aus. Deshalb sind inzwischen neue Kaliber in einer Zwischengröße (~6,8 mm) in der Diskussion. Der Warschauer Pakt zog in den 1970er Jahren mit der AK 74 (Kaliber 5,45 × 39 mm) nach, und die Schweizer Armee mit dem Stgw 90.
Ab 1996 löste das Sturmgewehr HK50 (militärische Bezeichnung G36), wieder von Heckler & Koch, das G3 bei der Bundeswehr ab. Damit hat nun auch die Bundeswehr einen modernen Gasdrucklader, der das NATO-Standardkaliber (Kaliber 5,56 × 45 mm), denselben Munitionstyp wie das französische FAMAS und das US-amerikanische M16, verwendet.
Zukunft
Visierung über Gewehrkamera und Helmdisplay bei FAMAS-FELIN
Fortschreitende Verkürzung der Waffen – durchaus zu Lasten der Zielgenauigkeit – und komprimierte Verschachtelung der Komponenten wie zum Beispiel im Bullpup-Design lassen kompaktere und leichtere Waffen zu. Blechprägeteile, die seit den 1940er-Jahren Holzschäftungen und Vollmetallkörper ablösten, sind selbst schon überwiegend durch Kunststoffschäftungen oder kompletten Kunststoffrahmen ersetzt worden. Neue Kunststoffentwicklungen ermöglichen nun leichtere und robustere Waffen bei gleicher Zuverlässigkeit. Elektronik hält verstärkt Einzug in die Entwicklung der Zielsysteme und integrierte Kommunikationsmodule und ermöglicht beispielsweise die Einblendung relevanter Daten in die Optik (Freund-Feind-Erkennung) oder einer abgesetzten Visierdarstellung zum Beispiel in einem Helmdisplay oder sogar dem weit entfernten Befehlsstand. Elektrische Servomotoren zur Ausführung des schnelleren und zuverlässigeren Ladevorganges sind bereits in experimentelle Prototypen integriert.
Siehe auch: HK XM29 und OICW-Programm
Quelle - literatur & Einzelnachweise
checker- Moderator
- Anzahl der Beiträge : 49603
Anmeldedatum : 03.04.11
Ort : Braunschweig
Seite 1 von 1
Befugnisse in diesem Forum
Sie können in diesem Forum nicht antworten
Heute um 3:20 am von Heiliger Hotze
» Halflives
Heute um 3:18 am von Heiliger Hotze
» Kupfergold
Heute um 3:15 am von Heiliger Hotze
» Whitesnake
Heute um 3:13 am von Heiliger Hotze
» ( ENGELSEIN ) ENGELHAI
Heute um 3:11 am von Heiliger Hotze
» MALIGNANT TUMOUR
Heute um 3:04 am von Heiliger Hotze
» - LEEAAV -
Heute um 3:02 am von Heiliger Hotze
» (( ifa ))
Heute um 3:00 am von Heiliger Hotze
» AOP Records
Heute um 2:57 am von Heiliger Hotze