Das Buch der Psalmen
Seite 1 von 1
Das Buch der Psalmen
Das Buch der Psalmen (hebräisch סֵפֶר תְּהִלִּים sefer tehillim) ist ein Buch der hebräischen Bibel (Tanach) und des Alten Testaments der christlichen Bibel. Im jüdischen Kanon steht das Psalmenbuch am Anfang des dritten und letzten Teils, der „Schriften“ (hebräisch כְתוּבִים Ketuvim), im christlichen Kanon dagegen vor den großen Propheten bei den Weisheits- bzw. Lehrbüchern an zweiter Stelle hinter dem Buch Ijob.
Das Buch der Psalmen ist eine Sammlung von 150 Psalmen, also Gebeten und Liedern, die in fünf Bücher eingeteilt sind. Die Psalmen spielen sowohl in der jüdischen wie auch in der christlichen Liturgie eine bedeutende Rolle und wurden vor allem in Musik und Literatur vielfach aufgegriffen.
Bezeichnungen
Psalterium in hebräischer, griechischer, arabischer und chaldäischer (aramäischer) Sprache mit lateinischem Kommentar. Genua 1516
Die in der christlichen Tradition übliche Bezeichnung Buch der Psalmen oder Psalmen geht über den lateinischen Titel liber psalmorum oder kurz psalmi der Vulgata zurück auf das griechische ψαλμός (psalmós, Plural psalmoi), vom Verb ψάλλειν (psallein, „die Saiten spielen“).[1] Es wird in den meisten griechischen Handschriften der Psalmen und auch in neutestamentlichen Anführungen (z. B. Lk 20,42 ELB) gebraucht.
Die Bezeichnung Psalter lässt sich über das lateinische Psalterium auf das griechische ψαλτήριον (Psalterion) zurückführen, das in der Septuaginta des Codex Alexandrinus aus dem 5. Jahrhundert verwendet wird.[2] Es bezeichnet sowohl ein großes Saiteninstrument (Psalterium) wie auch eine Sammlung von Liedern, die zu dessen Begleitung gesungen werden.[3] Beide Bezeichnungen sind vermutlich eine Entsprechung für das nur im Buch der Psalmen vorkommende hebräische מִזְמור (mizmor, umschreibbar als „kantilierender Sprechgesang mit Saitenspielbegleitung“), mit dem 57 der 150 Psalmen überschrieben sind.[1]
Eine hebräische Bezeichnung für die Psalmen, auf die die griechische zurückgehen könnte, ist nicht bekannt, auch wenn der Gebrauch der Pluralform mizmorot im palästinischen Schrifttum als Bezeichnung für die Gesamtheit der Psalmen belegt ist.[2] In der rabbinischen Literatur durchgesetzt hat sich dagegen die Bezeichnung סֵפֶר תְּהִלִּים (Sefer tehillim, „Buch der Lobpreisungen“) oder kurz Tillim (aramäisch Tillin), die im Judentum seither verwendet werden, obwohl nur ein Teil der Psalmen Lobgesänge sind.[3][4] Der unregelmäßige männliche Plural geht auf die weibliche Singularform tehillah („Lobgesang“) von הלל (hll, „preisen“) zurück, mit der jedoch allein Psalm 145 überschrieben ist. Zur Wahl der Bezeichnung Tehillim für die gesamte Textsammlung hat möglicherweise der vom selben Wortstamm abgeleitete populäre liturgische Kehrvers Halleluja, „preiset den Herrn“, beigetragen.[2]
Historische Einordnung
Schriftrolle der Psalmen
Die einzelnen Psalmen des Psalters haben ihre je eigene Entstehungsgeschichte. Grundfassungen einzelner Psalmen – vor allem Königspsalmen und Zionshymnen – sind wahrscheinlich vor dem Babylonischen Exil in der israelitischen Königszeit entstanden. Die meisten Psalmen stammen jedoch aus nachexilischer Zeit, also frühestens aus dem späten 6. Jahrhundert v. Chr.[5]
Das Psalmenbuch besteht aus ursprünglich selbständigen Teilsammlungen aus dem 6. bis 3. Jahrhundert v. Chr., die in mehreren Phasen zusammengestellt wurden. Wann die Sammlung abgeschlossen wurde, ist zwar umstritten, in der Forschung werden aber tendenziell die Jahre zwischen 200 und 150 v. Chr. angegeben. Dafür spricht die Nähe zur späten Weisheitsliteratur, die bei den jüngsten redaktionellen Bearbeitungen des Psalters erkennbar wird. Außerdem scheint die Sammlung in der vorliegenden Form bereits in der Gemeinde von Qumran eine feste Größe gewesen zu sein, was sich auch literarisch etwa um das Jahr 70 v. Chr. festmachen lässt. Allerdings existieren Psalmenhandschriften aus Qumran (11QPsa), die vor allem am Ende der Sammlung eine andere Reihenfolge der Psalmen aufweisen. Ob dies ein Hinweis auf den noch grundsätzlich unabgeschlossenen Prozess der Zusammenstellung des Psalmenbuches ist oder lediglich eine für Qumran spezifische individuelle Abweichung darstellt, ist umstritten.
Der älteste schriftliche Beleg für die abgeschlossene Buchgestalt des Psalters ist eine Handschrift aus der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr.[6]
Stellung im Kanon
In der hebräischen Bibel wird das Psalmenbuch an die Spitze des dritten und letzten Teils, der „Schriften“ (Ketuvim) gestellt. So ist die Reihenfolge auch in der griechischen Septuaginta. Die christliche Tradition ordnet die Psalmen dagegen übereinstimmend vor den „Propheten“ bei den Weisheits- bzw. Lehrbüchern an zweiter Stelle hinter das Buch Ijob ein.
Struktur des Psalmenbuches
Psalm 1, Verse 1–2 (Biblia Hebraica)
Aufbau
Das Psalmenbuch in der heutigen Form ist eine redaktionelle Zusammenstellung von fünf ursprünglich eigenständigen Büchern mit einer je eigenen Entstehungsgeschichte. Der 1. Psalm steht dem Buch wie ein Motto vor. Er lautet nach der Einheitsübersetzung:
Psalm 1 – Die beiden Wege
(1) Wohl dem Mann, der nicht dem Rat der Frevler folgt, nicht auf dem Weg der Sünder geht, nicht im Kreis der Spötter sitzt,
(2) sondern Freude hat an der Weisung des Herrn, über seine Weisung nachsinnt bei Tag und bei Nacht.
(3) Er ist wie ein Baum, der an Wasserbächen gepflanzt ist, der zur rechten Zeit seine Frucht bringt und dessen Blätter nicht welken. Alles, was er tut, wird ihm gut gelingen.
(4) Nicht so die Frevler: Sie sind wie Spreu, die der Wind verweht.
(5) Darum werden die Frevler im Gericht nicht bestehen noch die Sünder in der Gemeinde der Gerechten.
(6) Denn der Herr kennt den Weg der Gerechten, der Weg der Frevler aber führt in den Abgrund.
Bei der Kombination der fünf Teilsammlungen erhielt jede von ihnen einen eigenen neuen Abschluss in Form einer Doxologie. Diese Preisungen Gottes münden zum Schluss in die fünf Halleluja-Psalmen, das sogenannte „Schluss-Hallel“ (Psalmen 146–150). Durch diesen Aufbau erhält der Psalter eine Strukturierung, die ihn formal der fünfteiligen Tora zuordnet. Im späteren rabbinischen Midrasch Tehillim (spätestens aus dem 11. Jahrhundert) heißt es dazu: „Mose gab den Israeliten die fünf Bücher der Tora, und David gab den Israeliten die fünf Bücher der Psalmen.“
Die Architektur des Psalmenbuches[7]
Teile Kapitel Inhalt
Rahmen – Proömium 1–2 Tora + Messias/Zion/Gottesherrschaft
1. Buch 3–41 Davidpsalmen (3–14; 15–24; 25–34; 35–41)
Abschluss 41,14 Doxologie: „Gepriesen sei JHWH der Gott Israels von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen, ja Amen.“
2. Buch 42–72 Korachpsalmen (42–49); Asafpsalm (50); Davidpsalmen (51–72)
Abschluss 72,18 f. Doxologie: „Gepriesen sei JHWH der Gott Israels, der Wunder tut allein, und gepriesen sei der Name seiner Herrlichkeit in Ewigkeit, und es erfülle seine Herrlichkeit die ganze Erde. Amen, ja Amen.“
3. Buch 73–89 Asafpsalmen (73–83); Korachpsalmen (84–85, 87–89); Davidpsalm (86)
Abschluss 89,53 Doxologie: „Gepriesen sei JHWH in Ewigkeit. Amen, ja Amen.“
4. Buch 90–106 Mosekomposition (90–92); JHWH-Königtum (93–100); Davidkomposition (101–106)
Abschluss 106,48 Doxologie: „Gepriesen sei JHWH der Gott Israels von Ewigkeit zu Ewigkeit. Und es soll sprechen das ganze Volk: Amen. Halleluja!“
5. Buch 107–145 Lobpsalm (Toda) (107 und 145; Königtum JHWHs); Davidpsalmen (108 f. und 138–145); Alphabet. Torapsalmen (111 f., 119); Pessach-Hallel (113–118); Wallfahrtspsalmen (120–137)
Abschluss 145,21 „Das Lob JHWHs soll reden mein Mund und preisen soll alles Fleisch seinen heiligen Namen in Ewigkeit und auf immer.“
Rahmen – Schluss-Hallel 146–150 Zehnfaches Halleluja
Die vollständige Liste der Psalmen findet sich im Artikel Psalmenüberschriften.
Gruppierungen
Im Psalmenbuch lassen sich Gruppierungen und Verwandtschaften unter den Psalmen ausmachen, die Rückschlüsse auf ihre Entstehung, ihren Sitz im Leben und spirituellen Gehalt zulassen:
Davidpsalmen (vor allem Ps 3–41; Ps 51–70; Ps 138–145)
Asafpsalmen (Ps 50; Ps 73–83)
Korachpsalmen Ps 42; Ps 44–49; Ps 84–85; Ps 87–88
Wallfahrtslieder (die sogenannten Gradualpsalmen Ps 120–134)
Geschichtspsalmen
Schöpfungspsalmen
Ägyptisches Hallel oder Pessach-Hallel (Sederabend) (Ps 113–118)
Großes Hallel (Ps 136)
Kleines Hallel oder Schluss-Hallel (Ps 146–150)
Akrostichische Psalmen (Alefbeth-Psalmen, Didaktische Psalmen) (Ps 9/10; 25; 34; 37; 111; 112; 119; 145). Die ersten Buchstaben der Verse bilden das hebräische Alphabet, das dient dem leichteren Memorieren.
Bußpsalmen (Ps 6; 32; 38; 51; 102; 130; 143)
JHWH-Königs-Psalmen (Ps 93–99)
Elohistischer Psalter (Ps 42–83)
Psalmengattungen
→ Hauptartikel: Psalm
Während es im Tanach an verschiedenen Stellen Psalmen als Lieder, Hymnen und Klagen gibt (z.B. Lied des Mose Ex 15,1–8 EU, Lied der Hannah 1 Sam 2,1–10 EU und Psalm des Jona Jona 2,3–10 EU), so findet sich jedoch im Buch der Psalmen bei weitem der größte Bestand.
Inhaltlich befassen die Psalmen sich vor allem mit folgenden Themen:
Lob und Dank
Buße (sieben sogenannte Bußpsalmen Ps 6; 32; 38; 51; 102; 130; 143)
Trauer
Klage (Ps 25)
Morgen- und Abendlieder
Freude
Trost
Hoffnung, Zuversicht (Ps 18,30 SLT; Ps 39,8 SLT; Ps 138,8 SLT)
Vertrauen auf Gott (Ps 23; 25)
Wallfahrtslieder (Ps 120–134)
Lehrgedichte (Ps 1; 19; und die Akrostichischen Psalmen)
Bitten um Sieg über gottlose Gegner
Fluchpsalmen (Ps 94; Ps 109)[8]
Formale Gestaltung
Stilmittel
Die meisten Psalmen sind in der hebräischen Gedichtform geschrieben, die durch den Parallelismus membrorum (lateinisch: „Parallelität der Versglieder“) charakterisiert ist: Zwei (oder drei) aufeinanderfolgende Verse oder Vershälften zeigen einen besonderen inhaltlichen Bezug, indem sie Gleiches unterschiedlich ausdrücken (synonymer Parallelismus), sich ergänzen (synthetischer Parallelmus) oder einen Gegensatz bilden (antithetischer Parallelismus).
Beispiel für synonyme Parallelismen:
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen
bist fern meinem Schreien, den Worten meiner Klage?
Mein Gott, ich rufe bei Tag, doch du gibst keine Antwort
ich rufe bei Nacht und finde doch keine Ruhe.
Aber du bist heilig
du thronst über dem Lobpreis Israels. (Ps 22,1–3)
Beispiel für synthetische Parallelismen:
Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen:
Woher kommt mir Hilfe?
Meine Hilfe kommt vom Herrn
der Himmel und Erde gemacht hat. (Ps 121,1–2)
Beispiele für den antithetischen Parallelismus:
Denn der Herr kennt den Weg der Gerechten,
der Weg der Frevler aber führt in den Abgrund. (Ps 1,6)
Zwiespältige Menschen sind mir von Grund auf verhasst,
doch dein Gesetz ist mir lieb. (Ps 119,113)
Psalmenüberschriften
→ Hauptartikel: Psalmenüberschriften
Im Hebräischen sind die meisten Psalmen mit Überschriften versehen, die von kurzen Verfasserangaben über heute kaum mehr verständliche musikalische Angaben bis zu mehrere Sätze langen Situationsschilderungen reichen.
Fécamp-Bibel (13. Jh.),
Initiale B (Beatus): König David als Harfenspieler
Das nachexilische Judentum schrieb fast die Hälfte der Psalmen dem König David zu. Bei etwa 20 der 72 Psalmen Davids liefert die Überschrift zusätzliche Angaben zur Verbindung des Psalms mit Situationen aus seinem Leben . Zwar könnte eine Autorschaft Davids dadurch historisch plausibel erscheinen, dass im Tanach auch außerhalb des Psalters von David als „Leierspieler“ (1 Sam 16,17–23 EU) und „Dichter“ (2 Sam 17,17–23 EU) gesprochen wird. Bei der Zuschreibung seiner Autorschaft handelt es sich jedoch nicht um eine Aussage zur generellen Entstehungsgeschichte der (Davids-)Psalmen, sondern zu ihrer Bedeutung für das jüdische Volk, die durch die Figur des Königs David betont wird. In diesem Sinne spricht man auch von einer „Davidisierung“ der Psalmen. Dabei kann die hebräische Überschrift „ledawid“ einerseits verstanden werden als „von David“, womit ihre geistliche Dignität ausgedrückt wird, andererseits als „für David“, womit das Volk Israel seine Hoffnung auf messianische Vollendung im Beten der Psalmen ausdrückt.[9] Auch für die als Psalmendichter genannten Mose und Salomo unterstreicht deren Autorität die Bedeutung der Texte und reiht sie ein in die Tradition Israels.
Bei den Asaf- und Korachpsalmen handelt es sich um Texte, die aus diesen beiden Jerusalemer levitischen Sängergilden stammen und möglicherweise Teil des Tempelkultes waren.
Die griechische Übersetzung der Septuaginta fügt weitere Überschriften hinzu, die wohl aus einer anderen hebräischen Textquelle stammen. Somit haben in der Septuaginta und in den aus dieser abgeleiteten Übersetzungen alle Psalmen eine Überschrift, mit Ausnahme der beiden ersten. Bereits damals wurden die musikalischen Angaben des hebräischen Textes in großen Teilen nicht mehr verstanden; deren entsprechend kryptische griechische Übertragungen boten später Anlass zu vielfältiger symbolischer und mystischer Interpretation.
Die deutschen Übersetzungen fügen weitere Überschriften hinzu. Sie stehen nicht im hebräischen Urtext, sondern wurden erst von den Übersetzern zum besseren Auffinden und zur Orientierung hinzugefügt.
Nummerierung der Psalmen
Im Psalmenbuch folgt die Kapiteleinteilung den einzelnen Psalmen und ist daher ursprünglich. Darin unterscheidet sich das Buch von allen anderen Büchern der Bibel, wo die Einteilung in Kapitel erst im Mittelalter erfolgte. Die Einteilung in Verse kam mit dem Buchdruck im Gefolge von Robert Estienne auf, folgt aber größtenteils der natürlichen Verseinteilung der poetischen Texte.
Die Nummerierung der Psalmen unterscheidet sich geringfügig zwischen dem hebräischen Text in der masoretischen Textfassung einerseits und den Übersetzungen der griechischen Septuaginta und der darauf beruhenden lateinischen Vulgata andererseits. Evangelische Bibeln zählen wie der Urtext, den Martin Luther für seine Übersetzung verwendete. Ältere katholische Bibeln verwendeten die Zählung der Septuaginta bzw. Vulgata. Die in der katholischen Kirche jetzt verwendete lateinische Bibelausgabe, die 1979 herausgegebene Nova Vulgata, folgt der Nummerierung des masoretischen Texts. Daher muss man bei Verweisen auf Psalmen darauf achten, auf welche der beiden Nummerierungen sich ein Verweis bezieht. Oft werden die Psalmnummern in der Form Ps 51(50) angegeben. Die höhere Nummer bezieht sich dabei auf die vorlaufende hebräische Zählung.
Der griechische Text der Septuaginta kennt einen zusätzlichen Psalm 151, der jedoch in seinem Titel als „außerhalb der Nummerierung“ bezeichnet wird. Die hebräische Fassung dieses sog. apokryphen Psalms ist in einer Qumran-Handschrift belegt.
Unterschiede der Psalmenzählung in hebräischer und griechischer Bibel Masoretischer Text Septuaginta (LXX) Anmerkung
Ps 1–8 Ps 1–8 Zählung gleich
Ps 9–10 Ps 9 LXX zählt Pss. 9 u. 10 als einen Psalm
Ps 11–113 Ps 10–112 hebräische Zählung geht um 1 voraus
Ps 114–115 Ps 113 LXX zählt 114 u. 115 als einen Psalm
Ps 116 Ps 114–115 griech. als zwei Psalmen gezählt; Einschnitt nach 9 Versen
Ps 117–146 Ps 116–145 hebräische Zählung geht um 1 voraus
Ps 147 Ps 146–147 griech. als zwei Psalmen gezählt; Einschnitt nach 11 Versen
Ps 148–150 Ps 148–150 Zählung gleich
Ps 151 deuterokanonisch
Bedeutung und Wirkungsgeschichte
Das Buch der Psalmen ist das Gebetbuch der Juden und der frühen Christen. Außerhalb des Jerusalemer Tempels wurden die Psalmen gewöhnlich ohne Instrumentalbegleitung gesungen.
Die Psalmen in der jüdischen Tradition
Nach wie vor sind die Psalmen liturgisch im Gebrauch in der Synagoge.
Die Psalmen in der christlichen Tradition
Das Stundengebet der katholischen, orthodoxen und anglikanischen Kirche besteht vorwiegend aus Psalmen und den zugehörigen Antiphonen. Psalmen werden in der Heiligen Messe, bei der Spendung von Sakramenten und Sakramentalien, bei Prozessionen und Wallfahrten, beim Begräbnis gesungen. Auch die Bildsprache in christlichen Kirchen und Gemeinschaften geht häufig auf Motive aus den Psalmen zurück.
Vertonung von Psalm 1,1 als Psalmodie im IV. Ton mit Antiphon
Martin Luther nannte die Psalmen die „kleine Biblia“ und weist damit auf den umfassenden religiösen Reichtum des Psalters hin. Johannes Calvin schrieb in der Einleitung seiner Auslegung der Psalmen: „Mit gutem Grund nenne ich gewöhnlich das [Psalm]buch eine Aufgliederung [die Anatomie] aller Teile der Seele“.[10] Papst Benedikt XVI. bezeichnete die Psalmen als Geschenk Gottes an Israel und die Kirche und als „Schule des Gebets“, insofern das Wort Gottes zum Wort des Betenden werde.[11]
Psalmvertonungen und Nachdichtungen
→ Hauptartikel: Psalmvertonung
Viele Psalmen sind als Psalmodien, Kirchenlieder und liturgische Gesänge vertont. Dazu wurden ihre Texte häufig in eine Reim- und Strophenform überführt. Künstler befassen sich bis heute oft mit Psalmen in Nachdichtungen oder Vertonungen. Der Psalter hat auch einem Musikinstrument, dem Psalterium, den Namen gegeben.
Siehe auch
Psalmvertonung
Kathisma
Gregorianischer Choral
Liste biblischer Bücher
Buch der Sprichwörter
Zabur
Hallel
Quelle - literatur & Einzelnachweise
Das Buch der Psalmen ist eine Sammlung von 150 Psalmen, also Gebeten und Liedern, die in fünf Bücher eingeteilt sind. Die Psalmen spielen sowohl in der jüdischen wie auch in der christlichen Liturgie eine bedeutende Rolle und wurden vor allem in Musik und Literatur vielfach aufgegriffen.
Bezeichnungen
Psalterium in hebräischer, griechischer, arabischer und chaldäischer (aramäischer) Sprache mit lateinischem Kommentar. Genua 1516
Die in der christlichen Tradition übliche Bezeichnung Buch der Psalmen oder Psalmen geht über den lateinischen Titel liber psalmorum oder kurz psalmi der Vulgata zurück auf das griechische ψαλμός (psalmós, Plural psalmoi), vom Verb ψάλλειν (psallein, „die Saiten spielen“).[1] Es wird in den meisten griechischen Handschriften der Psalmen und auch in neutestamentlichen Anführungen (z. B. Lk 20,42 ELB) gebraucht.
Die Bezeichnung Psalter lässt sich über das lateinische Psalterium auf das griechische ψαλτήριον (Psalterion) zurückführen, das in der Septuaginta des Codex Alexandrinus aus dem 5. Jahrhundert verwendet wird.[2] Es bezeichnet sowohl ein großes Saiteninstrument (Psalterium) wie auch eine Sammlung von Liedern, die zu dessen Begleitung gesungen werden.[3] Beide Bezeichnungen sind vermutlich eine Entsprechung für das nur im Buch der Psalmen vorkommende hebräische מִזְמור (mizmor, umschreibbar als „kantilierender Sprechgesang mit Saitenspielbegleitung“), mit dem 57 der 150 Psalmen überschrieben sind.[1]
Eine hebräische Bezeichnung für die Psalmen, auf die die griechische zurückgehen könnte, ist nicht bekannt, auch wenn der Gebrauch der Pluralform mizmorot im palästinischen Schrifttum als Bezeichnung für die Gesamtheit der Psalmen belegt ist.[2] In der rabbinischen Literatur durchgesetzt hat sich dagegen die Bezeichnung סֵפֶר תְּהִלִּים (Sefer tehillim, „Buch der Lobpreisungen“) oder kurz Tillim (aramäisch Tillin), die im Judentum seither verwendet werden, obwohl nur ein Teil der Psalmen Lobgesänge sind.[3][4] Der unregelmäßige männliche Plural geht auf die weibliche Singularform tehillah („Lobgesang“) von הלל (hll, „preisen“) zurück, mit der jedoch allein Psalm 145 überschrieben ist. Zur Wahl der Bezeichnung Tehillim für die gesamte Textsammlung hat möglicherweise der vom selben Wortstamm abgeleitete populäre liturgische Kehrvers Halleluja, „preiset den Herrn“, beigetragen.[2]
Historische Einordnung
Schriftrolle der Psalmen
Die einzelnen Psalmen des Psalters haben ihre je eigene Entstehungsgeschichte. Grundfassungen einzelner Psalmen – vor allem Königspsalmen und Zionshymnen – sind wahrscheinlich vor dem Babylonischen Exil in der israelitischen Königszeit entstanden. Die meisten Psalmen stammen jedoch aus nachexilischer Zeit, also frühestens aus dem späten 6. Jahrhundert v. Chr.[5]
Das Psalmenbuch besteht aus ursprünglich selbständigen Teilsammlungen aus dem 6. bis 3. Jahrhundert v. Chr., die in mehreren Phasen zusammengestellt wurden. Wann die Sammlung abgeschlossen wurde, ist zwar umstritten, in der Forschung werden aber tendenziell die Jahre zwischen 200 und 150 v. Chr. angegeben. Dafür spricht die Nähe zur späten Weisheitsliteratur, die bei den jüngsten redaktionellen Bearbeitungen des Psalters erkennbar wird. Außerdem scheint die Sammlung in der vorliegenden Form bereits in der Gemeinde von Qumran eine feste Größe gewesen zu sein, was sich auch literarisch etwa um das Jahr 70 v. Chr. festmachen lässt. Allerdings existieren Psalmenhandschriften aus Qumran (11QPsa), die vor allem am Ende der Sammlung eine andere Reihenfolge der Psalmen aufweisen. Ob dies ein Hinweis auf den noch grundsätzlich unabgeschlossenen Prozess der Zusammenstellung des Psalmenbuches ist oder lediglich eine für Qumran spezifische individuelle Abweichung darstellt, ist umstritten.
Der älteste schriftliche Beleg für die abgeschlossene Buchgestalt des Psalters ist eine Handschrift aus der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr.[6]
Stellung im Kanon
In der hebräischen Bibel wird das Psalmenbuch an die Spitze des dritten und letzten Teils, der „Schriften“ (Ketuvim) gestellt. So ist die Reihenfolge auch in der griechischen Septuaginta. Die christliche Tradition ordnet die Psalmen dagegen übereinstimmend vor den „Propheten“ bei den Weisheits- bzw. Lehrbüchern an zweiter Stelle hinter das Buch Ijob ein.
Struktur des Psalmenbuches
Psalm 1, Verse 1–2 (Biblia Hebraica)
Aufbau
Das Psalmenbuch in der heutigen Form ist eine redaktionelle Zusammenstellung von fünf ursprünglich eigenständigen Büchern mit einer je eigenen Entstehungsgeschichte. Der 1. Psalm steht dem Buch wie ein Motto vor. Er lautet nach der Einheitsübersetzung:
Psalm 1 – Die beiden Wege
(1) Wohl dem Mann, der nicht dem Rat der Frevler folgt, nicht auf dem Weg der Sünder geht, nicht im Kreis der Spötter sitzt,
(2) sondern Freude hat an der Weisung des Herrn, über seine Weisung nachsinnt bei Tag und bei Nacht.
(3) Er ist wie ein Baum, der an Wasserbächen gepflanzt ist, der zur rechten Zeit seine Frucht bringt und dessen Blätter nicht welken. Alles, was er tut, wird ihm gut gelingen.
(4) Nicht so die Frevler: Sie sind wie Spreu, die der Wind verweht.
(5) Darum werden die Frevler im Gericht nicht bestehen noch die Sünder in der Gemeinde der Gerechten.
(6) Denn der Herr kennt den Weg der Gerechten, der Weg der Frevler aber führt in den Abgrund.
Bei der Kombination der fünf Teilsammlungen erhielt jede von ihnen einen eigenen neuen Abschluss in Form einer Doxologie. Diese Preisungen Gottes münden zum Schluss in die fünf Halleluja-Psalmen, das sogenannte „Schluss-Hallel“ (Psalmen 146–150). Durch diesen Aufbau erhält der Psalter eine Strukturierung, die ihn formal der fünfteiligen Tora zuordnet. Im späteren rabbinischen Midrasch Tehillim (spätestens aus dem 11. Jahrhundert) heißt es dazu: „Mose gab den Israeliten die fünf Bücher der Tora, und David gab den Israeliten die fünf Bücher der Psalmen.“
Die Architektur des Psalmenbuches[7]
Teile Kapitel Inhalt
Rahmen – Proömium 1–2 Tora + Messias/Zion/Gottesherrschaft
1. Buch 3–41 Davidpsalmen (3–14; 15–24; 25–34; 35–41)
Abschluss 41,14 Doxologie: „Gepriesen sei JHWH der Gott Israels von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen, ja Amen.“
2. Buch 42–72 Korachpsalmen (42–49); Asafpsalm (50); Davidpsalmen (51–72)
Abschluss 72,18 f. Doxologie: „Gepriesen sei JHWH der Gott Israels, der Wunder tut allein, und gepriesen sei der Name seiner Herrlichkeit in Ewigkeit, und es erfülle seine Herrlichkeit die ganze Erde. Amen, ja Amen.“
3. Buch 73–89 Asafpsalmen (73–83); Korachpsalmen (84–85, 87–89); Davidpsalm (86)
Abschluss 89,53 Doxologie: „Gepriesen sei JHWH in Ewigkeit. Amen, ja Amen.“
4. Buch 90–106 Mosekomposition (90–92); JHWH-Königtum (93–100); Davidkomposition (101–106)
Abschluss 106,48 Doxologie: „Gepriesen sei JHWH der Gott Israels von Ewigkeit zu Ewigkeit. Und es soll sprechen das ganze Volk: Amen. Halleluja!“
5. Buch 107–145 Lobpsalm (Toda) (107 und 145; Königtum JHWHs); Davidpsalmen (108 f. und 138–145); Alphabet. Torapsalmen (111 f., 119); Pessach-Hallel (113–118); Wallfahrtspsalmen (120–137)
Abschluss 145,21 „Das Lob JHWHs soll reden mein Mund und preisen soll alles Fleisch seinen heiligen Namen in Ewigkeit und auf immer.“
Rahmen – Schluss-Hallel 146–150 Zehnfaches Halleluja
Die vollständige Liste der Psalmen findet sich im Artikel Psalmenüberschriften.
Gruppierungen
Im Psalmenbuch lassen sich Gruppierungen und Verwandtschaften unter den Psalmen ausmachen, die Rückschlüsse auf ihre Entstehung, ihren Sitz im Leben und spirituellen Gehalt zulassen:
Davidpsalmen (vor allem Ps 3–41; Ps 51–70; Ps 138–145)
Asafpsalmen (Ps 50; Ps 73–83)
Korachpsalmen Ps 42; Ps 44–49; Ps 84–85; Ps 87–88
Wallfahrtslieder (die sogenannten Gradualpsalmen Ps 120–134)
Geschichtspsalmen
Schöpfungspsalmen
Ägyptisches Hallel oder Pessach-Hallel (Sederabend) (Ps 113–118)
Großes Hallel (Ps 136)
Kleines Hallel oder Schluss-Hallel (Ps 146–150)
Akrostichische Psalmen (Alefbeth-Psalmen, Didaktische Psalmen) (Ps 9/10; 25; 34; 37; 111; 112; 119; 145). Die ersten Buchstaben der Verse bilden das hebräische Alphabet, das dient dem leichteren Memorieren.
Bußpsalmen (Ps 6; 32; 38; 51; 102; 130; 143)
JHWH-Königs-Psalmen (Ps 93–99)
Elohistischer Psalter (Ps 42–83)
Psalmengattungen
→ Hauptartikel: Psalm
Während es im Tanach an verschiedenen Stellen Psalmen als Lieder, Hymnen und Klagen gibt (z.B. Lied des Mose Ex 15,1–8 EU, Lied der Hannah 1 Sam 2,1–10 EU und Psalm des Jona Jona 2,3–10 EU), so findet sich jedoch im Buch der Psalmen bei weitem der größte Bestand.
Inhaltlich befassen die Psalmen sich vor allem mit folgenden Themen:
Lob und Dank
Buße (sieben sogenannte Bußpsalmen Ps 6; 32; 38; 51; 102; 130; 143)
Trauer
Klage (Ps 25)
Morgen- und Abendlieder
Freude
Trost
Hoffnung, Zuversicht (Ps 18,30 SLT; Ps 39,8 SLT; Ps 138,8 SLT)
Vertrauen auf Gott (Ps 23; 25)
Wallfahrtslieder (Ps 120–134)
Lehrgedichte (Ps 1; 19; und die Akrostichischen Psalmen)
Bitten um Sieg über gottlose Gegner
Fluchpsalmen (Ps 94; Ps 109)[8]
Formale Gestaltung
Stilmittel
Die meisten Psalmen sind in der hebräischen Gedichtform geschrieben, die durch den Parallelismus membrorum (lateinisch: „Parallelität der Versglieder“) charakterisiert ist: Zwei (oder drei) aufeinanderfolgende Verse oder Vershälften zeigen einen besonderen inhaltlichen Bezug, indem sie Gleiches unterschiedlich ausdrücken (synonymer Parallelismus), sich ergänzen (synthetischer Parallelmus) oder einen Gegensatz bilden (antithetischer Parallelismus).
Beispiel für synonyme Parallelismen:
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen
bist fern meinem Schreien, den Worten meiner Klage?
Mein Gott, ich rufe bei Tag, doch du gibst keine Antwort
ich rufe bei Nacht und finde doch keine Ruhe.
Aber du bist heilig
du thronst über dem Lobpreis Israels. (Ps 22,1–3)
Beispiel für synthetische Parallelismen:
Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen:
Woher kommt mir Hilfe?
Meine Hilfe kommt vom Herrn
der Himmel und Erde gemacht hat. (Ps 121,1–2)
Beispiele für den antithetischen Parallelismus:
Denn der Herr kennt den Weg der Gerechten,
der Weg der Frevler aber führt in den Abgrund. (Ps 1,6)
Zwiespältige Menschen sind mir von Grund auf verhasst,
doch dein Gesetz ist mir lieb. (Ps 119,113)
Psalmenüberschriften
→ Hauptartikel: Psalmenüberschriften
Im Hebräischen sind die meisten Psalmen mit Überschriften versehen, die von kurzen Verfasserangaben über heute kaum mehr verständliche musikalische Angaben bis zu mehrere Sätze langen Situationsschilderungen reichen.
Fécamp-Bibel (13. Jh.),
Initiale B (Beatus): König David als Harfenspieler
Das nachexilische Judentum schrieb fast die Hälfte der Psalmen dem König David zu. Bei etwa 20 der 72 Psalmen Davids liefert die Überschrift zusätzliche Angaben zur Verbindung des Psalms mit Situationen aus seinem Leben . Zwar könnte eine Autorschaft Davids dadurch historisch plausibel erscheinen, dass im Tanach auch außerhalb des Psalters von David als „Leierspieler“ (1 Sam 16,17–23 EU) und „Dichter“ (2 Sam 17,17–23 EU) gesprochen wird. Bei der Zuschreibung seiner Autorschaft handelt es sich jedoch nicht um eine Aussage zur generellen Entstehungsgeschichte der (Davids-)Psalmen, sondern zu ihrer Bedeutung für das jüdische Volk, die durch die Figur des Königs David betont wird. In diesem Sinne spricht man auch von einer „Davidisierung“ der Psalmen. Dabei kann die hebräische Überschrift „ledawid“ einerseits verstanden werden als „von David“, womit ihre geistliche Dignität ausgedrückt wird, andererseits als „für David“, womit das Volk Israel seine Hoffnung auf messianische Vollendung im Beten der Psalmen ausdrückt.[9] Auch für die als Psalmendichter genannten Mose und Salomo unterstreicht deren Autorität die Bedeutung der Texte und reiht sie ein in die Tradition Israels.
Bei den Asaf- und Korachpsalmen handelt es sich um Texte, die aus diesen beiden Jerusalemer levitischen Sängergilden stammen und möglicherweise Teil des Tempelkultes waren.
Die griechische Übersetzung der Septuaginta fügt weitere Überschriften hinzu, die wohl aus einer anderen hebräischen Textquelle stammen. Somit haben in der Septuaginta und in den aus dieser abgeleiteten Übersetzungen alle Psalmen eine Überschrift, mit Ausnahme der beiden ersten. Bereits damals wurden die musikalischen Angaben des hebräischen Textes in großen Teilen nicht mehr verstanden; deren entsprechend kryptische griechische Übertragungen boten später Anlass zu vielfältiger symbolischer und mystischer Interpretation.
Die deutschen Übersetzungen fügen weitere Überschriften hinzu. Sie stehen nicht im hebräischen Urtext, sondern wurden erst von den Übersetzern zum besseren Auffinden und zur Orientierung hinzugefügt.
Nummerierung der Psalmen
Im Psalmenbuch folgt die Kapiteleinteilung den einzelnen Psalmen und ist daher ursprünglich. Darin unterscheidet sich das Buch von allen anderen Büchern der Bibel, wo die Einteilung in Kapitel erst im Mittelalter erfolgte. Die Einteilung in Verse kam mit dem Buchdruck im Gefolge von Robert Estienne auf, folgt aber größtenteils der natürlichen Verseinteilung der poetischen Texte.
Die Nummerierung der Psalmen unterscheidet sich geringfügig zwischen dem hebräischen Text in der masoretischen Textfassung einerseits und den Übersetzungen der griechischen Septuaginta und der darauf beruhenden lateinischen Vulgata andererseits. Evangelische Bibeln zählen wie der Urtext, den Martin Luther für seine Übersetzung verwendete. Ältere katholische Bibeln verwendeten die Zählung der Septuaginta bzw. Vulgata. Die in der katholischen Kirche jetzt verwendete lateinische Bibelausgabe, die 1979 herausgegebene Nova Vulgata, folgt der Nummerierung des masoretischen Texts. Daher muss man bei Verweisen auf Psalmen darauf achten, auf welche der beiden Nummerierungen sich ein Verweis bezieht. Oft werden die Psalmnummern in der Form Ps 51(50) angegeben. Die höhere Nummer bezieht sich dabei auf die vorlaufende hebräische Zählung.
Der griechische Text der Septuaginta kennt einen zusätzlichen Psalm 151, der jedoch in seinem Titel als „außerhalb der Nummerierung“ bezeichnet wird. Die hebräische Fassung dieses sog. apokryphen Psalms ist in einer Qumran-Handschrift belegt.
Unterschiede der Psalmenzählung in hebräischer und griechischer Bibel Masoretischer Text Septuaginta (LXX) Anmerkung
Ps 1–8 Ps 1–8 Zählung gleich
Ps 9–10 Ps 9 LXX zählt Pss. 9 u. 10 als einen Psalm
Ps 11–113 Ps 10–112 hebräische Zählung geht um 1 voraus
Ps 114–115 Ps 113 LXX zählt 114 u. 115 als einen Psalm
Ps 116 Ps 114–115 griech. als zwei Psalmen gezählt; Einschnitt nach 9 Versen
Ps 117–146 Ps 116–145 hebräische Zählung geht um 1 voraus
Ps 147 Ps 146–147 griech. als zwei Psalmen gezählt; Einschnitt nach 11 Versen
Ps 148–150 Ps 148–150 Zählung gleich
Ps 151 deuterokanonisch
Bedeutung und Wirkungsgeschichte
Das Buch der Psalmen ist das Gebetbuch der Juden und der frühen Christen. Außerhalb des Jerusalemer Tempels wurden die Psalmen gewöhnlich ohne Instrumentalbegleitung gesungen.
Die Psalmen in der jüdischen Tradition
Nach wie vor sind die Psalmen liturgisch im Gebrauch in der Synagoge.
Die Psalmen in der christlichen Tradition
Das Stundengebet der katholischen, orthodoxen und anglikanischen Kirche besteht vorwiegend aus Psalmen und den zugehörigen Antiphonen. Psalmen werden in der Heiligen Messe, bei der Spendung von Sakramenten und Sakramentalien, bei Prozessionen und Wallfahrten, beim Begräbnis gesungen. Auch die Bildsprache in christlichen Kirchen und Gemeinschaften geht häufig auf Motive aus den Psalmen zurück.
Vertonung von Psalm 1,1 als Psalmodie im IV. Ton mit Antiphon
Martin Luther nannte die Psalmen die „kleine Biblia“ und weist damit auf den umfassenden religiösen Reichtum des Psalters hin. Johannes Calvin schrieb in der Einleitung seiner Auslegung der Psalmen: „Mit gutem Grund nenne ich gewöhnlich das [Psalm]buch eine Aufgliederung [die Anatomie] aller Teile der Seele“.[10] Papst Benedikt XVI. bezeichnete die Psalmen als Geschenk Gottes an Israel und die Kirche und als „Schule des Gebets“, insofern das Wort Gottes zum Wort des Betenden werde.[11]
Psalmvertonungen und Nachdichtungen
→ Hauptartikel: Psalmvertonung
Viele Psalmen sind als Psalmodien, Kirchenlieder und liturgische Gesänge vertont. Dazu wurden ihre Texte häufig in eine Reim- und Strophenform überführt. Künstler befassen sich bis heute oft mit Psalmen in Nachdichtungen oder Vertonungen. Der Psalter hat auch einem Musikinstrument, dem Psalterium, den Namen gegeben.
Siehe auch
Psalmvertonung
Kathisma
Gregorianischer Choral
Liste biblischer Bücher
Buch der Sprichwörter
Zabur
Hallel
Quelle - literatur & Einzelnachweise
checker- Moderator
- Anzahl der Beiträge : 49603
Anmeldedatum : 03.04.11
Ort : Braunschweig
Seite 1 von 1
Befugnisse in diesem Forum
Sie können in diesem Forum nicht antworten
Gestern um 3:20 am von Heiliger Hotze
» Halflives
Gestern um 3:18 am von Heiliger Hotze
» Kupfergold
Gestern um 3:15 am von Heiliger Hotze
» Whitesnake
Gestern um 3:13 am von Heiliger Hotze
» ( ENGELSEIN ) ENGELHAI
Gestern um 3:11 am von Heiliger Hotze
» MALIGNANT TUMOUR
Gestern um 3:04 am von Heiliger Hotze
» - LEEAAV -
Gestern um 3:02 am von Heiliger Hotze
» (( ifa ))
Gestern um 3:00 am von Heiliger Hotze
» AOP Records
Gestern um 2:57 am von Heiliger Hotze