Die Oskische Sprache
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Die Oskische Sprache
Oskisch war die Sprache der Samniten; sie gehörte zum oskisch-umbrischen Zweig der italischen Sprachen, die wiederum ein Zweig des Indogermanischen sind.
Sprachgebiete im Italien des 6. Jahrhunderts v. Chr.
Ausdehnung des Sprachgebiets
Zur Zeit seiner größten Ausdehnung vor der römischen Eroberung erstreckte sich das Sprachgebiet des Oskischen im Wesentlichen über die Südhälfte Festland-Italiens, also die Regionen Samnium, Kampanien und Lukanien; dazu kam noch das von den Mamertinern, samnitischen Söldnern, eroberte Messina in Sizilien. Durch das Oskische überschichtete ältere italische Sprachen, die ursprünglich eher mit dem Umbrischen verwandt waren, wurden im mittelitalischen Gebiet der Marrukiner, Päligner und Vestiner gesprochen.
Textkorpus
Das Oskische ist gegenwärtig einzig durch rund 650 Inschriften bekannt. Unter diesen befinden sich jedoch nur vier bis fünf längere Texte; die meisten Überlieferungen bestehen aus wenigen Wörtern oder sogar nur Buchstaben.
Obwohl alle Teile des oskischen Sprachgebiets vertreten sind, stammt der größte Teil der Inschriften aus Samnium und Kampanien (dort vor allem aus Capua und Pompeji).
Oskische Schrift von einem Stein aus Pompeji
Alphabetarien
Grabinschriften
Weihinschriften
Bauinschriften
offizielle Staatsverträge
Gesetze
Festkalender
Besitzerinschriften auf Gefäßen
Stempel (auf Dachziegeln)
Fluchtäfelchen
Graffiti
Dadurch gehört Oskisch zur Kategorie der Trümmersprachen, da uns große Teile der Grammatik und des Wortschatzes unbekannt sind.
Zeitliche Einordnung
Die ältesten Inschriften, die noch in der Sprache der eigentlichen Osker verfasst sind, stammen aus dem 6. Jahrhundert v. Chr.; das Gros der oskischen Überlieferung datiert aus dem 3. bis 1. vorchristlichen Jahrhundert. Aus Pompeji sind Wandinschriften bekannt, die erst relativ knapp vor der Zerstörung der Stadt im Jahre 79 n. Chr. verfasst worden sein müssen.
Inschrift von Avella aus dem 3. oder 2. Jh. v. Chr. mit lateinischer und deutscher Übersetzung[1] Oskisch Latein Deutsch
ekkum[svaí píd herieset
trííbarak[avúm tereí púd
liímítú[m] pernúm [púís
herekleís fíísnú mefi[ú
íst, ehtrad feíhúss pú[s
herekleís fíísnam amfr
et, pert víam pússtíst
paí íp íst, pústin slagím
senateís suveís tangi
núd tríbarakavúm lí
kítud. íním íúk tríba
rakkiuf pam núvlanús
tríbarakattuset íúk trí
barakkiuf íním úíttiuf
abellanúm estud. avt
púst feíhúís pús físnam am
fret, eíseí tereí nep abel
lanús nep núvlanús pídum
tríbarakattíns. avt the
savrúm púd eseí tereí íst,
pún patensíns, múíníkad ta[n
ginúd patensíns, íním píd e[íseí
thesavreí púkkapíd ee[stit
a]íttíúm alttram alttr[ús
h]erríns. avt anter slagím
a]bellanam íním núvlanam
s]úllad víú uruvú íst . edú
e]ísaí víaí mefiaí teremen
n]iú staíet.
Item [si quid volent]
aedificare [in territorio quod
limitibus tenus [quibus]
Herculis fanum medium
est, extra muros, qui
Herculis fanum ambiunt,
trans viam positum est,
quae ibi est, pro finibus
senatus sui sententia,
aedificare liceto.
Et id aedificium quod Nolani
aedificaverint, et
usus Nolanorum esto.
Item si quid Abellani
aedificaverint, id aedificium et usus
Abellanorum esto. At
post muros qui fanum ambi-
unt, in eo territorio neque Avel-
lani neque Nolani quidquam
aedificaverint. At the-
saurum qui in eo territorio est,
cum aperirent, communi senten-
tia aperirent, et quidquid in eo
thesauro quandoque extat,
caperent. At inter fines
Abellanos et Nolanos
ubique via felxa est –,
in ea via media termina
stant.
Ebenso können sie auf dem Gelände
gegebenenfalls Bauwerke errichten,
und zwar auf der abgemarkten
tempelzugehörigen Fläche,
aber außerhalb der Umgebungsmauern
des Herakles-Tempels selbst,
beiderseits der dort befindlichen Straße,
vor den jeweiligen Grenzlinien
[zwischen Tempelbezirk und den beiden Gemeinden]
mit Genehmigung des jeweils zuständigen Senats.
Ein Gebäude, das die Nolaner bauen,
dürfen die Nolaner auch [allein] nutzen,
und ebenso dürfen die Abellaner ein
von ihnen errichtetes Gebäude ausschließlich nutzen.
Aber innerhalb der Umfassungsmauern
des Heiligtums dürfen weder die Abellaner
noch die Nolaner irgendetwas bauen.
Das Schatzhaus, das innerhalb
dieses [engeren] Tempelbereichs liegt,
dürfen beide Seiten nur nach
einem gemeinsamen Beschluß öffnen.
Alles, was irgendwann einmal in diesem
Schatzhaus gelagert sein wird,
gehört beiden Seiten zu gleichen Teilen.
Ferner dient zwischen
dem Gebiet der Nolaner einerseits
und dem der Abellaner andererseits
die Straße überall als gemeinsame Grenze.
Die Grenzsteine stehen in ihrer Mitte.
Lautsystem
Vokale
Das Oskische unterschied sechs einfache Vokale, davon zwei gerundete (/u/, /ɔ/) und vier ungerundete (/i/, /e/, /ɛ/, /a/), von denen außer /ɔ/ und /ɛ/ alle auch gelängt vorkommen. Die offeneren Vokale können sich mit nachfolgendem /i̯/ oder /u̯/ zu den insgesamt fünf Diphthongen /ɛi̯/, /ai̯/, /au̯/, /ɔi̯/ und /ɔu̯/ verbinden.
Die Langvokale werden öfters durch Doppelschreibung ausgedrückt, zum Beispiel: NIIR[2] /nēr/ = gr. ἀνήρ anḗr ‚Mann‘, TR꜔STAAMENTVD[2] /trestāmɛntɔd/ ≈ lat. testāmentō. Aus der Verteilung dieser Schreibungen wird darauf geschlossen, dass ererbte Vokallänge außer vor Nasal nur in der jeweils ersten Silbe eines Wortes erhalten geblieben ist, und dass zur Zeit der Kürzung der übrigen Langvokale, die auf den Zeitraum zwischen 450 und 350 v. Chr. angesetzt wird, der Wortakzent auf diesen ersten Silben gelegen haben muss. Neben die ererbten Längen treten später neue, durch Ersatzdehnung entstandene Langvokale (z. B. SAAHTV̇M[2] /sāhtɔm/ = lat. sānctum ‚heilig, geweiht‘).
Konsonanten
Das Oskische besaß je drei stimmlose und drei stimmhafte Verschlusslaute: die bilabialen /p/ und /b/, die dentalen /t/ und /d/, die velaren /k/ und /g/. Dazu kamen die Reibelaute /f/, /s/ (mit stimmhaftem Allophon zwischen Vokalen) und /h/, die Nasales /m/ und /n/, die Liquidae /r/ und /l/ sowie die Halbvokale /i̯/ und /u̯/.
Historische Lautwandel
Vokalschwund und -schwächung
Der Verlust ererbter Kurzvokale findet in zwei Phasen statt: Schon vor dem 6. Jh. v. Chr. schwinden zunächst allgemein in Endsilben vor auslautendem s (HV̇RZ[2] /hɔrts/ < *gʰortos > lat. hortus ‚Garten‘; LV̇VKIS[2] /lɔu̯kis/ ‚Lucius‘); im 4. oder späten 5. vorchristlichen Jahrhundert schwinden sie in offenen sowie in auf /s/ schließenden Binnensilben (FACTVD[2] /faktud/ < *face-tōd > lat. facitō ‚mach!‘; MINSTREIS[2] /minstrɛes/ < *minus-tero- ‚kleiner‘).[3]
Nur vereinzelt und ausschließlich neben labialen Konsonanten finden sich Beispiele eines der fürs Lateinische typischen Binnensilbenschwächung gleichenden Lautwandels, dessen Ergebnis immer ein mit dem Buchstaben V bezeichneter Laut ist: PRVPVKID[2] < *prō-pak- ‚vorbestimmt‘, PRAEFVCVS[2] < *prai̯-fak-, ‚vorgesetzt‘, PERTUMUM[2] <*pert-emom.
Quelle
Sprachgebiete im Italien des 6. Jahrhunderts v. Chr.
Ausdehnung des Sprachgebiets
Zur Zeit seiner größten Ausdehnung vor der römischen Eroberung erstreckte sich das Sprachgebiet des Oskischen im Wesentlichen über die Südhälfte Festland-Italiens, also die Regionen Samnium, Kampanien und Lukanien; dazu kam noch das von den Mamertinern, samnitischen Söldnern, eroberte Messina in Sizilien. Durch das Oskische überschichtete ältere italische Sprachen, die ursprünglich eher mit dem Umbrischen verwandt waren, wurden im mittelitalischen Gebiet der Marrukiner, Päligner und Vestiner gesprochen.
Textkorpus
Das Oskische ist gegenwärtig einzig durch rund 650 Inschriften bekannt. Unter diesen befinden sich jedoch nur vier bis fünf längere Texte; die meisten Überlieferungen bestehen aus wenigen Wörtern oder sogar nur Buchstaben.
Obwohl alle Teile des oskischen Sprachgebiets vertreten sind, stammt der größte Teil der Inschriften aus Samnium und Kampanien (dort vor allem aus Capua und Pompeji).
Oskische Schrift von einem Stein aus Pompeji
Alphabetarien
Grabinschriften
Weihinschriften
Bauinschriften
offizielle Staatsverträge
Gesetze
Festkalender
Besitzerinschriften auf Gefäßen
Stempel (auf Dachziegeln)
Fluchtäfelchen
Graffiti
Dadurch gehört Oskisch zur Kategorie der Trümmersprachen, da uns große Teile der Grammatik und des Wortschatzes unbekannt sind.
Zeitliche Einordnung
Die ältesten Inschriften, die noch in der Sprache der eigentlichen Osker verfasst sind, stammen aus dem 6. Jahrhundert v. Chr.; das Gros der oskischen Überlieferung datiert aus dem 3. bis 1. vorchristlichen Jahrhundert. Aus Pompeji sind Wandinschriften bekannt, die erst relativ knapp vor der Zerstörung der Stadt im Jahre 79 n. Chr. verfasst worden sein müssen.
Inschrift von Avella aus dem 3. oder 2. Jh. v. Chr. mit lateinischer und deutscher Übersetzung[1] Oskisch Latein Deutsch
ekkum[svaí píd herieset
trííbarak[avúm tereí púd
liímítú[m] pernúm [púís
herekleís fíísnú mefi[ú
íst, ehtrad feíhúss pú[s
herekleís fíísnam amfr
et, pert víam pússtíst
paí íp íst, pústin slagím
senateís suveís tangi
núd tríbarakavúm lí
kítud. íním íúk tríba
rakkiuf pam núvlanús
tríbarakattuset íúk trí
barakkiuf íním úíttiuf
abellanúm estud. avt
púst feíhúís pús físnam am
fret, eíseí tereí nep abel
lanús nep núvlanús pídum
tríbarakattíns. avt the
savrúm púd eseí tereí íst,
pún patensíns, múíníkad ta[n
ginúd patensíns, íním píd e[íseí
thesavreí púkkapíd ee[stit
a]íttíúm alttram alttr[ús
h]erríns. avt anter slagím
a]bellanam íním núvlanam
s]úllad víú uruvú íst . edú
e]ísaí víaí mefiaí teremen
n]iú staíet.
Item [si quid volent]
aedificare [in territorio quod
limitibus tenus [quibus]
Herculis fanum medium
est, extra muros, qui
Herculis fanum ambiunt,
trans viam positum est,
quae ibi est, pro finibus
senatus sui sententia,
aedificare liceto.
Et id aedificium quod Nolani
aedificaverint, et
usus Nolanorum esto.
Item si quid Abellani
aedificaverint, id aedificium et usus
Abellanorum esto. At
post muros qui fanum ambi-
unt, in eo territorio neque Avel-
lani neque Nolani quidquam
aedificaverint. At the-
saurum qui in eo territorio est,
cum aperirent, communi senten-
tia aperirent, et quidquid in eo
thesauro quandoque extat,
caperent. At inter fines
Abellanos et Nolanos
ubique via felxa est –,
in ea via media termina
stant.
Ebenso können sie auf dem Gelände
gegebenenfalls Bauwerke errichten,
und zwar auf der abgemarkten
tempelzugehörigen Fläche,
aber außerhalb der Umgebungsmauern
des Herakles-Tempels selbst,
beiderseits der dort befindlichen Straße,
vor den jeweiligen Grenzlinien
[zwischen Tempelbezirk und den beiden Gemeinden]
mit Genehmigung des jeweils zuständigen Senats.
Ein Gebäude, das die Nolaner bauen,
dürfen die Nolaner auch [allein] nutzen,
und ebenso dürfen die Abellaner ein
von ihnen errichtetes Gebäude ausschließlich nutzen.
Aber innerhalb der Umfassungsmauern
des Heiligtums dürfen weder die Abellaner
noch die Nolaner irgendetwas bauen.
Das Schatzhaus, das innerhalb
dieses [engeren] Tempelbereichs liegt,
dürfen beide Seiten nur nach
einem gemeinsamen Beschluß öffnen.
Alles, was irgendwann einmal in diesem
Schatzhaus gelagert sein wird,
gehört beiden Seiten zu gleichen Teilen.
Ferner dient zwischen
dem Gebiet der Nolaner einerseits
und dem der Abellaner andererseits
die Straße überall als gemeinsame Grenze.
Die Grenzsteine stehen in ihrer Mitte.
Lautsystem
Vokale
Das Oskische unterschied sechs einfache Vokale, davon zwei gerundete (/u/, /ɔ/) und vier ungerundete (/i/, /e/, /ɛ/, /a/), von denen außer /ɔ/ und /ɛ/ alle auch gelängt vorkommen. Die offeneren Vokale können sich mit nachfolgendem /i̯/ oder /u̯/ zu den insgesamt fünf Diphthongen /ɛi̯/, /ai̯/, /au̯/, /ɔi̯/ und /ɔu̯/ verbinden.
Die Langvokale werden öfters durch Doppelschreibung ausgedrückt, zum Beispiel: NIIR[2] /nēr/ = gr. ἀνήρ anḗr ‚Mann‘, TR꜔STAAMENTVD[2] /trestāmɛntɔd/ ≈ lat. testāmentō. Aus der Verteilung dieser Schreibungen wird darauf geschlossen, dass ererbte Vokallänge außer vor Nasal nur in der jeweils ersten Silbe eines Wortes erhalten geblieben ist, und dass zur Zeit der Kürzung der übrigen Langvokale, die auf den Zeitraum zwischen 450 und 350 v. Chr. angesetzt wird, der Wortakzent auf diesen ersten Silben gelegen haben muss. Neben die ererbten Längen treten später neue, durch Ersatzdehnung entstandene Langvokale (z. B. SAAHTV̇M[2] /sāhtɔm/ = lat. sānctum ‚heilig, geweiht‘).
Konsonanten
Das Oskische besaß je drei stimmlose und drei stimmhafte Verschlusslaute: die bilabialen /p/ und /b/, die dentalen /t/ und /d/, die velaren /k/ und /g/. Dazu kamen die Reibelaute /f/, /s/ (mit stimmhaftem Allophon zwischen Vokalen) und /h/, die Nasales /m/ und /n/, die Liquidae /r/ und /l/ sowie die Halbvokale /i̯/ und /u̯/.
Historische Lautwandel
Vokalschwund und -schwächung
Der Verlust ererbter Kurzvokale findet in zwei Phasen statt: Schon vor dem 6. Jh. v. Chr. schwinden zunächst allgemein in Endsilben vor auslautendem s (HV̇RZ[2] /hɔrts/ < *gʰortos > lat. hortus ‚Garten‘; LV̇VKIS[2] /lɔu̯kis/ ‚Lucius‘); im 4. oder späten 5. vorchristlichen Jahrhundert schwinden sie in offenen sowie in auf /s/ schließenden Binnensilben (FACTVD[2] /faktud/ < *face-tōd > lat. facitō ‚mach!‘; MINSTREIS[2] /minstrɛes/ < *minus-tero- ‚kleiner‘).[3]
Nur vereinzelt und ausschließlich neben labialen Konsonanten finden sich Beispiele eines der fürs Lateinische typischen Binnensilbenschwächung gleichenden Lautwandels, dessen Ergebnis immer ein mit dem Buchstaben V bezeichneter Laut ist: PRVPVKID[2] < *prō-pak- ‚vorbestimmt‘, PRAEFVCVS[2] < *prai̯-fak-, ‚vorgesetzt‘, PERTUMUM[2] <*pert-emom.
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