Mehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands
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Mehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands
Mehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands (MSPD) auch Mehrheits-SPD war die Bezeichnung für die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) zwischen Mitte 1917 und 1922.
Der veränderte Name wurde benutzt, um eine Abgrenzung von der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei (USPD) zu dokumentieren. Die Kriegsgegner in der SPD hatten sich während des Ersten Weltkrieges am 8. April 1917 nach ihrem Gründungsparteitag in Gotha von der Mutterpartei (SPD) abgespalten und eine eigene Partei, die USPD, gegründet.
Erst nachdem die marxistische Spartakusgruppe, ab November 1918 der Spartakusbund, der wiederum den revolutionären Flügel der USPD bildete, zusammen mit anderen kommunistischen Gruppierungen im Januar 1919 während der Novemberrevolution in der neu gegründeten Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) aufgegangen war, und die USPD zwischen KPD und MSPD bis spätestens 1922 nahezu zerrieben wurde, legte die inzwischen deutlich gemäßigte und reformorientierte SPD das alternative Kürzel MSPD wieder ab und kehrte zur offiziellen Bezeichnung SPD zurück.
Hintergrund und historische Entwicklung
Grund für die Spaltung der SPD beziehungsweise der deutschen Sozialdemokratie in zwei getrennte Parteien war die zunehmende Auseinandersetzung um die Burgfriedenspolitik der Mehrheit der SPD-Reichstagsfraktion unter Führung des seit 1913 zusammen mit dem späteren USPD-Mitglied Hugo Haase amtierenden Vorsitzenden Friedrich Ebert, der die Kriegspolitik des Deutschen Kaiserreichs seit dem 4. August 1914 unterstützte.
Die Abkürzung MSPD steht für den inhaltlichen Wandel der SPD von einer internationalistisch ausgerichteten sozialistisch-revolutionären Klassenkampfpartei im Sinne des Marxismus in eine staatstragende, stärker an vermeintlich nationalen Interessen orientierte Reformpartei.
Der rätekommunistische Theoretiker Willi Huhn, der 1952 eine kritische Analyse zur Geschichte der deutschen Sozialdemokratie, insbesondere zu ihrer Haltung gegenüber nationalistischen und militaristischen Traditionen im Zuge des ersten Weltkriegs und dessen unmittelbaren Folgejahren veröffentlichte, beschrieb die MSPD aufgrund von Dokumenten und Belegen seit der Revisionismusdebatte als „die erste nationalsozialistische Partei“ der Weltgeschichte. Er fand in den Ideen der Kriegssozialisten die „Deutsche Arbeitsfront” des „Dritten Reichs“ vorgezeichnet.[1]
Die entsprechende Entwicklung hatte schon gegen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts mit der von Eduard Bernstein ausgelösten Revisionismusdebatte begonnen, in der die Anhänger Bernsteins den Weg zum Sozialismus nicht über eine Revolution, sondern durch Reformen und durch in allgemeinen Wahlen legitimierte demokratische Mehrheiten anstrebten. Dieser reformistische – im damaligen parteiinternen Sprachgebrauch revisionistische – Flügel der Partei, ideologisch zunächst noch in der Minderheit, setzte sich nach und nach in der SPD durch. Dabei war allerdings die praktische Politik der SPD schon länger, spätestens seit der Aufhebung der Sozialistengesetze 1890 im Parlamentarismus angekommen. Nach dem Tod des Parteivorsitzenden August Bebel, der als Integrationsfigur beider Flügel galt, war 1913 mit Friedrich Ebert ein deutlich gemäßigter Mann an die Spitze der Partei gewählt worden, der den reformistischen Kurs durchzusetzen begann.
Mit der Auslösung des Ersten Weltkrieges, dem Auseinanderbrechen der Zweiten Internationale und dem Beginn der Burgfriedenspolitik, die die Klasseninteressen der Partei der Staatsräson und der Kriegspolitik des Kaisers unterordnete, spitzte sich der Wandlungsprozess in der SPD zu und beschleunigte sich bis hin zur Spaltung der Partei.
Ende 1914 war Karl Liebknecht zunächst der einzige Reichstagsabgeordnete der SPD, der gegen die Kriegskredite stimmte. Mit zunehmender Dauer des Krieges, seinen festgefahrenen Fronten, Zehntausenden von gefallenen Soldaten und wachsender Not in der deutschen Bevölkerung wuchsen auch die Zweifel am Sinn und der Rechtfertigung des Krieges, nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch in den Reihen der Sozialdemokraten.
Von Anfang an gegen den Krieg agitiert hatte die linksrevolutionäre Gruppe Internationale, die 1916 in Spartakusgruppe, 1918 in Spartakusbund umbenannt wurde, um Rosa Luxemburg, Clara Zetkin, Karl Liebknecht und andere. 1915/1916 nahmen die Gegenstimmen gegen die Kriegskredite aus den Reihen der SPD-Reichstagsfraktion zu. Zu den Kriegsgegnern gehörten nun nicht mehr nur Angehörige des marxistischen Flügels, sondern auch gemäßigte Linke und Reformisten wie Hugo Haase oder Eduard Bernstein. Diese innerparteiliche Opposition wuchs bis 1917 auf 45 Abgeordnete an. Im März 1917 machte die Mehrheit der SPD-Fraktion um Friedrich Ebert und Philipp Scheidemann einen Strich unter den Konflikt und schloss die Kriegsgegner aus, so wie schon 1916 Karl Liebknecht aus der Partei ausgeschlossen worden und seit Mitte 1916 inhaftiert war.
Darauf gründeten die ausgeschlossenen Sozialdemokraten auf dem konstituierenden Parteitag vom 6. April bis 8. April 1917 in Gotha die USPD, der sich die Spartakusgruppe als linker Flügel anschloss. Die noch gegebene Mehrheit der SPD-„Burgfriedensfraktion“ im Reichstag wurde zur MSPD.
Zur USPD wanderten nicht nur die linken „Antirevisionisten“ um Rosa Luxemburg ab, sondern auch Karl Kautsky, der langjährige Herausgeber der Zeitschrift „Die Neue Zeit“, sowie führende Theoretiker des Reformflügels wie der Vater des Revisionismus, Eduard Bernstein. In der verbliebenen „Mehrheits-SPD“ beeinflussten statt Kautsky und Bernstein ab 1915 die ehemaligen linken Antirevisionisten der Lensch-Cunow-Haenisch-Gruppe, die dem deutsch-russischen Publizisten Alexander Parvus nahestanden, die theoretischen Debatten. Ihr Ziel war es, den erhofften deutschen Sieg im Ersten Weltkrieg zur Durchsetzung der sozialistischen Gesellschaftsordnung in Europa und zur Befreiung der osteuropäischen Völker vom „Joch des Zarismus“ zu nutzen.
Heinrich Cunow, Völkerkundler und Dozent an der Parteischule der SPD, löste 1917 Kautsky als Herausgeber der Neuen Zeit ab. Er sollte später Mitautor des Görlitzer und Heidelberger Programms der SPD werden. Konrad Haenisch war nach 1918 zunächst preußischer Kultusminister, dann Regierungspräsident in Wiesbaden und schließlich einer der Begründer des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold, eines von der SPD dominierten überparteilichen Bündnisses parlamentarisch-demokratischer Parteien zum Schutz der Weimarer Republik gegen ihre Feinde an den politischen Rändern. Als vielen Sozialdemokraten ab 1917 bewusst wurde, dass der Krieg in eine Niederlage führt, schwand der Einfluss der Gruppe.
Zum Ende des Ersten Weltkrieges, als die militärische Führung des Kaiserreichs die deutsche Niederlage schon eingeräumt hatte, kam es 1918 im Anschluss an die Meuterei der Matrosen in Wilhelmshaven und Kiel zur Novemberrevolution, in deren Folge der Kaiser abdankte und nach Holland floh. Die MSPD unter Friedrich Ebert, dem im Zuge der revolutionären Ereignisse die Regierung von Prinz Maximilian von Baden übergeben worden war, gab mehr dem Druck der Ereignisse nach, als dass sie auf eine Regierungsübernahme vorbereitet gewesen wäre. Überlegungen Eberts, auf eine Abschaffung der Monarchie zunächst zu verzichten, um einen Bürgerkrieg zu verhindern, erwiesen sich als illusorisch.
Der Spartakusbund und Teile der USPD verfochten die Bildung einer Räterepublik, wie sie ein Jahr zuvor bei der Oktoberrevolution in Russland durchgesetzt worden war. Doch von den die Revolution tragenden aktiven revolutionären Soldaten- und Arbeiterräten hatte nur eine Minderheit das Vorbild des erfolgreichen Umsturzes der russischen Bolschewiki im Auge. Sie strebten mehrheitlich vor allem ein Ende des Krieges und der Militärherrschaft an. Mit diesem Ziel stellten sie sich zuerst hinter die SPD-Führung, der sie vertrauten, und forderten die Wiedervereinigung der Mehrheits-SPD mit der unabhängigen SPD. Die SPD-Führung bot daraufhin der USPD die Bildung eines Rates der Volksbeauftragten als neuer Regierung an. Diese paritätisch mit MSPD- und USPD-Mitgliedern besetzte Revolutionsregierung unter der Führung von Ebert und Haase verstand sich als Provisorium für die revolutionäre Umbruchphase und legte sich auf eine aus baldigen allgemeinen Wahlen hervorgehende Nationalversammlung als verfassungsgebendes Organ fest.
Schon Ende 1918 scheiterte die Koalition zwischen MSPD und USPD am Streit um den Einsatz von Militär gegen revoltierende Matrosen. Die nun allein die Regierung stellende MSPD empfand das eigenmächtige Vorgehen einzelner Räte als Verrat an den demokratischen Prinzipien der Arbeiterbewegung. Versuche, eine demokratische Volkswehr aufzubauen oder mehrheitssozialdemokratischen Freiwilligenverbänden eine Chance zu geben, scheiterten. Als während des Spartakusaufstandes im Januar 1919 die Volksbeauftragtenregierung angegriffen wurde, fiel die Entscheidung, dem Militär der alten Offiziere und den neuen Freikorpsführern zu vertrauen.
Mit der blutigen Niederschlagung des Spartakusaufstandes und der Münchner Räterepublik durch von Gustav Noske um den Jahreswechsel 1918/19 rekrutierte rechtsnationalistische Freikorps bis Mitte 1919 setzten sich die Mehrheitssozialdemokraten durch. Dabei erhielt der spätere erste Reichswehrminister der Weimarer Republik Gustav Noske den Beinamen „Bluthund“, den er sich im Grunde selber gab, als er bei der Anforderung, die Revolution niederzuschlagen, sagte: „Einer muss den Bluthund abgeben“. Unter seiner politischen Verantwortung standen zahlreiche Morde, die von den Freikorps an vielen bekannten und unbekannten auch vermeintlichen Revolutionären begangen wurden, darunter der Mord an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht am 15. Januar 1919, ausgeführt von Freikorpssoldaten unter Führung von Waldemar Pabst.[2]
Die Rolle Eberts, Noskes und Scheidemanns während der Monate der Novemberrevolution und ihrer Niederschlagung führte bis in die Gegenwart zum historischen Vorwurf verschiedener parlamentarisch und vor allem außerparlamentarisch aktiver linker Gruppen und Parteien an die SPD, die Revolution und damit zu einem großen Teil gerade ihre eigenen Anhänger verraten zu haben. Aus dem Spartakusbund und weiteren linksrevolutionären Gruppierungen wurde bis zum 1. Januar 1919 die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) gegründet. Damit war es zur endgültigen Trennung zwischen dem revolutionären und reformistischen Flügel der Sozialdemokratie gekommen.
Siehe auch
Zur Politik der MSPD bis zur Gründung der Weimarer Republik zwischen 1917 und 1919 siehe unter den entsprechenden Unterartikeln bei den Hauptartikeln:
Friedrich Ebert
Novemberrevolution
Unterabschnitt zur Geschichte der deutschen Sozialdemokratie
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
Der veränderte Name wurde benutzt, um eine Abgrenzung von der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei (USPD) zu dokumentieren. Die Kriegsgegner in der SPD hatten sich während des Ersten Weltkrieges am 8. April 1917 nach ihrem Gründungsparteitag in Gotha von der Mutterpartei (SPD) abgespalten und eine eigene Partei, die USPD, gegründet.
Erst nachdem die marxistische Spartakusgruppe, ab November 1918 der Spartakusbund, der wiederum den revolutionären Flügel der USPD bildete, zusammen mit anderen kommunistischen Gruppierungen im Januar 1919 während der Novemberrevolution in der neu gegründeten Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) aufgegangen war, und die USPD zwischen KPD und MSPD bis spätestens 1922 nahezu zerrieben wurde, legte die inzwischen deutlich gemäßigte und reformorientierte SPD das alternative Kürzel MSPD wieder ab und kehrte zur offiziellen Bezeichnung SPD zurück.
Hintergrund und historische Entwicklung
Grund für die Spaltung der SPD beziehungsweise der deutschen Sozialdemokratie in zwei getrennte Parteien war die zunehmende Auseinandersetzung um die Burgfriedenspolitik der Mehrheit der SPD-Reichstagsfraktion unter Führung des seit 1913 zusammen mit dem späteren USPD-Mitglied Hugo Haase amtierenden Vorsitzenden Friedrich Ebert, der die Kriegspolitik des Deutschen Kaiserreichs seit dem 4. August 1914 unterstützte.
Die Abkürzung MSPD steht für den inhaltlichen Wandel der SPD von einer internationalistisch ausgerichteten sozialistisch-revolutionären Klassenkampfpartei im Sinne des Marxismus in eine staatstragende, stärker an vermeintlich nationalen Interessen orientierte Reformpartei.
Der rätekommunistische Theoretiker Willi Huhn, der 1952 eine kritische Analyse zur Geschichte der deutschen Sozialdemokratie, insbesondere zu ihrer Haltung gegenüber nationalistischen und militaristischen Traditionen im Zuge des ersten Weltkriegs und dessen unmittelbaren Folgejahren veröffentlichte, beschrieb die MSPD aufgrund von Dokumenten und Belegen seit der Revisionismusdebatte als „die erste nationalsozialistische Partei“ der Weltgeschichte. Er fand in den Ideen der Kriegssozialisten die „Deutsche Arbeitsfront” des „Dritten Reichs“ vorgezeichnet.[1]
Die entsprechende Entwicklung hatte schon gegen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts mit der von Eduard Bernstein ausgelösten Revisionismusdebatte begonnen, in der die Anhänger Bernsteins den Weg zum Sozialismus nicht über eine Revolution, sondern durch Reformen und durch in allgemeinen Wahlen legitimierte demokratische Mehrheiten anstrebten. Dieser reformistische – im damaligen parteiinternen Sprachgebrauch revisionistische – Flügel der Partei, ideologisch zunächst noch in der Minderheit, setzte sich nach und nach in der SPD durch. Dabei war allerdings die praktische Politik der SPD schon länger, spätestens seit der Aufhebung der Sozialistengesetze 1890 im Parlamentarismus angekommen. Nach dem Tod des Parteivorsitzenden August Bebel, der als Integrationsfigur beider Flügel galt, war 1913 mit Friedrich Ebert ein deutlich gemäßigter Mann an die Spitze der Partei gewählt worden, der den reformistischen Kurs durchzusetzen begann.
Mit der Auslösung des Ersten Weltkrieges, dem Auseinanderbrechen der Zweiten Internationale und dem Beginn der Burgfriedenspolitik, die die Klasseninteressen der Partei der Staatsräson und der Kriegspolitik des Kaisers unterordnete, spitzte sich der Wandlungsprozess in der SPD zu und beschleunigte sich bis hin zur Spaltung der Partei.
Ende 1914 war Karl Liebknecht zunächst der einzige Reichstagsabgeordnete der SPD, der gegen die Kriegskredite stimmte. Mit zunehmender Dauer des Krieges, seinen festgefahrenen Fronten, Zehntausenden von gefallenen Soldaten und wachsender Not in der deutschen Bevölkerung wuchsen auch die Zweifel am Sinn und der Rechtfertigung des Krieges, nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch in den Reihen der Sozialdemokraten.
Von Anfang an gegen den Krieg agitiert hatte die linksrevolutionäre Gruppe Internationale, die 1916 in Spartakusgruppe, 1918 in Spartakusbund umbenannt wurde, um Rosa Luxemburg, Clara Zetkin, Karl Liebknecht und andere. 1915/1916 nahmen die Gegenstimmen gegen die Kriegskredite aus den Reihen der SPD-Reichstagsfraktion zu. Zu den Kriegsgegnern gehörten nun nicht mehr nur Angehörige des marxistischen Flügels, sondern auch gemäßigte Linke und Reformisten wie Hugo Haase oder Eduard Bernstein. Diese innerparteiliche Opposition wuchs bis 1917 auf 45 Abgeordnete an. Im März 1917 machte die Mehrheit der SPD-Fraktion um Friedrich Ebert und Philipp Scheidemann einen Strich unter den Konflikt und schloss die Kriegsgegner aus, so wie schon 1916 Karl Liebknecht aus der Partei ausgeschlossen worden und seit Mitte 1916 inhaftiert war.
Darauf gründeten die ausgeschlossenen Sozialdemokraten auf dem konstituierenden Parteitag vom 6. April bis 8. April 1917 in Gotha die USPD, der sich die Spartakusgruppe als linker Flügel anschloss. Die noch gegebene Mehrheit der SPD-„Burgfriedensfraktion“ im Reichstag wurde zur MSPD.
Zur USPD wanderten nicht nur die linken „Antirevisionisten“ um Rosa Luxemburg ab, sondern auch Karl Kautsky, der langjährige Herausgeber der Zeitschrift „Die Neue Zeit“, sowie führende Theoretiker des Reformflügels wie der Vater des Revisionismus, Eduard Bernstein. In der verbliebenen „Mehrheits-SPD“ beeinflussten statt Kautsky und Bernstein ab 1915 die ehemaligen linken Antirevisionisten der Lensch-Cunow-Haenisch-Gruppe, die dem deutsch-russischen Publizisten Alexander Parvus nahestanden, die theoretischen Debatten. Ihr Ziel war es, den erhofften deutschen Sieg im Ersten Weltkrieg zur Durchsetzung der sozialistischen Gesellschaftsordnung in Europa und zur Befreiung der osteuropäischen Völker vom „Joch des Zarismus“ zu nutzen.
Heinrich Cunow, Völkerkundler und Dozent an der Parteischule der SPD, löste 1917 Kautsky als Herausgeber der Neuen Zeit ab. Er sollte später Mitautor des Görlitzer und Heidelberger Programms der SPD werden. Konrad Haenisch war nach 1918 zunächst preußischer Kultusminister, dann Regierungspräsident in Wiesbaden und schließlich einer der Begründer des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold, eines von der SPD dominierten überparteilichen Bündnisses parlamentarisch-demokratischer Parteien zum Schutz der Weimarer Republik gegen ihre Feinde an den politischen Rändern. Als vielen Sozialdemokraten ab 1917 bewusst wurde, dass der Krieg in eine Niederlage führt, schwand der Einfluss der Gruppe.
Zum Ende des Ersten Weltkrieges, als die militärische Führung des Kaiserreichs die deutsche Niederlage schon eingeräumt hatte, kam es 1918 im Anschluss an die Meuterei der Matrosen in Wilhelmshaven und Kiel zur Novemberrevolution, in deren Folge der Kaiser abdankte und nach Holland floh. Die MSPD unter Friedrich Ebert, dem im Zuge der revolutionären Ereignisse die Regierung von Prinz Maximilian von Baden übergeben worden war, gab mehr dem Druck der Ereignisse nach, als dass sie auf eine Regierungsübernahme vorbereitet gewesen wäre. Überlegungen Eberts, auf eine Abschaffung der Monarchie zunächst zu verzichten, um einen Bürgerkrieg zu verhindern, erwiesen sich als illusorisch.
Der Spartakusbund und Teile der USPD verfochten die Bildung einer Räterepublik, wie sie ein Jahr zuvor bei der Oktoberrevolution in Russland durchgesetzt worden war. Doch von den die Revolution tragenden aktiven revolutionären Soldaten- und Arbeiterräten hatte nur eine Minderheit das Vorbild des erfolgreichen Umsturzes der russischen Bolschewiki im Auge. Sie strebten mehrheitlich vor allem ein Ende des Krieges und der Militärherrschaft an. Mit diesem Ziel stellten sie sich zuerst hinter die SPD-Führung, der sie vertrauten, und forderten die Wiedervereinigung der Mehrheits-SPD mit der unabhängigen SPD. Die SPD-Führung bot daraufhin der USPD die Bildung eines Rates der Volksbeauftragten als neuer Regierung an. Diese paritätisch mit MSPD- und USPD-Mitgliedern besetzte Revolutionsregierung unter der Führung von Ebert und Haase verstand sich als Provisorium für die revolutionäre Umbruchphase und legte sich auf eine aus baldigen allgemeinen Wahlen hervorgehende Nationalversammlung als verfassungsgebendes Organ fest.
Schon Ende 1918 scheiterte die Koalition zwischen MSPD und USPD am Streit um den Einsatz von Militär gegen revoltierende Matrosen. Die nun allein die Regierung stellende MSPD empfand das eigenmächtige Vorgehen einzelner Räte als Verrat an den demokratischen Prinzipien der Arbeiterbewegung. Versuche, eine demokratische Volkswehr aufzubauen oder mehrheitssozialdemokratischen Freiwilligenverbänden eine Chance zu geben, scheiterten. Als während des Spartakusaufstandes im Januar 1919 die Volksbeauftragtenregierung angegriffen wurde, fiel die Entscheidung, dem Militär der alten Offiziere und den neuen Freikorpsführern zu vertrauen.
Mit der blutigen Niederschlagung des Spartakusaufstandes und der Münchner Räterepublik durch von Gustav Noske um den Jahreswechsel 1918/19 rekrutierte rechtsnationalistische Freikorps bis Mitte 1919 setzten sich die Mehrheitssozialdemokraten durch. Dabei erhielt der spätere erste Reichswehrminister der Weimarer Republik Gustav Noske den Beinamen „Bluthund“, den er sich im Grunde selber gab, als er bei der Anforderung, die Revolution niederzuschlagen, sagte: „Einer muss den Bluthund abgeben“. Unter seiner politischen Verantwortung standen zahlreiche Morde, die von den Freikorps an vielen bekannten und unbekannten auch vermeintlichen Revolutionären begangen wurden, darunter der Mord an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht am 15. Januar 1919, ausgeführt von Freikorpssoldaten unter Führung von Waldemar Pabst.[2]
Die Rolle Eberts, Noskes und Scheidemanns während der Monate der Novemberrevolution und ihrer Niederschlagung führte bis in die Gegenwart zum historischen Vorwurf verschiedener parlamentarisch und vor allem außerparlamentarisch aktiver linker Gruppen und Parteien an die SPD, die Revolution und damit zu einem großen Teil gerade ihre eigenen Anhänger verraten zu haben. Aus dem Spartakusbund und weiteren linksrevolutionären Gruppierungen wurde bis zum 1. Januar 1919 die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) gegründet. Damit war es zur endgültigen Trennung zwischen dem revolutionären und reformistischen Flügel der Sozialdemokratie gekommen.
Siehe auch
Zur Politik der MSPD bis zur Gründung der Weimarer Republik zwischen 1917 und 1919 siehe unter den entsprechenden Unterartikeln bei den Hauptartikeln:
Friedrich Ebert
Novemberrevolution
Unterabschnitt zur Geschichte der deutschen Sozialdemokratie
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